Paris ist eine Messe wert
Heinrich mich in Blois zum Baron ernannt hatte. »Ich bin hier inkognito. Mich beim Namen zu nennen wäre mein Tod.«
»Monsieur«, sagte Franz steif und argwöhnisch, »wenn Ihr gegen meine gute Herrin komplottiert, könnt Ihr nicht auf mich zählen, trotz der Eier.«
»Im Gegenteil, Franz«, sagte ich und wählte die Offenheit, weil sie in dieser Intrige das beste war, »ich bin auf Befehl des Königs hier, um deine Herrin zu versorgen.«
»Wie soll ich das glauben, Monsieur?« fragte er.
»Franz, bin ich ein Lügner?«
»Sicherlich nicht, Monsieur«, sagte er verlegen, »aber ich weiß doch, daß meine Herrin besagten Navarra auf den Tod haßt.«
»Ha, Franz! Weißt du nicht, daß unsere Fürsten sich bald um den Hals fallen, bald umbringen, ohne daß unsereiner es versteht?«
»Das ist wahr«, meinte er, und nickte weise.
»Und was spricht dagegen, deine Herrin zu versorgen?«
»Monsieur«, sagte er, »darf ich laufen und es ihr mitteilen?«
»Nein, noch nicht! Die Sache ist nicht ohne Gefahr für mich, schließlich haben Madame de Montpensier und die Vasselière zweimal versucht, mich umzubringen, wie du weißt.«
»Leider, ja, Monsieur«, sagte Franz (dank dem der zweite Versuch gescheitert war).
»Bevor ich mich ihr zu Erkennen gebe, muß ich ganz sicher |226| sein, daß sie völlig auf dem trockenen sitzt«, sagte ich. »Franz, willst du mich jeden Tag Schlag zwölf unter der großen Uhr am Palais treffen und unterrichten, wie es um sie steht?«
»Monsieur«, sagte Franz nach einigem Schwanken, »wenn Ihr mir bei Gott dem Allmächtigen schwört, daß Ihr meiner guten Herrin nicht ans Leben wollt, tue ich es.«
»Franz«, sagte ich, »ich schwöre es bei Gott dem Allmächtigen. Bist du zufrieden?«
»Gut. Ich will nur nichts tun, was meiner Herrin schaden könnte. Wo ich ihr sowieso schon den Lichttalg stehle, um meinen Riesenleib und mein
Liebchen
1 durchzubringen.«
Seine Worte rührten mich, und ich gab einer Augenblicksregung nach.
»Hier, Franz, bring ihr diese zwei Eier.«
Womit ich sie aus meinem Wams zog und ihm in die Hände legte.
»Ha, Monsieur! Monsieur! Monsieur!« stotterte Franz, und Tränen schossen ihm aus den Augen.
Ach, er war viel zu bewegt, um sich zu bedanken! So beurlaubte ich ihn und blickte ihm nach, wie er mit seinen langen Beinen so forsch davoneilte, wie seine Schwäche es erlaubte, mit freudeklopfendem Herzen, wette ich, daß er seinem Liebchen wenigstens für diesen Tag Blut und Leben bringen konnte. Und während ich, wie der abgefeimte Erzbischof von Lyon empfohlen hatte, »an meine Statt« ging, dachte ich, daß die oft zitierte Wendung: »Wie der Herr, so der Knecht«, wohl öfter falsch als wahr ist, bevorzugt doch auch ein böser Herr gute Diener.
Zu Hause angekommen, sah ich, wie meine Leute mit Héloïse am Tisch saßen, bei einem Becher Wein, und fröhlich schwatzten, obschon mein Miroul durch sein Betragen erkennen ließ, daß er der Aufseher meiner Arkebusiere war und nicht ihresgleichen.
»Moussu!« sagte er, und sein blaues Auge blickte fast so warm wie das braune, »wenn Ihr erlaubt, möchte ich Euch im Vertrauen sprechen.«
Auf mein zustimmendes Zeichen folgte er mir in mein Zimmer, wo ich als erstes die schweren Bürgerkleider abwarf, denn das Wetter war schwül, und der Gang hatte mich unter Wasser gesetzt.
|227| »Moussu«, begann Miroul, »ist es wahr, daß Héloïse Euch bat, hier Kammerfrau zu werden, und daß Ihr abgelehnt habt?«
»Miroul«, sagte ich rauh und tat, als sei ich ganz mit meinem Kleiderwechsel beschäftigt, »wenn du es weißt, warum fragst du?«
»Weil ich dachte, Moussu, daß es keine so schlechte Idee wäre, Héloïse hier zu haben, damit sie uns bekocht und unsere Betten macht.«
»Und sie auch wieder in Unordnung bringt.«
»Moussu, das habe ich nicht gesagt.«
»Aber du denkst es, was auf dasselbe herauskommt.«
»Damit bin ich nicht der einzige, Moussu.«
»Ah! Pissebœuf und Poussevent also auch! Beschuß von allen Seiten für unsere Kammerfrau. Bei dem Spielchen wird sie nicht lange mager bleiben.«
»Moussu, seid Ihr Eurem Miroul böse?«
»Wenn mein Miroul sich mit meinen Knechten verbündet?«
»Ha, Moussu«, sagte Miroul ganz erschrocken, »das ist es nicht! Ich habe nur Euer Interesse im Auge.«
»Mein Interesse ist, unser Brot nicht in fünf Stücke zu teilen.«
»Was das Brot betrifft, sind Eure Knechte und ich übereingekommen, daß wir Héloïses Teil von unserem abzwacken könnten.«
»Sieh
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