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Parasit

Parasit

Titel: Parasit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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einen wohlbekannten flachen Felsen. Während ihrer Jahre in Clinton, vor allem in dem ersten, als es ihr so schlecht ging, hatte sie viel Zeit auf genau diesem Felsen verbracht. Sie hatte sich auf ihn gestellt, hatte darauf gesessen, manchmal auch mit den bloßen Füßen im Wasser. Für sie war es der Felsen der Einsamkeit. Hier kam sie immer hin, wenn sie Kummer hatte.
    Sie hatte ihn zwischenzeitlich vergessen. Sie war zwar in den letzten Monaten ein paar Mal hier gewesen, hatte ihren
    Felsen der Einsamkeit vielleicht sogar gesehen und auch darauf gestanden, ohne sich daran zu erinnern, dass er etwas Besonderes war.
    Jetzt erinnerte sie sich daran. Sie kletterte hinauf und setzte sich, zog die Knie an und presste sie an den Körper.
    Das ist schön hier, dachte sie. Kein Wunder, dass ich immer wieder hierher gekommen bin.
    Sie hörte ein Auto auf der Brücke, ein Geräusch, das fast im Strömen des Wassers unterging. Sie schaute zur Brücke hinüber, aber die lag hinter einer Krümmung des Baches und war von Bäumen verdeckt. Sie blickte in die andere Richtung und sah nur Wasser, das um eine felsige Kurve geschossen kam. Die Böschung auf beiden Seiten war dicht mit Büschen und Bäumen bewachsen. Sie sah niemanden, fragte sich aber, ob da an lauschigen Plätzchen zwischen den Bäumen oder Felsen Pärchen sein mochten, die sich liebten.
    Genau hinter dieser Biegung hatten sie und Evan ...
    Es war ein abgeschotteter, sonnenbeschienener Ort mit hüfthohen Felsen auf beiden Seiten und dem Bach an einem Ende. Die vierte Seite bildete ein dichtes Gebüsch und schirmte sie vor den Blicken derjenigen ab, die vom Abhang herübersehen mochten. Man hätte sie vom anderen Ufer des Gewässers aus sehen können, aber da war nie jemand. Sie saßen auf der Decke, die Evan immer im Kofferraum seines Wagens hatte. Sie aßen Cheddar auf Cräckern und tranken Weißwein aus Alisons Weinschlauch, quetschten den Schlauch, um sich den Wein in die Kehle zu spritzen und lachten, wenn sie den Mund verfehlten. Als ihre Bluse durchnässt war, zog sie sie aus und legte sich zurück auf die Decke. Evan, der zwischen ihren Beinen kniete, spritzte den kühlen Wein auf ihren Hals und ihre Brüste. Die Flüssigkeit tröpfelte an der Haut herunter und kitzelte. Das Gelächter war verstummt. Er zielte auf ihre Brustwarzen. Der schmale Strom traf zuerst die eine, dann die andere. Dann leckte er sie ab. Er ließ eine kleine Lache sich in ihrem Bauchnabel sammeln, und als er die ausschleckte, öffnete er ihre Jeans.
    Das war Sonntagnachmittag gewesen. Morgen war es eine Woche her.
    Wie konnten die Dinge nur so schnell aus dem Ruder geraten?
    Mach es nicht besser, als es war, ermahnte sie sich. Es war toll gewesen - erst lustig und aufregend, dann unbeschreiblich. Aber es war nicht ganz so, wie es sein sollte. Geplant war nur ein Picknick am Bach. Du wolltest es gar nicht mit ihm machen, und ganz bestimmt nicht da, wo jeder vorbeikommen und Zeuge werden konnte. Aber als er dann deine Bluse mit Wein Übergossen hatte, da wusstest du, was er wollte, und du hast mitgemacht. Evan zu Gefallen, nicht deinetwegen. Weil du ihn nicht enttäuschen wolltest. Und. das ist nicht der beste aller möglichen Gründe.
    Verflixt, dachte sie, damals hat es dich aber nicht sehr gekümmert.
    Aber kurz darauf schon.
    Wenn man etwas bedauert, dann tut man es sofort, bevor man noch seine Kleidung wieder angezogen hat. Wenn es nichts zu bedauern gibt, dann weiß man auch das sofort. Es hatte Zeiten gegeben, an denen Alison sich hinterher gut fühlte. Aber nicht in der letzten Zeit. Nicht mit Evan. Vielleicht nicht mehr seit Jimmy in dem Sommer, als sie die High School beendet hatte.
    Jimmy. Dass sie ihn so vermisste, war der Hauptgrund, warum sie den Felsen der Einsamkeit während ihres ersten Uni-Jahrs so oft aufgesucht hatte. Vor allem nach diesem Brief, der folgendermaßen begann: »Ich werde die Erinnerungen an das, was wir gemeinsam erlebt haben, nie verdrängen, aber ...« Aber sie war mehr als 1000 km weit weg und er hatte sich in Cynthia Younger aus seinem Erdkundeseminar verliebt.
    Wenn sie auf dem Felsen der Einsamkeit saß mit den warmen Strahlen der Sonne auf ihrem Kopf und ihrem Nacken, fühlte sie den Verlust Jimmys nicht mehr. Sie hatte den Schmerz und die Bitterkeit vor langer Zeit begraben. Statt dessen hatte sie ihre Erinnerungen an Jimmy analysiert und die Richtung, die ihr Leben seitdem genommen hatte.
    Die Jungens, mit denen sie ausgegangen war. Die Jungens,

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