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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Stumm
schüttelte sie den Kopf, nahm Artur aus dem Stubenwagen und ging nach oben.
    »Du wirst deine Frau doch nicht mit dem Baby allein hier lassen?«,
fragte sein Vater Rudolf mit strengem Blick.
    »Herrgott, sie ist nicht allein, ihr seid schließlich auch noch
da!«, erwiderte Walter. Sobald sein Vater den Mund aufmachte, hörte Walter
Vorwürfe. So war es schon immer gewesen. »Ich muss mich um diese Sache kümmern,
es ist wichtig. Sehr wichtig sogar.«
    »Merle hat gesagt, dass der junge Mann, von dem das Päckchen ist,
dass sie den umgebracht haben«, mischte sich seine Mutter Helga ein. Angst
stand in ihren Augen.
    »Deswegen ist es ja so wichtig. Ich bin ihm was schuldig.«
    »Und wenn sie dich auch umbringen, Sohn?«
    Walter setzte sich zu seiner Mutter, umarmte ihren beträchtlichen
Umfang und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Das werden sie nicht. Ich bin
kein Anfänger und halte mich schön bedeckt.«
    »Wer sind denn die?«, fragte sein Vater. »Herr im Himmel, nichts als
Flausen im Kopf, ich hab’s immer gesagt! Statt hier die Zeitung zu übernehmen
und ein Madel von hier zu heiraten! Dann wäre alles gut, und deine Mutter tät
sich nicht grämen müssen!«
    »Lass den Bub, der weiß schon, was er tut«, beschwichtigte Helga
ihren Mann.
    Walter fand es albern, dass seine Mutter ihn immer noch »Bub«
nannte, immerhin war er über fünfzig. Aber es tat ihm gut, dass sie seine
Entscheidungen stets akzeptierte.
    »Fährst du mich zum Bahnhof?«, fragte er sie.
    »Ja, willst denn heut schon los?« Helga erschrak.
    Walter nickte. »Vielleicht bin ich bald schon wieder zurück. In ein,
zwei Wochen schätze ich.«
    »Geh, wohin der Pfeffer wächst«, polterte sein Vater.
    Zwei Stunden später saß Walter neben Helga im Kombi des
Vaters und ließ sich zum Bahnhof bringen. Sowohl von seinem Vater als auch von
Merle hatte er sich unversöhnt getrennt.
    »Kümmere dich bitte um Merle und Artur«, bat er seine Mutter. Sie
waren am Bahnhof angelangt.
    »Natürlich. Und ich fahre jeden zweiten Mittag ins Dorf und rufe
dich an. Und wehe, du nimmst nicht ab und sagst mir, dass es dir gut geht!«
    »Jeweils um Punkt zwölf stehe ich zu deiner Verfügung. Zumindest
versuche ich es, versprochen. Falls es mal nicht klappt, hinterlasse ich bei
Elfriede im ›Hirschen‹ eine Nachricht für dich. Ach, Mama, wozu habe ich euch
bloß das Festnetztelefon geschenkt?«
    »Du weißt doch, wie sehr dein Vater Telefone und Fernseher hasst.
Schade, dass wir keinen Handyempfang oben auf der Alm haben. Ein Handy könnte
ich gut vor ihm verstecken. Aber vielleicht kann ich ihn ja überreden, jetzt,
wo endlich ein Enkel da ist, mit dem er bestimmt gerne telefonieren will, wenn
Merle auch wieder zurück in Hamburg ist.«
    Walter beugte sich zu seiner Mutter, gab ihr einen Kuss und sagte:
»Tschüss, Mama.«
    »Servus, Bub. Pass auf dich auf. Und komm bald wieder.«
    Walter stieg aus, nahm seine Reisetasche und ging durch die
Lichtkegel der Straßenlaternen auf den Bahnhof zu.

 
    Brcko.
    Vadim war noch einige Tage in Chişinău untergetaucht, hatte seine Wunden gepflegt
und seine Strategie überdacht. Die Kollegen hier in der Stadt wussten alle,
dass er beim Boss in Ungnade gefallen war. Dennoch musste er hier ansetzen,
wenn er Sofia und Alina finden wollte. Vadim fühlte sich schuldig. Wegen Alinas
Entführung machte er sich weniger Vorwürfe, aber an Sofias Verschwinden war
keiner außer ihm schuld. Er hätte sie niemals zum Boss bringen dürfen, ohne zu
wissen, welche und wessen Interessen eigentlich hinter der ganzen Sache standen.
Unter normalen Umständen hätten sie Alina vielleicht freikaufen können. Aber
die Umstände waren nicht die üblichen. Auch wenn er davon keine Ahnung gehabt
hatte, war der Besuch beim Boss unverantwortlich gewesen. Ihm hätte klar sein
müssen, dass der Boss Sofia zu einer besonderen Art der Zusatzzahlung gedrängt
hätte. Er war schon scharf auf sie gewesen, als er sie mit ihm bei ihrem ersten
Treffen in der Bar sprechen sah.
    Vadim musste herausfinden, über welche Routen Sofia und Alina
verschleppt worden waren. Der Einzige, der ihm helfen wollte und damit seinen
Hals riskierte, war sein Kumpel Oleg. Oleg kannte Alina auch und war ein wenig
in sie verschossen gewesen. Am gestrigen Abend hatte er sich mit Oleg in einem
überfüllten Studentencafé getroffen. Hier war die Gefahr, auf einen Schergen
des Bosses zu treffen, relativ gering. Oleg kam wie immer gleich auf den Punkt:
»Hast Mist gebaut,

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