Parasit
siebenundzwanzig, aber er konnte sich daran erinnern, dass sie gesagt hatte, nach ihrem 21. Geburtstag sei es mit ihr immer nur bergab gegangen. Anscheinend glaubte sie das wirklich. Sie hatte jedes Jahr um ihren Geburtstag herum schreckliche Depressionen bekommen. Er kam zu dem Schluss, dass das der Grund sein musste.
Sie präsentierte sich so vor ihrem Ex-Mann, um zu zeigen, dass sie noch etwas zu präsentieren hat.
Und der lässt sie dann abblitzen. Scheiße. Zumindest war es beruhigend zu wissen, dass ihr schräges Verhalten nur die übliche Geburtstags-Depression war.
Wenn es das war.
»Hallo, Papa!«
Er stand auf und fühlte sich plötzlich wieder gut, als Kimmy strahlend auf ihn zu stürzte. Wie immer, wenn er sie einige Tage nicht gesehen hatte, war er fassungslos, wie wunderschön sie war. Ein bezauberndes vier Jahre altes Mädchen mit riesigen blauen Augen und einem strahlenden Lächeln. Sie konnte nirgendwo hingehen, ohne dass ihr die Blicke der Leute folgten.
Harold stand in der Tür und trug die Tasche mit ihren Übernachtungsutensilien. Kimmy hielt Clew, ihre kleine Spielzeugkatze, fest in einer Hand. Sie breitete die Arme aus und Jake hob sie hoch und küsste sie. »Und wie geht es meinem Baby?«
»Ich bin kein Baby, ich bin ein kleines Mädchen.«
»Oh, ich bitte vielmals um Entschuldigung.«
Sie lehnte sich grinsend zurück und stieß mit dem Finger auf einen von Jakes Knöpfen. »Du hast dich bekleckert, Papa!«
»Habe ich das?« Er sah an sich hinunter.
Kimmy schoss mit ihrem Finger hoch und piekste ihn in die Nase.
»Au! Du hast mich erwischt!«
Lachend nuckelte sie an ihrem Zeigefinger. In ihren Augen spielte der Schalk. Ein Ohrwurm stand bevor.
»Nein, das tust du nicht«, sagte Jake und schob sie weg, bevor sie ihm den nassen Finger ins Ohr stecken konnte. Sie kicherte und versuchte sich festzuhalten, aber er befreite sich und setzte sie ab.
Nicht vor Harold, dachte er.
Und dann fragte er sich mit einem Stich von Eifersucht, ob sie Harold jemals Ohrwürmer verpasste.
»Dann lass uns mal abdampfen«, sagte er und reichte ihr seine Hand. Kimmy nahm seinen Zeigefinger in einen festen Griff und ging voran.
»Macht euch eine schöne Zeit«, sagte Harold, als sie auf ihn zukamen. Er reichte Jake die Tasche. Sein Lächeln wirkte gezwungen. »Du bringst sie morgen zurück?«
Jake nickte.
Sie gingen. Es war gut, aus dem Haus herauszukommen. Er lächelte auf Kimmy hinunter.
Ihr Lächeln war ihr abhanden gekommen. »Darf ich morgen nicht bei dir bleiben?« »Diesmal nicht. Morgen hat Mammy Geburtstag.« »Das weiß ich.« Sie warf ihm einen verstimmten Blick zu. Sie mochte es überhaupt nicht, wenn man ihr etwas sagte, was sie schon wusste. Das war demütigend.
»Nun, du willst doch bei ihrer Party dabeisein, oder?«
»Naja.«
»Das wird bestimmt lustig.«
Er öffnete Kimmy die Beifahrertür, und hob sie in den Kindersitz. Als er sie anschnallte, stopfte sie Clew oben in ihren Parka, so dass der winzige graue Kopf herausguckte wie ein Kängurubaby aus dem Beutel seiner Mutter.
Sie steckte sich ihren Zeigefinger in den Mund.
»Oh nein, das wirst du nicht tun.«
»Doch, das tue ich!«
Jake griff mach ihrem Handgelenk, aber er ließ sich überwältigen. Die feuchte Fingerspitze bohrte sich in sein Ohr und drehte sich. »Argh! Du hast mich erwischt!« Bevor sie ihn erneut attackieren konnte, duckte er sich aus dem Auto heraus.
Er lief um den Wagen herum und kletterte hinter das Lenkrad. Kimmy wollte ihm noch einen Ohrwurm verpassen. Sie streckte sich, aber es reichte nicht.
»Durch den Kindersitz gerettet«, meinte er.
»Komm her.«
»Keine Chance. Glaubst du, ich bin blöd?«
»Hmmm«, sagte sie nickend.
»Witzbold.« Er setzte auf die Straße zurück. »Und was möchtest du heute unternehmen?«
»Ins Kino.« »Okay, Kino also. Irgendwas Bestimmtes, was du sehen möchtest?«
Sie machte ein erwartungsvolles Gesicht, indem sie die Augen weit aufriss und ihre Augenbrauen hob. »Peter Pan.«
»Wir haben Peter Pan doch schon letzte Woche gesehen.«
»Ich will Peter Pan aber noch einmal sehen.«
»Naja, warum nicht. Vielleicht frisst das Krokodil ja diesmal Kapitän Hook ...«
Fressen. Ronald Smeltzer. Eigentlich hatte er den ganzen Tag nicht mehr daran denken wollen.
»Können wir bei McDonalds essen?«
»Nein.«
»Papa!« Sie drohte ihm mit der Faust, grinste aber über den winzigen Knöcheln.
»Na ja, wenn es denn sein muss.«
»Papa, kann ich mit dir
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