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Parasit

Parasit

Titel: Parasit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Blick und völlig aufgelöst vorzufinden. Aber wenn es so gewesen war, als er den Brief schrieb, dann hatte er jetzt Zeit gehabt, sich wieder zu erholen. Der Mann, der ihr die Tür öffnete, schien selbstsicher und bester Laune. Vielleicht war letzteres aber auch ein wenig erzwungen.
    »La belle dame sans merci«, begrüßte er sie. »Oder eher avec merci.«
    »Das klingt schon besser«, sagte Alison.
    »Komm doch rein.« Er versuchte nicht, sie zu küssen oder zu umarmen. Er machte ihr mit einem Lächeln den Weg frei. »Du siehst toll aus.«
    »Du selbst siehst auch nicht schlecht aus.«
    »Du bist in der Sonne gewesen.«
    »Ich war eine Weile auf der Liegewiese.«
    Evan nahm ein Glas von dem Tisch vor dem Sofa. Es war leer bis auf ein paar Eiswürfel, die zu Nuggets zusammengeschrumpft waren. »Was kann ich dir anbieten? Wie wäre es mit einem Margarita? Wir essen mexikanisch.«
    »Fein.« Alison holte tief Luft und atmete die Aromen ein, die durch das Appartement waberten.
    »Es dauert nur eine Minute. Mach es dir bequem.«
    Er ging an den Bücherregalen entlang, die die Wand säumten, um den Tisch in der kleinen Essecke herum und verschwand in der Küche. Die Schreibmaschine, Bücher und Papiere, die sonst den Tisch bedeckten, waren abgeräumt. Statt dessen war für zwei Personen gedeckt. In der Mitte der Tafel stand eine einzelne rote Kerze mit einem Docht, der noch nie entzündet worden war.
    Alison hörte das Jaulen des Mixers. Sie ging zu einem Sessel hinüber und ließ sich nieder. Der Abstand zwischen dem Sessel und dem Sofa in diesem kleinen Zimmer erschien riesig.
    Das ist nicht die Art, von vorn zu beginnen, dachte sie. Evan hat nicht die Beulenpest.
    Also setzte sie sich hinüber auf das Sofa. Auf der Sitzfläche des Klappstuhls vor ihr stand ein surrender Ventilator. Die sanfte Brise war angenehm auf ihrem feuchten Gesicht. Sie lehnte sich vor. Der oberste Knopf ihrer Bluse presste sich gegen ihren Hals. Sie öffnete ihn. Sie bog den Rücken durch und zupf te den klebenden Stoff von ihrer Haut.
    Draußen war es nicht so warm, dachte sie.
    Es waren die Nerven. Zuerst die Begegnung mit Roland, dann das liier.
    Es kann nur noch. besser werden.
    Was macht dich da so sicher?
    Es ist schon besser, dachte sie. Die Sache mit Roland ist erledigt, Evan scheint in Ordnung zu sein, und der Ventilator ist klasse.
    Alison sah sich in dem Raum um. Sie war schon so oft hier gewesen. Nichts sah anders aus, aber alles schien anders. Es war wie eine Filmkulisse, die man dazu hergerichtet hatte, so auszusehen wie Evans Wohnung, und sie war eine Schauspielerin, die Alison spielte - eine Rolle, mit der sie nicht so recht klar kam.
    Ich brauche ein paar Regieanweisungen, dachte sie. Das wäre eine große Hilfe.
    Evan kam herein mit einem Margarita in der einen Hand und einer Schüssel mit Tortilla Chips in der anderen. Nachdem er sie vor Alison auf den Tisch gestellt hatte, ging er wieder in die Küche. Er kam mit einer Schüssel Salsa und einem weiteren Margarita zurück. Er stellte beides ab und setzte sich dann auf das Sofa neben sie.
    Neben sie, aber einen guten halben Meter entfernt. Ein gutes Zeichen, dachte Alison. Er versucht nicht, so zu tun, als sei alles so wie zuvor.
    Sie hoben ihre Gläser. »Auf neue Anfänge«, sagte Evan. Sie stießen miteinander an und tranken.
    Alison fragte ihn, was seine Doktorarbeit mache. Er sprach mit Begeisterung über die Fortschritte, seine Ideen, wie man aus seiner Arbeit über die Flug-Metaphorik in Finnegan's Wake ein Buch machen konnte, mit dem er sich als Joyce-Experte einen Namen machen würde und das ihm in ein paar Jahren auch zu einer Professur verhelfen mochte. Während er redete, dippte Alison die Chips in die Salsasauce, aß sie und trank. Dann und wann machte sie eine Bemerkung oder stellte eine Frage.
    Als Evan schließlich schwieg, fragte sie, ob er schon von einer der Universitäten gehört habe, bei denen er sich als Dozent beworben hatte. Er sah sie mit einem seltsamen Blick an: »Seit Donnerstag?«
    »Es scheint länger her zu sein«, meinte sie.
    »Mir scheint es Wochen her zu sein. Es ist gut, dass du wieder da bist.«
    Nicht so ganz, dachte sie. Noch nicht. Ich bin zwar hier, aber ich bin noch nicht wieder mit dir zusammen.
    Evan nahm die leeren Gläser mit in die Küche. Während er verschwunden war, tauchte Alison einen weiteren Chip in die Sauce, hielt ihre Hand darunter, falls er tropfte, und aß ihn.
    Ich sollte besser aufhören, diese Dinger in mich

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