Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
Vom Netzwerk:
Doch wir verlieren Zeit, Monsieur!« setzte ich mit starker Stimme hinzu und hob die Hand, einer erneuten Redeflut zu wehren. »In dieser Minute sind zwanzig ligistische Freiwillige über Eure Mauern gesetzt und dabei, das Pariser Tor zu öffnen für tausend Mann und zweihundert Berittene unter Befehl des Chevalier d’Aumale.«
    »Tausend Mann, zweihundert Berittene und d’Aumale!« schrie Monsieur de Vic, und seine dunklen Augen quollen gleichsam aus den Höhlen. »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Schnell!« rief er seinen Leuten zu, »sattelt die Pferde, zu den Waffen, ruft mir den Trompeter! Trommelt ihn aus dem Bett, wenn er nicht hört! Monsieur«, wandte er sich an mich, doch nun in anderem Ton, »seid Ihr dessen auch sicher? Ihr wollt mich doch nicht etwa lächerlich machen?«
    Zur Antwort kam ich nicht: Heftige Schießerei ertönte aus einiger Entfernung, und während wir noch darauf lauschten, klopfte es an der Haustür.
    »Monsieur, hier ist Balavan«, sagte eine schwache Stimme, »bitte, macht auf. Ich bin verwundet.«
    Und kaum war die Tür geöffnet, fiel besagter Balavan der Länge nach ins Haus, blutüberströmt.
    »Das Pariser Tor, Monsieur, ist in Händen der Ligisten«, brachte er noch heraus und verschied. Ich hätte sein Herz nicht mehr abzuhorchen brauchen, Balavan war aus den Stiefeln gekippt, wie man in Paris sagte.
    »Wohin, Moussu?« rief Miroul, als ich wieder in die eisige Nacht hinausstürzte.
    »Zur Raverie!«
    »Wozu?«
    »D’Aumale abpassen.«
    »Moussu, seid Ihr von Sinnen? Ihr könnt Euch nicht mit d’Aumale duellieren. Er ist achtundzwanzig. Ihr seid vierzig!«
    »Egal! Ich werd es ihm zeigen!«
    »Moussu, nie habe ich solchen Unsinn gehört! Wir haben Monsieur de Vic gewarnt, Schluß, aus! Wir müssen zu unserer Leiter!«
    »Weißt du nicht mehr, daß ich d’Aumale nach der Schlacht von Ivry gefordert habe, wegen Vergewaltigung des kleinen Fräuleins von Saint-Symphorien?«
    |350| »Moussu, von allen Tollheiten, die Ihr je begingt, ist dies die tollste! Was hat das arme Fräulein davon, wenn Ihr hier Euer Leben wagt?«
    »Es geht um den Ehrenpunkt, Miroul«.
    »Wovon ich nichts verstehe.«
    »Richtig. Außerdem: Töte ich d’Aumale, ist die Liga geschwächt.«
    »Aber er schlägt sich doch nicht mit einem Tuchhändler! Er schießt Euch einfach nieder!«
    »Gut, da hast du recht. Wir erwarten ihn vor dem Haus.«
    »Und inzwischen ist Tronson weg, und die Leiter rutscht aufs Eis hinunter! Ach, ein Jammer, daß ich Euch nicht befehlen darf.«
    »Um mir zu befehlen, müßtest du adlig sein.«
    »Wär ich adlig, wär ich nicht vernünftig!«
    »Miroul, du wirst unverschämt.«
    »Verrückter Herr, dreister Diener. Moussu«, sagte er, da wir am Haus der Raverie anlangten, »kommt hier in die Toreinfahrt«, und zog mich hinein. »Und blenden wir die Laterne ab. Hört Ihr? Die Schießerei ist verstummt. Das ist ein böses Zeichen. Jetzt strömen die Ligisten in die Stadt.«
    »Monsieur de Vic wird sie zurückschlagen.«
    »Noch so ein Verrückter! Wozu rief er erst nach dem Trompeter?«
    »Wenn der Trompeter bei Nacht zum Ausrücken bläst, erschrickt der Feind, weil er nicht weiß, mit wieviel Mann er es zu tun kriegt.«
    »Gute List!« sagte Miroul. »Vielleicht ist der Schwätzer doch nicht so dumm.«
    Obwohl vorm scharfen Wind geschützt, froren wir bitterlich. Vom Pariser Tor her waren Schläge gegen Türen und splitterndes Glas zu hören, die Ligisten und Landsknechte begannen ihr Heldenwerk.
    Auf einmal, wie aus der hohen eisigen Nacht niederfallend, ertönten kriegerische Fanfarenstöße, verstummten, schmetterten nach einer Minute erneut, nur näher, und nach wiederum einer Minute noch näher. Endlich begriffen wir: Monsieur de Vic hatte seinen Trompeter auf den Wachgang geschickt, von Stelle zu Stelle seine drohende Weise zu blasen, während er selbst hoffentlich mit seinen Männern zum Pariser Tor zog, den |351| Räubern das Handwerk zu legen. Und in der Tat folgten auf das Trompetensignal auch sogleich lautes Hufgetrappel und heftige Schießerei.
    »Moussu«, sagte Miroul, plötzlich lauschend, »hört Ihr den Galopp?«
    Ungläubig, ob es d’Aumale wäre, was ja hieße, daß er seine Truppen sich selbst überlassen hätte, riskierte ich ein Auge um die Mauerecke, wo das bunte Fenster der Raverie seinen gedämpften Lichtschein auf die Gasse warf. Mir stockte das Herz.
    »Er ist es!« flüsterte ich. »Es ist d’Aumale! Allein, auf seinem schwarzen Hengst! Jetzt

Weitere Kostenlose Bücher