Paris, Ein Fest Fürs Leben
Geschichten sein, die sich verkaufen.»
«Schreib die beste Geschichte, die du schreiben kannst, und schreib sie so direkt, wie du kannst.»
«Das werde ich tun», sagte er.
Aber wie die Dinge standen, hatte er Glück, wenn er überhaupt zum Arbeiten kam. Zelda ermunterte die Leute nicht, die ihr nachstellten, und sie sagte, sie habe nichts mit ihnen zu tun. Aber es amüsierte sie, und es machte Scott eifersüchtig, und er mußte mit ihr überall hingehen. Es zerstörte seine Arbeit, und sie war eifersüchtiger auf seine Arbeit als auf irgendetwas anderes.
Dieses ganzen Spätfrühling und Frühsommer hindurch kämpfte Scott um seine Arbeit, aber er kam nur unregelmäßig zum Arbeiten.
Wenn ich ihn sah, war er immer vergnügt, manchmal verzweifelt vergnügt, und er machte gute Witze und war ein guter Gesellschafter. Wenn er sehr schlimme Zeiten durchmachte, hörte ich ihm zu und versuchte ihm klarzumachen, daß er ganz seinem Wesen nach schreiben könne, wenn er sich nur zusammennähme, und daß nur der Tod unwiderruflich sei. Dann machte er sich über sich lustig, und solange er das tun konnte, glaubte ich, daß er in Sicherheit war. In all dieser Zeit schrieb er eine gute Geschichte, The Rich Boy,und ich war überzeugt, daß er noch besser schreiben konnte - wie er es später tat.
Während des Sommers waren wir in Spanien, und ich begann mit dem ersten Entwurf für einen Roman und beendete ihn - zurück in Paris - im September. Scott und Zelda waren in Cap d'Antibes gewesen, und als ich ihn in jenem Herbst in Paris wiedersah, war er sehr verändert. An der Riviera war er keineswegs nüchterner gewor
den, und jetzt war er sowohl am Tag wie nachts betrunken. Es kümmerte ihn jetzt nicht mehr, ob irgendjemand arbeitete, und er erschien in der Rue Notre-Dame-des-Champs 113 jedesmal, wenn er betrunken war sowohl am Tag wie nachts. Er hatte angefangen, zu allen, die ihm unterlegen waren, oder die er für unterlegen hielt, sehr grob zu sein.
Einmal kam er mit seiner kleinen Tochter durch das Tor der Sägemühle herein - die englische Kinderfrau hatte ihren freien Tag, und Scott kümmerte sich um das Kind -, und am Fuße der Treppe sagte sie ihm, sie müsse auf die Toilette gehen. Scott fing an, sie auszuziehen, und der Hausbesitzer, der auf der Etage unter uns wohnte, kam hinzu und sagte: «Monsieur, gerade vor Ihnen, links von der Treppe, ist ein cabinet de toilette.»
«Ja, und ich werde auch Ihren Kopf reinstecken, wenn Sie sich nicht in acht nehmen», sagte Scott zu ihm.
Den ganzen Herbst über war er sehr schwierig, aber er hatte begonnen, an einem Roman zu arbeiten, wenn er nüchtern war. Ich sah ihn selten, wenn er nüchtern war, aber wenn er nüchtern war, war er immer angenehm, und er machte immer noch Witze, und manchmal machte er sich auch noch über sich selbst lustig. Aber wenn er betrunken war, kam er gewöhnlich, um mich aufzusuchen, und wenn er betrunken war, machte es ihm beinahe ebensoviel Vergnügen, mich bei der Arbeit zu stören, wie es Zelda machte, ihn bei seiner zu stören. Das ging jahrelang so, aber auch jahrelang hatte ich keinen loyaleren Freund als Scott, wenn er nüchtern war.
In jenem Herbst 1925 war er aufgebracht, weil ich ihm nicht das Manuskript von dem ersten Entwurf von Fiesta zeigen wollte. Ich erklärte ihm, daß es nichts wäre, bis ich es überarbeitet und neu geschrieben hätte, und daß ich es vorher mit niemandem diskutieren noch irgendjemandem zeigen wollte. Sobald der erste Schnee fiel, wollten wir nach Schruns im Vorarlberg fahren.
Ich arbeitete die erste Hälfte des Manuskripts dort um, und ich glaube, ich beendete es im Januar. Ich nahm es mit nach New York und zeigte es Max Perkins bei Scribner's und fuhr dann zurück nach Schruns und arbeitete das Buch dort zu Ende um. Scott sah es nicht, bis das völlig umgearbeitete und gekürzte Manuskript Ende April an Scribner's geschickt war. Ich erinnere mich, daß ich mit ihm darüber scherzte und daß er sich besorgt zeigte und helfen wollte, wie immer, wenn etwas fertig war. Aber während ich es umarbeitete, wollte ich
seine Hilfe nicht.
Während wir im Vorarlberg lebten und ich das Umschreiben des Romans beendete, hatten Scott und seine Frau und sein Kind Paris verlassen und waren in einem Badeort in den Pyrenäen. Zelda war krank gewesen mit jenen wohlbekannten Darmbeschwerden, die durch zuviel Champagner hervorgerufen werden und die man damals als Dickdarmkatarrh diagnostizierte. Scott trank nicht,
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