Paranormal - Fuenf Romane mit Patricia Vanhelsing
Gewand glatt, das er trug.
Er hob die Augenbrauen.
Der Blick seiner nachtschwarzen Augen fixierte Tom auf geradezu unangenehme Weise.
"Ich? Ich habe nichts damit zu tun..."
"Nein, das glaube ich nicht! Sie haben ihr dieses Buch gegeben und danach..."
Tom fühlte nach Puls und Atem der reglos Daliegenden.
"Machen Sie sich keine Sorgen um Ihre Begleiterin!", erklärte Lord Darnby in aller Seelenruhe.
"Keine Sorgen?", fauchte Tom. "Sie ist tot!"
Eine überwältigende Mischung aus Trauer und Wut stieg in ihm auf. Wie konnte das nur geschehen sein! Jenes Herz, dass er am meisten auf der Welt liebte, schlug nicht mehr! Er fasste sie bei den Schultern, schüttelte sie. "Patti..."
"Ich sagte Ihnen doch, dass kein Grund zur Sorge besteht, Mr. Hamilton. Ihre Begleiterin ist nicht tot, sondern befindet sich lediglich in einem Zustand, der von den äußeren Symptomen her dem Tod sehr ähnlich ist. Eine Art Katalepsie..."
Tom erhob sich.
Lord Darnby blickte ihm direkt in die Augen. Tom konnte den Blick dieser stechenden Augen nur mit Mühe erwidern.
"Sorgen Sie dafür, dass dieser Zustand beendet wird!", rief Tom. "Und zwar schnell!"
"So etwas ist nichts Ungewöhnliches, wenn jemand zum ersten Mal mit dem LIBRUM HEXAVIRATUM in Kontakt kommt... Sich zum ersten Mal in den unendlich langen Reihen dieser äonenalten Schriftzeichen verliert, die auf unergründbare Weise einen direkten Zugang zum menschlichen Bewusstsein finden..." Das Knistern des Feuers übertönte Lord Darnbys leise Stimme an mancher Stelle. Ein Ausdruck der Überlegenheit spiegelte sich jetzt in seinem Gesicht wider. Der dünnlippige Mund verzog sich zu einem Lächeln, das einerseits Überheblichkeit und andererseits nachsichtige Milde signalisierte. "Miss Vanhelsing wird keinerlei Schaden davontragen, dafür verbürge ich mich."
"Ach, wie tröstlich!", erwiderte Tom schroff.
"Miss Vanhelsing ist eine besondere Frau... Aber ich meine das nicht in dem Sinn, in dem Sie es vielleicht verstehen..."
"So?"
"Sie hat eine Gabe, Mr. Hamilton. Eine Gabe, wie sie nur wenige Menschen besitzen. Unfertig und unausgebildet zwar, aber mit einem Rohdiamant vergleichbar..."
Tom blickte auf das Buch.
Das LIBRUM HEXAVIRATUM.
Er beugte sich nieder, um es an sich zu nehmen.
"Nein!"
Lord Darnbys sonst so leise und beinahe sanft klingende Stimme schrillte auf einmal durch den Raum.
Er hob eine seiner behandschuhten Hände.
Eine unsichtbare Kraft erfasste Tom. Eine Kraft, die ihn völlig unvorbereitet traf und der er nichts Vergleichbares entgegenzusetzen hatte. Sie schleuderte ihn einige Meter weit durch den Raum. Er krachte gegen einen hölzernen Teewagen, der mit allerlei Schnitzereien verziert war. Das kostbare chinesische Teegeschirr, das darauf stand schepperte zu Boden. Tom rollte sich auf dem Boden herum und kam wieder auf die Beine. Die Schulter schmerzte.
Die Pendelbewegungen der von der Decke ragenden Schädel wurden heftiger.
Einer von ihnen begann auf eigenartige Weise zu zittern.
Und dieses Zittern übertrug sich innerhalb weniger Sekunden auf die anderen Schädel, um die sich nun eine fluoreszierende Aura zu bilden begann.
Tom sah kurz zu seiner geliebten Patti hinüber, die noch immer reglos im Sessel lag.
Wie eine Tote...
Lord Darnby machte einige Schritte auf ihn zu, so dass er nun zwischen Tom und der reglos Daliegenden stand.
Seine Züge waren hart wie Stein geworden.
"Was haben Sie vor?", keuchte Tom, während es in seinem Hirn fieberhaft arbeitete. Sein Gegenüber verfügte über unvorstellbare Kräfte. Aber es musste doch irgend etwas geben, womit man sich dagegen wehren konnte!
"Warum warten Sie es nicht einfach ab?", fragte Lord Darnby.
Seine Stimme klang jetzt zynisch und schneidend.
Er näherte sich Tom.
Dieser sah aus den Augenwinkeln heraus das Kaminbesteck.
Zu weit weg!, dachte er. Lord Darnbys Höllenkräfte hätten Tom innerhalb eines Sekundenbruchteils durch den ganzen Raum zu schleudern vermocht, ehe dieser auch nur die Chance gehabt hätte, sich auf ihn zu stürzen.
Zeit gewinnen.
Darauf kam es jetzt an.
Tom schluckte.
Er hielt dem stechenden Blick seines Gegenübers stand, registrierte jede Regung, die im faltigen, toten Gesicht des bleichen Lords vor sich ging.
"Haben Sie das Paul Trenton auch gesagt - dass er abwarten soll?", rief Tom Lord Darnby entgegen. "Und Willard, der seit gestern verschwunden ist?"
Lord Darnby blieb völlig ungerührt.
Er nestelte an einem seiner Lederhandschuhe herum und zog ihn
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