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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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seinem Junker gewandt fort, »geht unverzüglich zu meinem Haus in Saint-Symphorien, sattelt meine Pferde, ladet mein Gepäck auf, führt alles in die Stadt Tours und sucht mir dort Quartier.«
    »Bei Gottes Blut!« sagte Gerzé lachend, »Monsieur de Rosny, habt Ihr Angst?«
    »Nicht mehr um meine Habe, meine Herren, die bringe ich ja nun in Sicherheit. Und was mich angeht, so werde ich, wenn Mayenne Euch überfällt, mit Eurer Erlaubnis auf diesen erbärmlichen Barrikaden an Eurer Seite sterben.«
    Womit er ein falscher Prophet war, denn, glücklicher als die drei Feldmeister, ging er aus dem Kampf ohne eine Schramme hervor. Der schöne Rubempré wurde an beiden Beinen verwundet und hinkte für den Rest seines Lebens. Crillon wurde von einer Kugel mitten durch den Leib geschossen, von der er jedoch wunderbarerweise genas. Der arme Gerzé fiel. Seine Brust nahm eine Arkebusenkugel nicht so gut hin wie die Erde, die er nicht hatte umwühlen wollen.
    Doch ich greife vor. Da ich aber einmal am Vorgreifen bin, erlaube mir, Leser, dabei zu bleiben. Vier Monate später, im August, wurde einigen Ligisten in Tours der Prozeß gemacht – sie endeten am Galgen –, und dabei stellte sich heraus, daß diese in der Stadt sehr starke Partei Mayenne tagtäglich über all und jedes genauestens unterrichtet hatte: über Navarras Ankunft, seine Aussöhnung mit dem König, seinen Aufbruch nach Chinon; über die schwache Anzahl der königlichen Truppen und deren Aufstellung, teils in Saint-Symphorien im Norden, teils in Saint-Pierre-des-Corps im Osten; über die dürftige Verteidigung von Saint-Symphorien; über die Gewohnheit des Königs, jeden Morgen auszureiten, indem er sich über die Brücke von Tours durch Saint-Symphorien nach der Höhe von Membrolle begab, wo er zu galoppieren pflegte.
    Auf Grund dieser Geheiminformationen faßte Mayenne, listig wie Fettsäcke selten, zwei Pläne: Falls der erste scheiterte, sollte er durch den zweiten abgelöst werden. Wenn er seine Armee über Nacht von Vendôme in Richtung Tours führte und am Montag, dem 8. Mai, gegen Morgen in die Umgegend von Saint-Symphorien gelangte, sollte auf der Höhe von Membrolle ein Hinterhalt gelegt und der König, der dort galoppierte, gefangengenommen |45| werden. Würde die Überrumpelung und Ergreifung mißlingen, sollte seine Armee, die weit stärker war als die des Königs in Tours, Saint-Symphorien von drei Seiten angreifen, aber gemach, nur durch Scharmützel, damit der König Zeit hätte, seine Schweizer von Saint-Pierre-des-Corps zur Verstärkung der Angegriffenen nach Saint-Symphorien zu werfen. Wenn Tours dann frei wäre von königlichen Truppen, sollten die Ligisten
intra muros
die Sturmglocken läuten, zu den Waffen eilen, den König ergreifen und sich die Stadt unterwerfen, während Mayenne, nun mit voller Kraft und durch seine Überzahl, die Königlichen in Saint-Symphorien schlüge.
    Mayennes Pläne zeugten beide von unverächtlichem Geschick: Gelänge der erste, nähme Mayenne den König gefangen, siegte der zweite, würde die Stadt ihn ausliefern und sich der Liga ergeben. In beiden Fällen hätte die Geschichte einen anderen Verlauf genommen, unser Bündnis mit Navarra wäre im Keim erstickt, die Partei der ›Politiker‹ ausgelöscht und Seine Majestät in Paris den Manen Guises schändlich geopfert worden.
    Ganz dem Glück und der neuen Hoffnung vertrauend, welche das Bündnis mit Navarra versprach, und nichts von den Fallstricken ahnend, in denen die Liga ihn zu fangen gedachte, beschloß der König am Morgen des 8. Mai bei klarem Himmel, im milden Licht des Loirelandes – ein Licht, das für mein Gefühl keinem anderen gleicht –, wie gewohnt über die Brücke von Tours, durch Saint-Symphorien, nach La Membrolle auszureiten. Sein Gefolge waren François von O, Marschall von Aumont, Bellegarde, Rosny, ich und zehn weitere Herren, alle wie unser Gebieter nur im Wams und mit Degen bewaffnet.
    Nun, wir hatten den Weg nach La Membrolle hinauf kaum erklommen und die letzte Barrikade passiert, die den Zugang nach Saint-Symphorien sperrte, als wir an einer Weggabelung einem alten Mann begegneten, der ganz gekrümmt unter einem Sack voll Gras, das er vielleicht für seine Kaninchen auf den jenseits liegenden Gemeindewiesen geschnitten hatte, zum Ort zurückkehrte. Bei seinem Anblick zügelte mein geliebter Herr, gütig, wie er war, sein Pferd, zog aus seinem Beutel eine Münze und warf sie ihm zu. Überrascht hob der arme Alte sie auf, und als

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