Parasiten
sonderlich darauf, wer alles durch das Foyer
spaziert. Sind ja nicht nur Hotelgäste, Restaurant und Bar haben vor allem
gegen Wochenende viel Laufkundschaft, was die Rezeption nicht interessiert.«
»Bislang alles sehr mager«, fand Christian. Er wandte sich an Karen:
»Hast du was für uns?«
»Wie wär’s mit Conium maculatum ? Gemeinhin
auch gefleckter Schierling genannt.«
Christians Handy klingelte. Er verließ den Konferenzraum und nahm
ab. Es war Kai Thamm aus Rendsburg. Er teilte Christian verärgert mit, dass
Bender heute aus der Untersuchungshaft in der JVA Kiel entlassen wurde. Seine
Behauptung, eine polnische Putzfrau angestellt zu haben, wurde durch den
falschen Ausweis gestützt. Er hatte die angebliche Joanna Pieckowna sogar
ordnungsgemäß sozialversichert. Da der Haftbefehl lediglich wegen Fluchtgefahr
ausgestellt worden war, Bender aber einen festen Wohnsitz besaß und ansonsten
ein unbescholtener Bürger war, hatte der Richter dem Antrag von Benders Anwalt
auf Haftverschonung stattgegeben.
»Kann man nicht ändern«, sagte Christian, obwohl er sich wie so oft
über die deutsche Rechtslage ärgerte. »Würdest du vielleicht darauf achten,
dass Vadim Zaharia und Danylo Savchenko das nicht gleich mitbekommen?«
»Geht klar.« Thamm lachte. »Die beiden sind fromm wie Lämmer. Sitzen
bei der Suworow am Bett und freuen sich ein Loch in den Bauch.«
»Ich fürchte, wenn Vadim hört, dass Bender auf freiem Fuß ist, hat der bald ein Loch im Bauch.«
»Immerhin war dieser moldawische Cowboy so schlau und ist im
Krankenhaus nicht mit seiner Waffe aufgelaufen. Ich habe ihn gecheckt. Außerdem
sind wir ihn bald los. Alina Suworow verlässt das Krankenhaus morgen früh auf
eigene Verantwortung und fliegt nach Moldawien. Der Arzt meint, das wäre
unvernünftig, aber letztlich nicht gefährlich. Sie will unbedingt nach Hause,
zu ihren Eltern. Kann man ja verstehen. Dieser Vadim wird sie begleiten, damit
sie auch heil ankommt.«
»Was sagt der Staatsanwalt dazu? Will der Alina nicht hierbehalten?«
»Das wäre ihm schon lieber. Aber er ist ja kein Unmensch. Bis ein
Verfahren gegen Bender eröffnet wird … das kann dauern. So lange kann man die
Kleine nicht davon abhalten, nach Hause zu fahren. Nach allem, was sie
durchgemacht hat … Alina Suworow hat uns zugesichert, dass wir sie einfliegen
lassen können, sobald wir sie als Zeugin der Anklage brauchen. Ich glaube ihr.
Die kommt. Sie ist ganz wild drauf, den Kerl hinter Gittern zu sehen.«
»Und Savchenko bleibt hier?«
»Scheint so.«
»Dann richte ihm bitte aus, dass ich immer noch äußerst an einem
freundschaftlichen Gespräch mit ihm interessiert bin. Damit wir Sofia finden.«
»Wird gemacht. Du hast ziemlichen Stress in Hamburg, was? Zwei
Leichen auf dem Tisch, hab ich gehört.«
»Ja. Sieht kompliziert aus. Das wird keine schnelle Nummer. Aber sag
mal, eins noch: Wer ist Benders Anwalt?«
»Dieser Medien-Staranwalt Reile. Wieso?«
»Weiß ich auch nicht. Danke dir. Und mach’s gut.« Christian wusste
in der Tat nicht, wieso er das gefragt hatte. Irgendwo ganz weit entfernt hatte
etwas geklingelt, aber so leise, dass er es nicht bewusst gehört hatte. Jetzt
allerdings hörte er es laut und deutlich. Reile. Der hatte auch Puri vorzeitig
aus dem Gefängnis geholt.
Christian ging zurück in den Konferenzraum und unterrichtete sein
Team kurz über Benders Entlassung aus der U-Haft. Nur Volker schüttelte den
Kopf, die anderen zuckten über diese gewohnten, kleinen Ärgernisse im
Polizeialltag nicht mal mit der Wimper.
»Karen, entschuldige, dass ich dich mit meinem Telefonat unterbrochen
habe. Wo waren wir? Schierling sagtest du?«
»Genau. Sowohl Puri als auch Benedikt waren damit betäubt. Bei
Benedikt war es sogar die Todesursache. Aber der Reihe nach. Der Todeszeitpunkt
von Puri liegt zwischen neun und zehn Uhr am Abend des 29. Juli. Benedikt starb
später, vermutlich zwischen Mitternacht und ein Uhr. Beide hatten eine hohe
Dosis Coniin im Blut. Die Pflanze zu dem Wirkstoff ist der gefleckte
Schierling, auf Latein Conium maculatum .«
»Dieses Gift, mit dem Sokrates sich umgebracht hat? Der berühmte
Schierlingsbecher?«, fragte Christian.
Karen nickte. »Die Wirkung des Schierlings wird durch den Inhaltsstoff
Coniin bestimmt. Das Coniin kann durch die Haut oder die Schleimhäute
aufgenommen werden und besitzt eine ähnliche Wirkung wie Curare. Die Nerven
laufen kurz auf Hochtouren, dann werden sie gelähmt.«
»Wurde es bei den
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