Paris ist eine Messe wert
Madame de Nemours kein Wort gegen Euch, und Ihr wißt warum, Sire.«
»Frauen können nichts wie ans Heiraten denken«, sagte der König, »und sind sie verheiratet, wollen sie Sohn oder Tochter unter die Haube bringen.«
»Aber, Sire, wißt Ihr, daß auch Madame de Guise den jungen Guise mit Eurer Frau Schwester verheiraten möchte?«
»Davon habe ich gehört«, sagte der König mit verschmitztem Lächeln. »Sei’s drum, so fehlt es Madame nicht an Bewerbern!« »Aber, Graubart«, fuhr er fort, »du berichtest mir nichts von der Herzogin von Guise?«
»Ich dachte, Sire, daß ich sie nicht zu besuchen brauchte, weil sie Euch sowieso Freundschaft entgegenbringt.«
»Die ich erwidere!« sagte der König. »Sie ist meine Kusine linker Hand, und ich weiß niemanden in Paris, dessen Umgang mir angenehmer wäre. Sie ist nicht, wie so viele andere, boshaft, hinterhältig oder intrigant, und die Naivitäten und Derbheiten, mit denen sie überrascht, entspringen eher ihrem liebenswerten Wesen und dem Wunsch zu gefallen als der plumpen Absicht zu verletzen.«
»Sire«, sagte Rosny, der diese Lobrede mit einiger Ungeduld anhörte, »hattet Ihr Monsieur de Siorac nicht fragen wollen, wie es in Paris mit der Liga steht?«
»Richtig«, sagte der König, der Rosny viel zu sehr liebte, um seine kleinen Stiche übelzunehmen. »Also, Graubart, wie steht es damit?«
»Sire, wenn ich so allgemein spreche, laufe ich Gefahr, Dinge zu sagen, die Ihr schon kennt.«
»Sprich nur.«
»Erstens: Der Gouverneur von Paris, Monsieur de Belin, ist Euch wohlgesinnt, weil Ihr ihn so gut behandelt habt, als Ihr ihn nach der Schlacht von Arques gefangennahmt.«
»Gut, Sohn. Ich habe mit Belin unter der Hand Fühlung aufgenommen.«
»Zweitens: Der Henker hat geweint, als eine Handvoll der ›Sechzehn‹ ihm befahl, Gerichtspräsident Brisson zu hängen. Auch Madame de Nemours hat geweint, als sie es durch mich erfuhr. Sie schrieb es ihrem Sohn Mayenne, der nach Paris kam und nun die Hängewütigen hängte.«
»Das wußte ich, bis auf die Tränen. Was schließt du daraus?«
|359| »Daß mit der Hinrichtung von Präsident Brisson eine Art Spaltung eingetreten ist, sowohl bei den ›Sechzehn‹ wie auch in der Liga, also daß es jetzt in Paris zwar noch erbitterte Ligisten gibt, aber wenige, während die gemäßigten Ligisten viele geworden sind und beinahe denken wie die ›Politiker‹. Und diese Leute, derzeit der größte Teil des Adels, der Stadtoberen, des Gerichtshofs und der Kaufleute (die schwer unterm Versiegen des Handels leiden, wollen Frieden, lehnen einen spanischen Fürsten ab und würden Euch als König anerkennen, sofern Ihr Euch bekehrt.«
Worauf der König Rosny einen raschen Blick zuwarf und dieser stumm die Augen senkte.
»Rosny, mein lieber, alter Freund!« sagte ächzend der König. »Du weißt, Meinung und Rat von dir waren mir immer kostbar. Jetzt sprich dein Wort. Denn nicht allein sehe ich, daß man mir in Paris einen Gegenkönig basteln will, es sind auch etliche in meinem eigenen Lager darauf aus, meinen Cousin den Kardinal von Bourbon zu überreden, damit er sich zum Haupt einer sogenannten dritten Partei macht, mit päpstlichem Dispens die spanische Infantin heiratet und sich zum König erklärt. Und diese meine schlechten Diener, die mir desto mehr Ärger machen, je mehr ich sie begünstigt habe, hält, das weiß ich, nur noch eins zurück: Sie wissen nicht, was sie nachher mit mir anfangen sollen. Die einen sagen: ergreifen und festsetzen, die anderen: ermorden, denn Vögel wie mich, fürchten sie, hält man nicht im Käfig.«
Ein langes, banges Schweigen folgte dieser Rede. Ich war erschrocken. Aber, dachte ich dann, sollte es wirklich so schlimm mit Komplotten gegen Navarra in seinem eigenen Lager sein, wie er es darstellte? Das konnte doch höchstens das Werk einiger weniger Wirrköpfe sein, so beliebt und geachtet, wie Henri es bei seinem Adel und seinen Soldaten war. Und an einem gewissen Blitzen in den Augen Seiner Majestät, als er Rosny anblickte, meinte ich auch zu erkennen, daß er absichtlich übertrieben hatte, so als wollte er seinen treuesten Diener in Furcht und Ängste stürzen, damit Rosny sich einmal etwas klarer zum Thema seiner Konversion ausspräche, als er bisher getan. Und wenn Seine Majestät dies bezweckt hatte, so glückte es ihm wunderbar, denn zuerst wurde Rosny blaß, dann rot und sprach mit einer Vehemenz, die von seiner gewohnten Besonnenheit weit entfernt war.
|360| »Ha,
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