Paris ist eine Messe wert
bange sein.«
»Ha, Rosny«, sagte der König, »so denke ich im stillen lange und bin sehr froh, daß Euer vorzüglicher Sinn mich in |362| dieser Meinung bestärkt. Und du, Graubart!« fuhr er brüsk an mich gewandt fort, der ich dieser Debatte, die für die Zukunft des Reiches so folgenschwer war, gebannt gelauscht hatte, »was sagst du zu alledem?«
»Sire«, sagte ich, »ich selbst habe mich zur katholischen Religion bekehrt, um Heinrich III. dienen zu können, als ich sah, wie viele Anstrengungen er unternahm, die Politik einer absoluten Ausrottung der Protestanten zu durchkreuzen. Und wenn es Euch gelingt, Sire, daß durch Eure Bekehrung Hugenotten und Papisten zusammenleben, ohne einander Schaden zu tun, so werdet Ihr nicht allein diesem unserem Land einen wunderbaren Dienst erweisen, sondern auch dem Himmel. Denn es kann nicht sein, daß Christus, den wir anbeten, es gutheißt, wenn Christen sich gegenseitig totschlagen.«
»Wohl gesprochen, Graubart!« sagte der König.
Worauf er sein Haupt niederlegte und uns entließ, ein wenig müde vielleicht, aber für mein Gefühl hoch zufrieden mit diesem Gespräch, in welchem er sich von dem vorwurfsfreien Rosny jene Zusicherung hatte geben lassen, die er brauchte.
Müde waren wir nicht minder, als Rosny mich zur Wohnung von Mylady Markby begleitete, weil er mich wegen Familienbesuchs nicht in seinem Haus hatte aufnehmen können. Wiederum in Gedanken, wenngleich beruhigt, blieb mein Rosny stumm, und nur die Schritte seiner bewaffneten Fackelträger klangen auf dem Pflaster.
»Monsieur de Rosny«, fragte ich ihn zum Abschied, »wenn Henri Eurem Rat nun folgt, folgt dann Ihr seinem Beispiel?«
»Aber, wieso!« sagte Rosny hochfahrend. »Ich habe keine Ausländer zu verjagen, kein Land zu befrieden, keinen Thron zu festigen. Also zwingt mein Gewissen mich nicht, mein Gewissen zu zwingen.«
Einen Teil dieser Antwort hatte Rosny mir schon einmal gegeben, aber, weiß der Teufel, wo und wann. Weil sie jedoch zu einem Rückblick auf mich selbst veranlaßt, möchte ich hier sagen, daß einem, der seine Religion schon einmal unter Zwang gewechselt hat, so wie ich und wie erst recht Navarra, der nicht weniger als fünf Bekehrungen hinter sich hatte, ein neuerlicher Wechsel weniger schwer fällt, wenn die Umstände es ihm zur Pflicht machen. Hingegen wird es einem Mann wie Rosny, der |363| sich von Kindheit an bis ins Mannesalter stets zu derselben Kirche bekannt hat, für gewöhnlich stark widerstreben, diese aufzugeben. Denn erstens festigt sich Glaubenstreue mit gestrenger und andauernder Übung. Zweitens wird einer, der nicht zwei Glaubensformen nacheinander kennenlernte und nicht genötigt war, nicht mehr zu glauben, was er geglaubt hatte, und zu glauben, was er nicht geglaubt hatte, auch nicht dieses Empfinden von Relativität gewinnen, das man aus solchen Variationen schöpft. So hatte ich zum Beispiel von meiner katholischen Mutter gelernt, Maria als Gottesmutter anzubeten, dann von meinem hugenottischen Vater, daß man sie nicht anbeten solle, dann wieder von meinem papistischen Beichtiger, daß ihr der Kult zukomme – wie also konnte es da ausbleiben, daß ihre Bedeutung in meinem innersten Gefühl schwand?
Nun denn, ich hatte in Mylady Markbys Haus mein Zimmer aufgesucht und mich zu Bett gelegt, brachte es aber nicht bis zum Einschlafen, als an der Tür geklopft wurde. Miroul, der wie Katzen immer nur auf einem Auge schlief, kam aus seiner Kammer geschossen, um zu öffnen, nicht ohne eine Pistole hinter seinem Rücken bereitzuhalten. Es erschien aber Mylady Markby im Nachtgewand, in der Hand einen Leuchter, und fragte Miroul, ob ich schon in Morpheus’ Armen ruhe.
»Mylady«, sagte ich prompt, »da ich Euch in der Aureole Eurer gelösten schwarzen Haare erblicke und Eurer im Kerzenschein glänzenden Augen, dürft Ihr versichert sein, daß ich sie gern mit Euren Armen tauschen würde.«
»Ha, so sind die Franzosen!« sagte Mylady, »man reißt sie aus dem Schlaf, und anstatt wie die Engländer zu brummen, schäkern sie.«
Worauf sie ihren Leuchter absetzte und mich sogleich beim Wort nahm, indem sie ihren Pudermantel abwarf und in mein Bett schlüpfte. Miroul ließ sich von diesem Schauspiel nichts entgehen.
»Moussu«, sagte er auf okzitanisch, »ich ziehe mich zurück. Ab jetzt braucht Ihr Eure Pistole, nicht meine.«
»Was sagt er, mein lieber Pierre?«
»Daß Miroul Euch, Mylady, seinen Respekt erweist und gute Nacht wünscht.«
»Schwindler,
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