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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Grüßen, stumm.
    Zu meiner großen Freude und Überraschung traf jedoch Ende August mein lieber Fogacer auf Chêne Rogneux ein, wieder mit einem braungelockten Pagen im Gefolge, der mich an Silvio erinnerte, und wieder in Nöten und großer Gefahr, wegen seiner Knabenliebe auf dem Scheiterhaufen zu enden, ohne daß er nun mehr auf königlichen Schutz hoffen konnte wie zu Zeiten unseres seligen Königs.
    Ich freute mich sehr, in meiner langen Rekonvaleszenz nun geistvolle Gesellschaft zu haben, denn Saint-Ange war stummer als ein Karpfen, und Miroul war durch die Traurigkeit seiner Florine bedrückt, in deren Augen ich allzuoft Tränen sah, ohne daß sie mir sagen wollte, warum.
    Nun, es hatte zwischen Fogacer und meiner Angelina stets eine Zuneigung geherrscht, die mir natürlich nicht gefallen hätte, wäre Fogacer ein anderer gewesen. Er verehrte sie ungemein, und obwohl der Ältere, hatte er sich mit Wonne von ihr aufziehen, schelten oder tätscheln lassen wie ein Knabe, während sie sich in seiner grenzenlosen Bewunderung sonnte. Und als er nun kam, hoffte ich, jener heitere und vertraute Umgang der beiden werde sich wieder einstellen. Statt dessen aber wies Angelina seine Annäherungen, Komplimente oder Kindereien von Anfang an mit derselben argwöhnischen Miene zurück, die sie allen bezeigte, und schien ihm ebensowenig gewogen wie derzeit dem ganzen Menschengeschlecht.
    Der hochgewachsene Fogacer mit seinen langen Spinnenarmen und den mephistophelischen Brauen über seinen sprühenden Augen, der seiner soviel sicherer wirkte, als er es in seinem empfindsamen Inneren war, fühlte sich sichtlich verletzt durch die frostige Zurückweisung. Und nachdem ich mit ansah, |132| wie oft seine nußbraunen Augen ratlos, verwirrt oder gar verstört an Angelina hafteten, fragte ich ihn schließlich im Vertrauen, ob er sie verändert finde.
    »Verändert!« sagte er, die diabolischen Brauen wölbend, »verändert ist gar kein Ausdruck! Das ist eine andere Frau! Mein Freund, ich spreche aus, was ich empfinde: Ich erkenne sie nicht wieder. Sie, die so gutmütig und mitfühlend war, scheint alle Welt zu hassen und zu beargwöhnen, allen zu mißtrauen, sich allen zu verschließen. Und findet sie einmal zu ihrer einstigen Fröhlichkeit zurück, versinkt sie doch schnell wieder in Stummheit und starrt mit leeren Augen vor sich hin. Spricht sie, dann führt sie hochfahrende, kränkende Reden, die mit ihrer früheren Herzensgüte nichts gemein haben. Ihren Kammerfrauen und Mägden begegnet sie hart und ungerecht und erteilt ihnen nacheinander widersprüchliche Anweisungen, als wäre sie mit sich selbst nicht im reinen.«
    Ich sagte, wie unendlich es mich erleichtere, daß er den gleichen Eindruck hatte wie ich, und daß ich mich angesichts ihrer Veränderung schon gefragt hätte, ob ich den Verstand verlöre. Schließlich erwähnte ich ihr Beharren auf jenem Schönheitsfleck samt ihren Gründen dafür und gestand, daß mich sogar schon Zweifel geplagt hätten, ob diese Frau überhaupt meine Angelina sei, doch hätte ich sie durch viele Fragen nach intimen oder familiären Einzelheiten unserer Vergangenheit, die nur Angelina kennen konnte, geprüft und Antworten erhalten, die diesen Zweifel gänzlich ausräumten.
    »Wenn es so wäre«, sagte Fogacer, anscheinend wenig überzeugt, »könntet Ihr beruhigt sein. Aber«, setzte er forschend hinzu, »hatten Larissa und Angelina nicht von Kind auf die Gewohnheit, einander jedes Erlebnis bis ins kleinste zu erzählen? Und war es nicht früher Larissas brennender Wunsch und Ehrgeiz, ihrer Schwester zu gleichen?«
    »Der Jesuit Samarcas«, sagte ich, »der ja Larissa am besten kannte, behauptete sogar, daß sie sich einbilde, Angelina zu sein, und daß dies ihr eigentlicher Wahn sei.«
    »Wenn ich nicht irre«, fuhr Fogacer nach einem Schweigen fort, »empfahl Euch Samarcas damals in Barbentane, als Larissa statt ihrer Schwester zu Eurem Stelldichein im Pfefferturm erschienen war, Ihr solltet, um die beiden zweifelsfrei zu unterscheiden, mit dem Finger den kleinen Schminketupfer an |133| ihrem Kinn abtasten, dann würdet Ihr bei Larissa darunter die Warze fühlen, bei Eurer Gemahlin dagegen nicht.«
    »Ha! Das ist wahr«, sagte ich gedehnt, und der Speichel trocknete mir im Mund. »Ich entsinne mich dieser Empfehlung.«
    »Und?« fragte Fogacer mit einem Seitenblick auf mich, »habt Ihr die Probe gemacht?«
    »Nein, mein Freund«, sagte ich leise. »Nein, ich habe es nicht gewagt.«
    Und

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