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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Navarra übergab, so übergab mich dieser doch nicht meinem Vater, sondern Monsieur de Rosny. Und wenn ich unter Monsieur de Rosny auch das Waffenhandwerk erlernte, sollte dennoch eine Zeit kommen, wie sich zeigen wird, in welcher ich abermals und unter nahezu unglaublichen Umständen in gefahrvolle Geheimaktionen verstrickt wurde, obwohl ich geglaubt hatte, diese Dinge lägen auf immer hinter mir.

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    |42| ZWEITES KAPITEL
    Als Navarra nach Chinon ging, um seine Infanterie zu holen, ließ er Monsieur de Rosny – und somit mich – in Tours zurück, damit er die Befehlshaber der königlichen Truppen in der Stadt berate.
    Das war keine leichte Aufgabe, denn die drei Feldmeister, Crillon, Gerzé und Rubempré, waren nicht die Leute, sich von einem Neuen, einem Hugenotten noch dazu, belehren zu lassen. Allerdings muß man zugeben, daß diese Lehren auch ziemlich von oben herab erfolgten, Rosny hielt sich nicht wenig auf die Erfahrungen zugute, die er in zehn Jahren unter Navarra gesammelt hatte, und wie man sah, konnte er bei aller Gutmütigkeit und Freundlichkeit doch so schroff und hochfahrend sein, daß es einen gegen ihn aufbringen mußte. Selbst Navarra hätte Rosnys Wesensart schwer ertragen, hätte er nicht seinen Humor gehabt – eine ihm eigene Waffe, die er weit öfter und mit besserem Erfolg gebrauchte als Kälte oder Tadel.
    Zwei Tage nach Navarras Aufbruch also wollte Rosny, in Begleitung seines Junkers La Vergne, meiner Person und des kleinen Pagen, die Verteidigungslinien von Saint-Symphorion inspizieren. Er meinte, wenn Charles de Mayenne, der inzwischen Vendôme besetzt hatte, einen Angriff auf Tours plante, dann nur von Norden, denn um es von Osten oder Westen anzugreifen, müßte er die Loire überschreiten und geriete damit in die höchst ungünstige Position zwischen Loire und Cher, eine Klemme geradezu, aus welcher ein Rückzug nicht einfach wäre.
    Nun war Saint-Symphorion, wie gesagt, ein nördlicher Vorort von Tours, am rechten Loire-Ufer gelegen und von der Stadt durch jene lange Brücke getrennt, die Navarra, Gerzé, der Page, der übrigens Moineau – Spatz – hieß, und ich am ersten Mai überquert hatten, um den König aufzusuchen. Es lag an einem Hang und war von keiner Seite durch ein natürliches Hindernis geschützt, so daß der Feind von überall eindringen |43| konnte, wenn die zuführenden Straßen und Wege nicht gesichert waren. Und Rosny, der sie sämtlich besichtigte und miserabel gesichert fand, sagte dies den drei Feldmeistern rundheraus.
    »Aber, wir haben Barrikaden gebaut!« sagte Gerzé.
    »Die nichts taugen«, sagte Rosny.
    »Monsieur«, versetzte Crillon pikiert, »beliebt uns den Krieg zu lehren, Ihr kennt ihn besser als wir.«
    »Das behaupte ich nicht, Monsieur«, sagte Rosny, »aber wenn man so wenig Leute hat, wie das hier der Fall ist, und keine einzige Kanone, weil alle in Tours sind, müssen Hindernisse her. Aber für die, die ich hier sehe, gebe ich keinen Heller.«
    Das zu hören war für die drei Feldmeister kein Vergnügen.
    »Was soll es denn sein, Monsieur?« fragte nicht ohne Ironie Monsieur de Rubempré, ein schöner junger Mann, blauäugig und blond.
    »Sie müssen höher und breiter gemacht werden, Monsieur. Und davor tiefe Gräben, nur mit einem schmalen Durchlaß für Karren und Reiter; und dieser Durchlaß wiederum mit Sperren besetzt, um Überraschungen vorzubeugen. Und schließlich müssen Eure Barrikaden rechts und links abgesichert sein, sonst kann man sie bei einer Schießerei überrennen.«
    »Alles schön und gut, aber das dauert ein Jahrhundert!« meinte Crillon mit spöttischem Lächeln und indem er Gerzé und Rubempré zuzwinkerte, um sich darüber lustig zu machen, daß Rosny sich über sie aufschwingen wollte.
    »Mit den tausend Mann, die Ihr habt«, sagte Rosny kalt, »zwei Tage!«
    »Schockschwerenot!« sagte Gerzé geringschätzig, »soviel Erde umwühlen, das ist was für Erdarbeiter, nicht für Soldaten!«
    »Besser, eine Kugel trifft die Erde als eine Brust.«
    »Also, ich finde«, sagte Rubempré ziemlich ungehalten, »unsere Barrikaden sind gut.«
    Worauf Gerzé und Crillon zustimmend nickten, obwohl sie eher durch Rosnys Art verletzt schienen als unzugänglich für seine Gründe.
    »Meine Herren«, sagte Rosny, die Brauen rümpfend, »ich sehe, meine Meinung wird verschmäht. So grüße ich Euch und |44| bin Euer untertänigster Diener«, und dieses ›untertänigst‹ klang unsäglich arrogant. »La Vergne«, fuhr er zu

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