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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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kann
deinen Boss anrufen. Dann kann er alles Weitere in die Wege leiten. Falls er
diese Sofia wirklich unbedingt zurück braucht. Soll der Kunde doch eine andere
nehmen.«
    Die Luft für Vadim wurde immer dünner, zumal Valerie nun wirklich
misstrauisch zu sein schien. Draußen überließ Boris seinen beiden Kollegen das
Verfrachten in das gegenüberliegende Haus. Er selbst ging auf das ›Victoria‹
zu. Wenn es zu einer Schießerei kam, würde er den Kürzeren ziehen. Valeries
Sicherheitsleute waren bis an die Zähne bewaffnet.
    »Ist schon okay. Ich sag ihm, wie’s gelaufen ist. Wahrscheinlich
wird er sich bei Ihnen melden. Danke jedenfalls.« Er beugte sich über Valeries
Hand, deutete einen Kuss an und ging hinaus.
    »Vadim«, rief sie ihm hinterher. »Wohin so schnell? Lass uns doch
mit Boris noch einen trinken!«
    Genau das wollte Vadim unbedingt vermeiden. Als er aus Valeries
Bürotür heraustrat, kam Boris gerade den Hautpteingang herein. Vadim wich in
den Gang zur Männertoilette aus. Er hörte noch, wie Valerie in den Schankraum
trat und Boris lautstark begrüßte: »Boris, wie schön! Vadim ist auch hier!«
    Vadim öffnete die Tür zum Toilettenraum und dankte Gott für das
große Fenster, durch das er sich auf den Hinterhof schwang. Im Eiltempo lief er
zu seinem Wagen. Er hatte kaum den Zündschlüssel herumgedreht, als Boris vor
dem ›Victoria‹ auftauchte, die Pistole im Anschlag. Valerie stand mit ratlosem
Gesicht neben ihm. Als Vadim mit Vollgas am Vordereingang der Bar vorüberfuhr,
schlug eine Kugel in sein Seitenfenster ein. Die Scheibe zersprang in tausend
Splitter, aber Vadim war nicht getroffen. Kurze Zeit später überquerte er den
Fluss und dann die Grenze zu Kroatien. Die Fuhre mit Sofia hatte nur ein paar
Stunden Vorsprung. Vielleicht konnte er sie einholen. Welche Route sie wohl
nahmen?
    Deutschland. Für Sofia war das gut. Da hatte sie Heimvorteil. Aber
es war nicht gut für ihn. Sicher, er besaß wie fast alle seiner Kollegen einen
rumänischen Pass, sodass ihm die innereuropäischen Grenzen keinerlei Probleme
bereiteten. Wenn er durchfuhr, konnte er morgen in Deutschland sein. Aber er
kannte sich dort nicht aus. Hatte keine Kontakte und sprach kein Wort Deutsch.
Sein Englisch war auch eher bescheiden. Wie sollte er Sofia finden?
    Danylo. Danylo Savchenko. Er würde ihm helfen. Er war wie ein Bruder
für Sofia. Vadim erinnerte sich an die Sommerferien, die sie als Kinder
zusammen verbracht hatten. Danylo hatte ihn zwar manchmal genervt, einfach nur,
weil er ein paar Jahre jünger war, blöde Spiele spielen wollte und an Sofia
klebte wie eine Klette. Trotzdem hatte er ihn gemocht. Danylo lebte in Hamburg,
wenn er sich recht erinnerte. Vielleicht fand er ihn im Telefonbuch. Oder Radu
und Ileana hatten seine Nummer. Zumindest hatten sie die Nummer von Danylos
Vater, diesem arroganten Maxym. Ja. So konnte es klappen. Er würde zuerst
Danylo auftreiben und mit seiner Hilfe dann Sofia. Hoffentlich kümmerte sich
Oleg um Alina. Es musste wieder alles gut werden. Es musste einfach.

 
    Berlin.
    »Sie sind also der Hamburger Polizist, der mich heute Nachmittag
am Telefon ›ignorante Kuh‹ genannt hat.« Die Oberschwester der Intensivstation
besah sich Christians Dienstausweis.
    »Tut mir leid, ich stand unter Schock. Maxym ist ein ganz alter
Freund von mir. Quasi ein Bruder.« Christians Chancen, einen Intensiv-Patienten
als Polizist aufzusuchen, standen schlecht, also verlegte er sich aufs Lügen.
    Die Oberschwester betrachtete Christian misstrauisch. »Da werde ich erst
mal seinen Sohn fragen, ob das stimmt.«
    »Danylo ist hier?«, fragte Christian überrascht. Von diesem Glück
hatte er kaum zu träumen gewagt. »Bringen Sie mich sofort hin, und dann lassen
Sie mich bitte allein mit der Familie!« Er legte das ganze Gewicht seiner
natürlichen Autorität in den Satz. Es funktionierte. Die Oberschwester brachte
ihn zum Zimmer. »Fünf Minuten«, sagte sie, um einen letzten Rest ihrer eigenen
Macht auszuspielen.
    Zu Maxyms Zimmer gab es eine Glasscheibe. Der grüne Vorhang war
zurückgezogen. Christian konnte Danylo am Bett seines Vaters sitzen sehen. Er
saß mit gekrümmten Rücken und hielt Maxyms Hand. Maxym hing an einer Infusion,
in seinem Mund steckte ein Schlauch. Er war nicht bei Bewusstsein.
    Leise öffnete Christian die Tür und ging hinein. Danylo blickte
verwundert hoch. Christian sah ihn zum ersten Mal, bislang kannte er nur ein
veraltetes Passfoto. Danylo war nicht anders

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