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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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fünf bis sechs seiner Leute begleitet, hätte er doch wie Rosny geglaubt, sich etwas zu vergeben, wenn er sich ohne beträchtliche Eskorte gezeigt hätte, prächtig gekleidet, wie er war, mit erlesen geringeltem Haar, geschminkten Wangen, geschweifter Taille und lebhaft gestikulierend, kurzum, mit seinen Vierzig wie glatte zehn Jahre jünger. Leider nur war der Ärmste auf andere Art gealtert, indem er nämlich unverdrossen an Prunk, Moden und Sprache des vorigen Königs festhielt und so der |414| letzte Stutzer war, der sich den schlichten und raschen Manieren des neuen Regimes verweigerte.
    »Mein Herr Bruder«, sagte ich, »Ihr wart, glaube ich, dem Marquis de Vitry verbunden, bevor er aus dem Dienst des Königs in den der Liga trat. Was haltet Ihr von ihm?«
    »Er ist Soldat«, sagte Quéribus in der lispelnden Sprechweise, die unter Heinrich III. guter Ton war. »Und Soldaten, mein Pierre, sind allesamt nach demselben Muster geschneidert. Denkt an Monsieur de Vic. Vitry gleicht ihm. Nur daß er nicht so geschwätzig ist und sich den Mund mit Eigenlob spült.«
    »Er gleicht ihm?«
    »Ja, in Aufführung und Betragen. Beide haben den gleichen freien Soldatenton und schroffe Manieren. Doch ist dieses Soldatische nur Fassade: In Wahrheit sind sie Füchse, lavieren schlau zwischen Ziege und Kohl, indem sie ständig auf ihre makellose Treue zum König pochen.«
    »Den Vitry nach seinem Machtantritt dennoch für Mayenne verließ. Ist er ein so frommer Katholik?«
    »Das nicht. Wie bei vielen, ist sein Glaube lau, und er liebt den Klerus nicht, aber er fürchtet die Kirche. Und in dem Moment wird er sich gedacht haben, daß die Ziege Mayenne den Kohl Navarra wohl fressen wird.«
    Worauf mein schöner Höfling, seine Taille wölbend, lachte, die Hand vorm Mund, so wie der selige König.
    »Was versteht Ihr unter schroffen Manieren?«
    »Er macht alles nach Soldatenart. Zwackt ihn Venus, greift er sich die erstbeste Herbergsmagd, legt sie um wie ein Landsknecht und wirft ihr drei Sous für Ihre Dienste hin.«
    »Drei Sous? Das ist geizig.«
    »Das ist er auch. Er hat seine Taler stets im Auge.«
    »Steht er hoch in der Liga?«
    »Gar nicht. Er haßt die ›Sechzehn‹, und als Mayenne ihnen wegen der Hinrichtung des Gerichtspräsidenten Brisson zürnte, sagte er laut und vor den ›Sechzehn‹ zu dem Herzog: ›Potztausend, Monsieur! Ein Wort von Euch, und ich knüpfe sie Euch sämtlich vor Abend auf!‹«
    »Ist er verheiratet?«
    »Ja. Und er liebt seine Gemahlin, obwohl er sie mit der Raverie betrogen hat.«
    |415| »Der Raverie?« fragte ich, als wüßte ich von nichts.
    »Was!« sagte Quéribus, und seine Stimme erklomm höchste Noten, »Ihr habt nie von der Raverie gehört? Auf mein Gewissen, man möchte sterben!« setzte er mit jenem Ausdruck hinzu, den Heinrich III. in Mode gebracht hatte, als er noch Herzog von Anjou war, wie der Leser sich vielleicht erinnert. »Die Raverie, mein Bruder, ist ein Weib von sehr beweglichen Schenkeln und überragender Schönheit.«
    »Dann hat sie Vitry nichts geschenkt.«
    »Im Gegenteil! Sie bevorzugt Rauhbeine! Mein Herr Bruder«, setzte er mit vielsagendem Lächeln hinzu, »mir scheint, ich begreife langsam, worauf Eure Fragen abzielen. So lasse ich sie denn flugs in die Jagdtasche meines Vergessens sinken, bevor ich scheide. Ich werde nämlich«, fuhr er fort, indem er mir ins Ohr raunte, obwohl wir allein im Zimmer waren, »von einer hochgestellten Dame zum Diner erwartet, die mich mit ihren Aufmerksamkeiten geradezu belagert, derart vernarrt ist sie in mich.«
    Sowie mein Quéribus in seinem tänzelnden Schritt gegangen war, glänzend an der Spitze seiner plumpen grauen Eskorte, eilte ich zum Markt in der Hoffnung, die Goulue zu treffen, die, wie ich wußte, dort regelmäßig nach Senf ging, jedenfalls wenn die Raverie in Saint-Denis weilte. Der Zufall lachte mir, denn nach einer Stunde erblickte ich die Kleine und sprach sie an.
    »Ha, Katerchen!« sagte sie, »schnurrst du wieder um mich? Was willst du wissen?«
    »Alles über Vitry«, sagte ich
sotto voce.
    »Ha!« sagte sie, »seit er nach Meaux gegangen ist, ist Madame untröstlich. Er war sehr unterhaltsam.«
    »Ach, wirklich?« sagte ich. »Mit Schnabel oder Schwanz?«
    »Mit beidem. Einmal in Paris, weiß ich, als der Papagei von Madame stumm blieb, fragte Vitry, ob er sprechen könne.
    ›Gewiß‹, sagte meine Herrin, ›er will nur Geld sehen.‹ ›Was?‹ sagte Vitry, ›das gibt es?‹
    Er zog einen Ecu aus

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