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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Mutter Kirche in dem guten Kampf, den wir gemeinsam gegen die Ketzer führen.«
    Hierauf rief er die Gnade des Himmels über die Menge herab, die sich tatsächlich und beinahe zufrieden zerstreute, war man doch wenigstens mit dem Brot des Segens gespeist worden.
     
    Ohne jede Hoffnung, L’Etoile in dieser Menge zu finden, machte ich eine andere Entdeckung, die sich als fruchtbar erwies. Ich nahm den Rückweg über den Pont aux Changes, am Châtelet vorbei, und durch die Rue Saint-Denis, als ich vor mir einen hühnenhaften Lakaien sah, dessen Wuchs und Livree mir bekannt vorkamen. Ich eilte mich, an seine Seite zu kommen, und erblickte das gute breite Gesicht von Franz, dem Lakaien der Herzogin von Montpensier, dem ich einmal aus Mitleid einen Ecu geschenkt hatte, weil seine Herrin ihn meinetwegen hatte auspeitschen lassen, wie man sich vielleicht erinnert: ein sehr nutzbringend verschenkter Ecu, denn daraufhin warnte mich Franz vor mörderischen Fallen, welche die Dämonin mir legte. Nun, mochte Franzens Gesicht auch seinen starken Knochenbau bewahrt haben, so doch nicht das zugehörige Fleisch und dessen Schinkenfarbe, und er sah insgesamt ganz abgemagert und kraftlos aus.
    »Franz!« sagte ich halblaut.
    Worauf er mir einen erloschenen Blick zuwandte.
    »Monsieur«, sagte er matt, »wollt Ihr etwas von mir?«
    »Und ob! Ich kenne dich gut!«
    »Monsieur«, sagte er mit seiner lothringischen Höflichkeit, »bitte entschuldigt, aber ich kenne Euch nicht.«
    »Doch, du hast mir sogar das Leben gerettet.«
    »Monsieur, Ihr scherzt.«
    |224| »Nein. Und um dir zu zeigen, wie dankbar ich dir bin, brauchst du mir nur zu folgen, dann gebe ich dir zwei Eier.«
    »Zwei Eier, Monsieur!« sagte Franz, indem er die Stimme senkte und furchtsam um sich blickte, ob nicht jemand anderer es gehört hätte, »habt Ihr wirklich ›zwei Eier‹ gesagt? Ha, Monsieur!« fuhr er fort, »Ihr müßt Euch nicht lustig machen über einen armen Lakaien!«
    »Ich mache mich nicht lustig. Komm mit. Du sollst nicht enttäuscht werden.«
    Um ihn nicht mitzunehmen zu der Alten in der Rue de la Cochonnerie, die seine Guise-Livree erschreckt hätte, hieß ich ihn in der Gasse warten. Ich kaufte vier Eier, verbarg zwei in meinem Wams und gab Franz die anderen zwei, der sie sogleich aufbohrte und leertrank, indem er sie mit seiner großen Hand umschloß, damit niemand sie sähe. Als er die Schalen einsteckte, anstatt sie wegzuwerfen, fragte ich ihn, warum.
    »Die esse ich, wenn der Hunger zu groß wird«, sagte er. »Ihr müßt wissen, Monsieur, daß meine Herrin mir täglich nur noch eine Scheibe schlechtes Haferbrot gibt, so daß ich mich genötigt sehe, heimlich ihren Lichttalg zu essen.«
    »Aber, deine Herrin ist doch nicht arm«, sagte ich.
    »Ha, Monsieur!« sagte Franz, »Ihr wißt wie ich, daß die Versorgung in Paris jetzt in den Händen der ›Politischen‹ liegt, denn nur sie haben Verbindungen über die Mauern hinweg zu den Offizieren des Königs (hier warf er wieder einen ängstlichen Blick um sich), ich meine, des Königs von Navarra. Und daß kein Mensch meiner guten Herrin mehr etwas verkauft, nicht einmal für Gold, aus Furcht, von ihr angezeigt und gehängt zu werden.«
    »Also hat deine Herrin kein Brot mehr?«
    »Scheint so, denn so großartig sie auch tut, hat sie doch nach und nach das ganze Gesinde entlassen, von vierzig, die wir waren, hat sie drei behalten, mich und zwei Zofen. Und die eine lag gestern tot in ihrer Kammer.«
    »Verhungert?«
    »Leider, ja, Monsieur! Verhungert. Und ohne den Kerzentalg wäre ich es auch schon.«
    »Und die andere Zofe?«
    »Die halte ich auf dieselbe Weise über Wasser«, sagte Franz, die Augen senkend, »wenn wir die Belagerung überleben, heiraten |225| wir. Ha, Monsieur!« setzte er hinzu, »es bedrückt mein Gewissen, daß ich meiner guten Herrin den Lichttalg stehle.«
    »Die so gut doch gar nicht ist«, sagte ich leise. »Einmal ließ sie dich auspeitschen, weil du dich in ihrer Gegenwart geräuspert hast.«
    »Monsieur, woher wißt Ihr das?« fragte Franz erschrocken, »seid Ihr der Teufel?«
    Ich lachte.
    »Wenn, dann ja wohl ein guter Teufel, denn als Balsam für deinen Hintern gab ich dir einst einen Ecu.«
    »Ah! Monsieur le Chevalier, Ihr seid es?« rief Franz verdattert. »Wer hätte Euch aber auch in diesen bürgerlichen Kleidern erkannt, höchstens an Euren Augen.«
    »Bitte, nichts von Chevalier, Franz!« sagte ich, weil ich es für unnötig hielt, ihm mitzuteilen, daß

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