Paranoia
Problem hat. Aber das stimmt schon, er ist es nicht.
Was. Soll. Ich. Bloß. Tun? Ich habe panische Angst davor, dass es mir bald wieder den Schalter umlegt. Es kommt mir vor, als schöben sich die Wände zusammen und als senkte sichdie Decke herab. Ich versuche zu denken. Nachdenken. Ich kann mich einfach nicht von der Ahnung lösen, dass ich etwas übersehe. P, Bodyguard 1 und Bodyguard 2 stehen da wie Teilnehmer eines Exekutionskommandos. Ich setze mich mit einem Ruck zurecht und sage: »Okay, klären Sie mich auf! Was wollen Sie von mir? Weshalb ist Ihnen so daran gelegen, mich ordentlich aussehen zu lassen? Es kann Ihnen doch egal sein, ob das Filmmaterial mich diskreditiert? Wieso erzählen Sie mir diesen ganzen Zinnober überhaupt?«
»Ganz ruhig, Dr. Peng, nur kei- …«
»Woher rührt Ihr so dringliches Interesse, meinen vermeintlichen Amoklauf gegen mich selbst zu vertuschen?«
»Vermeintlich ist gut, haha, vermeintlich ist sehr gut.« Er lacht impertinent überheblich, beugt sich vor und macht Anstalten, mir auf den Arm zu klopfen. Ich drehe mich frühzeitig zur Seite, er lässt es bleiben. Ich fühle mich trotzdem so klein mit Hut.
»Herr Peng, wir versuchen jeglichen Aufruhr zu vermeiden. Damit wäre niemandem gedient. Sehen Sie, ich setze Sie lediglich in Kenntnis, was Sache ist, was auf Sie zukommen wird, und dass wir Ihnen entgegenkommen. Das müssen Sie doch schließlich wissen, wenn wir gleich vor die Presse treten. Wir helfen Ihnen. (Pause.) Wir helfen Ihnen, Ihr Gesicht zu wahren.«
Mir helfen? Sonst nichts? Ausgeschlossen. Jeder will etwas. Entgegenkommen hat nichts mit Herzensgüte zu tun, sondern mit Opportunismus. Dem oberflächlichen Eindruck nach ist das hier gerade nämlich gar kein Deal, kein: Eine Hand wäscht die andere, keine Klüngelei oder Allianzenschmieden. Da blicke ich nicht durch. Was ist faul? Ich rattere verschiedene Möglichkeiten durch. Ich komme nicht drauf.
Er wirft einen Blick auf die runde Bahnhofsuhr neben dem Metallschrank. Sie zeigt die Zeit falsch an.
»Also, für uns stellt sich die Sache so dar: Was Sie da getan haben, ist strafbar. Ist Ihnen sicher bewusst. Die Männer, die zu Ihrer Rettung eilten, werden in diesem Augenblick gesondert verhört und angewiesen, in unsere Version der Geschichte einzustimmen. Nämlich über Ihren Suizidversuch Stillschweigen zu wahren. Herr Peng, wir könnten Sie sofort in Gewahrsam nehmen. Aus tausend Gründen. Sollten Sie nicht mitspielen, kann ich nichts mehr für Sie tun.«
»Das ist alles? Sie wollen lediglich zusätzliche Aufmerksamkeit vermeiden?« Das bezweifle ich. »Es kann Ihnen doch vollkommen egal sein, was aus mir wird, ob irgendwas von dem, was Sie da behaupten, auffliegt!«
»Nun, was aus Ihnen wird, liegt allerdings tatsächlich in meinem Ermessen. Wir wollen keinen Aufruhr, das sagte ich Ihnen doch bereits! Wir haben mit dem Terroranschlag an sich schon genug zu tun, da brauchen wir nicht noch einen Nebenkriegsschauplatz namens Conrad Peng. Kurzum. Und ›eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit‹ machte sich nicht besonders gut in Ihrem Portfolio. Noch dazu zum jetzigen Zeitpunkt, da Sie mit Ihrem Arbeitgeber vor Gericht stehen werden. Mann, tun Sie sich selbst einen Gefallen und stellen keine weiteren Fragen … Seien Sie doch froh«, sagt er – Preobrashenski der Versöhnliche – und fährt mit der Hand über den Deckel des Ordners, der entweder meine Akten enthält oder rein weißes Papier, das nur als Requisite dient.
»Mal angenommen, wir enthüllen Ihre Geschichte, was hätten wir davon, außer aufwendigen Erklärungen …?« Er hört auf, weil ich ihm gar nicht mehr zuhöre und nur darauf warte, dass er zum Ende kommt. Alles Schwachsinn. Ich verdrehe die Augen. Es reicht. Zwar erhalte ich keine Antworten auf meine Fragen, aber vielleicht haben meine Fragen auch längst keine Bedeutung mehr. Gut möglich.
»Herr Dr. Peng, auf Ihren Konten und Festgeldanlagen befindensich in Summe momentan 1,4 Millionen Euro, ist das richtig?«
So in etwa. Er schiebt mir einen Zettel vor die Nase. »Wir gehen jetzt in mein Büro, von dort aus werden Sie eine Onlineüberweisung dieses Betrags an diese Kontodaten veranlassen. Einverstanden?« Seine Finger gleiten über das Papier, während er mir auf der Suche nach einer Gefühlsregung in die Augen sieht.
Patsch. Da hätten wir ihn.
Den springenden Punkt.
Besinne dich. Denk nach. Was bleibt mir anderes übrig? Nichts anderes bleibt mir übrig. Ich muss es
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