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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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von Biron, indem er sie mit spöttischem Blick umfaßte.
    »Diese Heuchler«, sagte er
sotto voce
auf okzitanisch, »sie wollen nichts anderes als Zeit schinden, damit der Herzog von Parma sie heraushaut.«
    |287| Er zwinkerte ihnen zu, dann begab er sich wieder zu den Gesandten.
    »Meine Herren«, sagte er, breitbeinig stehend, mit klarer Stimme, so daß alle ihn hörten, »ich halte nicht hinterm Berg mit dem, was ich denke, und sage rundheraus, was mir am Herzen liegt. Ich will den allgemeinen Frieden. Ich will ihn, um meinem Volk Erleichterung zu bringen, anstatt daß es weiter zugrunde gerichtet wird, wie ich es leider voraussehe. Und gäbe ich, um eine Schlacht zu gewinnen, einen Finger, so gäbe ich für den allgemeinen Frieden zwei! Aber, was Ihr fordert, kann nicht geschehen.«
    Nach diesem letzten, mit starker Stimme gesprochenen Satz schwieg Henri und schritt vor den beiden Prälaten auf und ab.
    »Sire«, sagte Kardinal von Gondi, der aussah wie ein Kater, der eine Gräte verschluckt hat, und keineswegs hinnehmen wollte, daß seine kleine Friedensblase, so trügerisch sie auch war, plötzlich durch einen Nadelstich zerplatzte, »es beliebe Eurer Majestät, uns zu erklären, warum nicht geschehen kann, was wir fordern.«
    »Meine Herren«, sagte der König, indem er vor ihnen stehenblieb, »ich liebe mein Paris. Die Stadt ist meine älteste Tochter. Und ich will ihr mehr Gutes tun, als sie verlangt. Aber sie soll dieses Gute meiner Gnade verdanken und nicht dem Herzog von Mayenne und nicht dem König von Spanien. Was Ihr fordert, heißt, die Kapitulation von Paris aufzuschieben bis zum allgemeinen Frieden, der aber erst nach einer Menge Hin und Her zwischen Mayenne und mir kommen kann. Ein solcher Aufschub ist für mich ausgeschlossen und mehr noch für meine Stadt Paris, die, ausgehungert wie sie ist, nicht länger warten kann.«
    Hier traten ihm Tränen in die Augen, und obwohl ich wußte, daß Henri weinen konnte, wann er wollte, weil er ein meisterlicher
commediante
war, zweifelte ich nicht, daß diese Tränen ebenso aufrichtig waren wie die sie begleitenden Worte.
    »Es sind schon zu viele Menschen Hungers gestorben«, fuhr er mit bewegter Stimme fort, »und wenn Paris noch acht Tage wartet, werden abermals zehn- bis zwanzigtausend sterben. Ha, meine Herren, welch sonderbare Barmherzigkeit wäre das! Meine Herren, ich bin wie die wahre Mutter im Buch Salomo, die ihr Kind lieber der falschen Mutter überläßt, als es entzweireißen |288| zu lassen. Und ich bekenne, lieber will ich Paris niemals haben als ruiniert und verödet durch den Tod so vieler Franzosen.«
    Diese mitfühlende Rede setzte den Kardinal Gondi um so mehr in Verlegenheit, als er sie nicht zurückweisen konnte, ohne gegen die Pariser erbarmunglos zu erscheinen, was weder seiner Gesandtschaft entsprach noch seiner Robe, noch vielleicht seiner Neigung. Doch mangelte es seinem Hirn ja nicht an Geschmeidigkeit.
    »Sire«, sagte er nach einem Schweigen mit seiner sanften Stimme, »wenn ich Euch recht verstehe, haltet Ihr dafür, daß Paris sich vor einem allgemeinen Frieden ergebe, während wir meinen, daß zuerst besagte Befriedung erfolgen sollte. Denn wenn die Stadt kapituliert, bevor ein Friedensvertrag unterzeichnet ist, werden der Herzog von Mayenne und der König von Spanien sie alsbald belagern und womöglich wiederum nehmen.«
    »Sollen sie nur kommen!« rief der König, indem er sich umwandte und den Blick über die gut tausend Edelleute im Klosterhof schweifen ließ. »Wir werden ihnen schon zeigen, wie der französische Adel sich zu wehren weiß!«
    Worauf die gepanzerten Edelleute, um dem König beizustimmen, in ein Getöse ausbrachen, daß ein Tauber hörend geworden wäre, und Henri den Prälaten den Rücken kehrte, um seinen Räten zuzuzwinkern, als fordere er sie auf, sich zum guten Spiel seiner Adligen zu gratulieren, die er so schön in Feuer versetzt hatte. Dann wechselte er im Nu das Gesicht und schlug gegenüber den Gesandten seinen gutmütigen Ton an.
    »Meine Herren, Ihr könntet der Meinung sein, daß ich die Pariser zu sehr unter Druck setze, doch besann ich mich soeben auf ein Mittel, das sie befriedigen könnte: Sie erhoffen sich schnelle Hilfe vom Herzog von Mayenne. Gut, meine Herren, treffen wir gemeinsam eine Übereinkunft, kraft welcher Paris sich mir ergibt, sollte es binnen acht Tagen keine Hilfe durch den Herzog erhalten.«
    Ich vergreife mich in den Metaphern, wenn ich sage, daß der Kardinal Gondi,

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