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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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erbärmlichem Zustand wie wir, langsam und mit gesenkten Köpfen dahertrotteten, begriff ich, daß wir Federn lassen müßten, sollten sie, sieben gegen zwei, kämpfen wollen. Doch die Unglücklichen dachten nicht daran, wie sich zeigte.
    »Wer da?« rief der erste.
    »Baron von Rosny«, entgegnete Rosny herausfordernd und sehr von oben herab.
    »Ha, Monsieur de Rosny!« rief der Sprecher, »Gott sei Dank! Wir kennen einander. Und wissen, daß Ihr ein loyaler Edelmann von Ehre seid.«
    »Verbindlichen Dank, meine Herren. Was ist Euer Begehr?«
    »Daß Ihr uns Ritterlichkeit erweist, Monsieur de Rosny, und uns das Leben schenkt.«
    »Was sagt Ihr?« versetzte Rosny baß erstaunt. »Verstehe ich recht: Ihr wollt Euch mir ergeben? Ihr sprecht ja, als hättet Ihr die Schlacht verloren.«
    »Was?« sagte der andere, ein Monsieur de Sigogne, wie sich herausstellen sollte, »das wißt Ihr nicht, Monsieur de Rosny? Wir haben sie samt und sonders verloren, ja! Nach dem Durchbruch von Graf Egmont führte Navarra (als sturer Guisarde wollte Sigogne ihn offenbar nicht König nennen) den Gegenangriff mit solcher Wucht, daß er unsere gesamte Kavallerie in die Flucht schlug, womit unsere Infanterie geliefert war. Und was uns angeht, so würden wenigstens vier von uns nicht weit kommen, weil unsere Pferde so gut wie tot sind. Wir können uns nur noch ergeben.«
    Womit er wahr sprach, denn drei der armen Tiere gingen auf nur drei Beinen, und dem vierten hingen die Därme aus dem Leib.
    »Meine Herren«, sagte Rosny in dem liebenswürdigsten Ton, »wie ich sehe, schlägt auch dem Tapferen die Stunde. Mit dieser Minute, da ich Euch als meine Prisen betrachte, garantiere ich für Euer Leben und werde es gegen jedermann verteidigen.«
    »Monsieur de Rosny«, sagte nun einer der jungen Herren, |161| der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, »ich gehöre nicht zu jenen, die Eurer Protektion bedürfen, die Ihr diesen Herren so großmütig gewährt. Ich bin Monsieur de Nemours, zu meiner Rechten hier seht Ihr den Chevalier d’Aumale, und jener dort«, fuhr er fort, »ist Monsieur de Trémont. Zwar sind auch wir drei nicht in bester Verfassung, aber unsere Pferde haben, wie Ihr seht, gute Beine, und bevor am Horizont königliche Truppen auftauchen, ziehen wir uns besser zurück, nicht ohne Euch, Monsieur de Rosny, tausendmal für Eure Höflichkeit zu danken und diese vier Edelleute Eurer Obhut zu empfehlen.«
    Rosny erwiderte einige wohlgedrechselte Komplimente, immerhin war Monsieur de Nemours Herzog und der Halbbruder des Herzogs von Mayenne, und währenddessen trieb der Chevalier d’Aumale, der zu meinem Erstaunen sehr jung war und sehr schön, mit brauner Haut und schwarzen Haaren, sein Pferd neben das meine und beugte sich zu mir herüber.
    »Monsieur, wer seid Ihr?« fragte er leise. »Ihr mustert mich so sonderbar.«
    »Ich bin der Baron von Siorac.«
    »Monsieur de Siorac, habt Ihr etwas gegen mich, und darf ich fragen, was?«
    »Chevalier«, sagte ich leise, »in der Kirche von Saint-Symphorien bei Tours habt Ihr ein kleines Mädchen geschändet.«
    »Ich weiß«, sagte der Chevalier d’Aumale, indem er die Augen abwandte, »aber ich möchte nicht gern daran erinnert werden. Solche Torheiten begeht man gemeinhin nach der Hitze des Kampfes.«
    »Das Kind war ein Edelfräulein aus gutem Hause.«
    »Ha!« sagte der Chevalier, »es tut mir leid!«
    Hierauf blickte er mir in die Augen und setzte hinzu: »Mon sieur de Siorac, wenn die Sache Euch am Herzen liegt, stehe ich Euch zur Verfügung, sobald wir beide wieder imstande sind, Waffen zu führen.«
    Worauf ich nur wortlos und knapp zum Zeichen der Zustimmung mit dem Kopf nickte.
    »Wohlan, d’Aumale!« rief Nemours, indem er abschwenkte, »säumen wir nicht länger! Auf! Ehe die Königlichen kommen! Lebt wohl, Monsieur de Rosny! Lebt wohl, Ihr Herren, und Gott befohlen!«
    |162| Womit die drei sich im Galopp entfernten, während besagte vier Herren sich uns anschlossen, ganz langsam, Schritt für Schritt, weil die Tiere sie kaum mehr trugen. Zuvor jedoch hatte Monsieur de Sigogne mit einer gewissen Feierlichkeit Monsieur de Rosny die Standarte Mayennes überreicht, eine prächtige Fahne aus schwerer weißer Atlasseide, in welche die Lothringer Kreuze nicht mit Silber eingestickt waren, sondern mit schwarzer Seide – zum Zeichen der Trauer um den Herzog von Guise und seinen Bruder, die auf Befehl meines Herrn zu Blois getötet worden waren. Nun konnte Monsieur de Rosny mit

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