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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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feuerten, nur mehr dreißig Schritt vor uns, mit Pistolen in die Luft und schwenkten ab.
    »Ins Glied! Ins Glied!« schrie Rosny all seinen Reitern zu, die Anstalt machten, den Flüchtenden nachzusetzen. Und immerzu schreiend, ordnete er seine Kompanie mit Hilfe der Sergeanten und Hauptleute wieder zu festen Reihen.
    »Was war das, Monsieur de Rosny?« rief ich ihm zu, als er auf einen Steinwurf an mir vorüberritt, »sind die Deutschen solche Memmen?«
    »Nein, nein!« rief er, »es sind fast alles Hugenotten. Die sind unfreiwillig hier und wollen nicht gegen uns kämpfen. Aber seht! Gleich bricht eine ganz andere Wolke über uns herein!« fuhr er fort, indem er mit seinem Degen auf eine ligistische Schwadron wies, die mit verhängten Zügeln herangaloppierte. »Zum Glück hat Henri seine Truppen mit Rücksicht auf den Wind aufgebaut, so kann uns wenigstens der Staub, den sie aufwirbeln, nicht blenden.«
    »Und wer sind die?« fragte ich.
    »Nach den Helmen zu urteilen, Graf Egmont und seine Wallonen! Die Tapferkeit selbst! Alle durch die Bank! Die Lanzenspitze der Ligistenarmee! Gott schütze Euch, Siorac!«
    »Gott schütze auch Euch, Monsieur de Rosny!« sagte ich, und mir klopfte das Herz wie wild.
    »In Trab!« befahl Rosny, indem er seiner Kompanie gute zwanzig Klafter vorauszog, weshalb der König, wie ich später hörte, seinen Vetter schickte, ihm zu sagen, er sei »wie ein verrückter Maikäfer«, aber er solle sich nicht derart exponieren.
    »Und Galopp!« schrie Rosny und ließ seine Kompanie zu |155| sich aufrücken, doch nicht ganz. Die Ehre, der erste im Getümmel zu sein, ließ er sich nicht rauben.
    Ha, Leser! Es ist schon etwas Seltsames, auf eine Schwadron zuzuhalten, die da angaloppiert kommt unter einem düsteren Wald gereckter Lanzen, die sich ein paar Klafter vor dir jäh in die Horizontale senken und deren Spitze auf dein Herz zielt, du aber hast nur einen Stoßdegen in der Rechten, um soviel kürzer, als jene Piken lang sind! Freilich kannst du, wenn dein Stoßdegen bricht, mit deinen beiden Pistolen noch auf kurze, tödliche Distanz zwei Schuß abgeben, aber nur zwei. Und was sind zwei gefällte Schäfte in diesem Wald, der da auf dich zukommt! Freilich bleibt einem Lanzenreiter, wenn die Lanze fällt, danebentrifft, bricht oder zu tief eingebohrt ist, um rechtzeitig herausgezogen zu werden, als letztes Mittel auch nur sein Kurzschwert, was wenig ist gegen einen Stoßdegen, und gegen eine Pistole gar nichts.
    Aber, was ich hier sage, Leser, das dachte ich erst hinterher, denn in dem Augenblick, wenn du galoppierst und galoppierst über umgepflügtes, sonnengedörrtes, knochenhartes Ackerland, den Stoßdegen gestreckt in der Rechten, spürst du nur, wie dein Herz rast, wie dir der Schweiß über den Rücken rinnt und wie es in deinem Kopfe hämmert. Und wenn dann der Zusammenstoß kommt, Piken und Degen mit ohrenbetäubendem Krachen aufeinandertreffen, Harnische klirren, Pferde sich wiehernd bäumen, Reiter und Rösser sich verkeilen und alles brüllt wie wilde Tiere, dann spürst du nichts anderes mehr als die grimmige Wut, dieses Treffen mit dem überall drohenden Tod zu bestehen. Und es gab nichts mehr wie blindwütiges Hauen und Stechen, denn der Staub stand hoch über dem trockenen Acker und umhüllte uns wie dichter Nebel in diesem grausamen Getümmel, wo man nicht nur gut hätte sehen müssen, sondern auch schnell, wo man sogar Augen gebraucht hätte, um wie die Fliegen nach allen Seiten gleichzeitig zu sehen und die tödlichen Stöße zu parieren. Doch just da brach mir der Degen zwei Finger unterm Griff, die Pistolen in meiner Faust feuerten eine nach der anderen, mein Helm zerbarst und grub sich quasi in meinen Schädel, ich stürzte mit meinem schweren Harnisch aus dem Sattel kopfüber zu Boden, mein Pegasus brach tot zusammen, genau neben mir, Gottlob, daß er nicht auf mich fiel, mir wurde schwarz vor Augen, und langsam |156| schwand mein Bewußtsein, so daß ich mich schon in Gefilden wähnte, von denen keiner wiederkehrt.
    Als ich endlich aus meiner Ohnmacht erwachte, fühlte ich wunderbar erstaunt, daß ich meine Gliedmaßen regen, ja daß ich mich sogar aufrappeln konnte, aber vollends baff war ich, als ich mich ganz allein auf dem Schlachtfeld fand. So weit meine trüben Augen auch schauten – nichts war von den Unseren noch von den Feinden zu sehen. Woraus ich schloß, daß die Wallonen die königliche Schwadron vernichtet hatten und daß wir besiegt waren. Bekümmert

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