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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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seiner verwundeten Hand die Fahne aber nicht halten, also gab er sie mir. Und darf ich hier bekennen, daß ich meinen Augen nicht traute, unversehens eine solche Trophäe in Händen zu halten? Ich, der noch wenig zuvor ohnmächtig am Boden lag, ohne Pferd, ohne Waffe, für tot auf dem Schlachtfeld gelassen von einer Armee, die ich besiegt glaubte? Welch unerhörte Verkehrung der Dinge aber erst für Rosny, der mit seinen vielen Verwundungen in noch weit üblerer Lage sich unter einem Birnbaum verstecken mußte wie ein Hase im Busch und sozusagen den Todesbiß der Meute erwartet hatte, und der jetzt als Sieger zurückkehrte ins Lager, samt vier hochrangigen Gefangenen, die ihm Ehre und bedeutende Lösegelder einbrächten, und zu alledem noch mit der Standarte des geschlagenen Generals.
    Im alten Rom, so stand es in meiner römischen Geschichte, ließ sich der Imperator auf seinem Triumphzug zum Kapitol durch einen Sklaven daran gemahnen, daß nahe dem Kapitol der Tarpeische Felsen lag (von welchem man die zum Tode Verurteilten hinabstürzte). Hingegen hätte man im vorliegenden Fall von Monsieur de Rosny sagen können, daß das Kapitol, Gottlob, nahe dem Tarpeischen Felsen lag, dem er entronnen war.
    Die vier Gefangenen – und du darfst sicher sein, Leser, daß Monsieur de Rosny, so wundenbedeckt und zerhauen er auch war, nach Kenntnis ihres jeweiligen Vermögens sich bereits ihre Lösegelder ausrechnete – waren die Herren de Sigogne, de Chanteloup, d’Aufreville und de Châtaigneraie, welch letzterer, der am wenigsten Verwundete der vier, noch nicht wußte, daß er nur noch Minuten zu leben hatte. Ich werde gleich erzählen, wieso und warum.
    |163| Monsieur de Rosny führte uns endlich in die Richtung, aus der wir zum Angriff aufgebrochen waren, ein Gelände zwischen den Dörfern Boussey und Lente. Dort trafen wir, mitten in großem Gewühl, auf Schweizer im Sold der Liga, die in Schlachtordnung, still und starr, mit gesenkten Piken standen, und ihnen gegenüber die zu uns gehörigen Schweizer, mit angelegten Arkebusen, gezündeten Lunten, doch keine Seite griff an. Die Söhne desselben Volkes waren nicht gewillt, sich gegenseitig sinnlos niederzumetzeln, nachdem die Liga die Schlacht verloren hatte. Und so warteten denn die einen wie die anderen auf eine Einigung, die nach einer Stunde ohne Tränen, ohne Blut zustande kam dank Marschall d’Aumont, der als echter Soldat den Wert der trefflichen Schweizer kannte, gleichviel, auf welcher Seite sie kämpften.
    Doch während die einen und die anderen Schweizer ungerührt wie Felsen verharrten, wimmelte es um sie herum, Reitertrupps stoben hierhin und dorthin, die einen flohen, die anderen setzten nach, und alles in einem solchen Wirrwarr und Durcheinander, daß kein Teufel die Seinen herausgekannt hätte.
    Einer dieser Trupps, von den Königlichen, erspähte uns, insbesondere aber die schwarzsamtenen Kasacks unserer Gefangenen mit den silbernen Lothringer Kreuzen und kam, wild erregt vor Gier auf die reiche Beute, herangesprengt. Denn der Leser gebe sich ja keiner Täuschung hin: Sind Königstreue oder Ligatreue auch die Seele dieses Krieges, ist doch sozusagen sein Körper die Beute, die man dem Feind abnimmt. Ganz wie der Gascogner Cabusse schon vor langem sagte: Wenn du die Wunden und Blessuren überlebst, ist Krieg die sicherste, wenn auch nicht reinste Art, hienieden zu Wohlstand zu kommen.
    Monsieur de Rosny also sah den Trupp heransprengen und ritt seinem Anführer, Graf von Thorigny, den er kannte, entgegen, worauf dieser sein Pferd zügelte.
    »Monsieur, wer seid Ihr?« fragte der Graf verwundert.
    »Rosny.«
    »Rosny!« rief Thorigny. »Beim Himmel! Ohne Eure Stimme hätte ich Euch nicht erkannt, so entstellt ist Euer Gesicht von Schmutz und Blut. Und wer ist das, der Mayennes Banner trägt?«
    |164| »Siorac, Monsieur«, sagte ich.
    »Ach, Ihr, Siorac!« sagte eine Stimme. »Liebe Zeit, Ihr seid ja blutverklebt, als trügt Ihr eine Maske!«
    Und als ich mich dem Sprecher zuwandte, erblickte ich Larchant, den Gardehauptmann des seligen Königs und Getreuesten der Getreuen Seiner Majestät, der an jenem Tag eine wichtige Rolle spielte, als Guise zu Blois exekutiert wurde. Inzwischen hatte Thorigny unter unseren Gefangenen Monsieur de Châtaigneraie bemerkt, der ein schöner junger Mann mit blauen Augen war.
    »Ich bitte Euch, Monsieur de Rosny«, sagte Thorigny, »Châtaigneraie ist mein Vetter, überlaßt ihn mir, denn so verwundet, wie Ihr seid, werdet

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