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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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immer, als ich die Augen öffnete und sich mein Blick langsam wieder aufklarte.
    »Oya?«, sagte eine dumpfe, ängstliche Stimme.
    Um mich herum hatte sich eine Gruppe von Straßenkindern versammelt. Abgesehen von den Atemmasken, die jedes von ihnen trug, sahen sie völlig harmlos aus – aber der Krieg hatte die Bewohner des Tert eines Besseren belehrt; niemand würde sie jemals wieder unterschätzen. Die Straßenkinder trugen Biowaffen mit tödlichen, sich schnell verbreitenden Viren an ihren Körpern.
    Ich erkannte einen von ihnen, einen hageren, groß gewachsenen Jungen, der mir früher einmal geholfen hatte.
    »Was… Was tut Ihr hier?«, stotterte ich.
    Der Junge blickte sich kurz in der Straße um. Ich erkannte, wie sich einige verschwommene Gestalten in der Nachmittagssonne an uns vorbei bewegten.
    Er nahm die Atemmaske ab. »Wir haben bereits auf deine Rückkehr gewartet. Jemand will dir großes Leid zufügen, Oya. Wir beschützen dich.«
    Wir beschützen dich.
    Ich unterdrückte ein Lachen.
    Die Straßenkinder wichen ein paar Schritte zurück, während ich mich mühsam aufrappelte. Dann stütze ich mich auf die Schulter des Jungen. »Wie ist dein Name?«
    »Link«, antwortete er und zog die schwarzen Augenbrauen in seinem schmalen, kantigen Gesicht zusammen.
    »Link, ich habe einen Platz gefunden, an dem Ihr alle leben könnt. Verbreitet die Nachricht: Die Baracken in Torley werden für euch hergerichtet.«
    Die Augen des Jungen leuchteten vor Freude. Er gab zweien der Kinder eine kurze Anweisung und sah ihnen hinterher, bis sie in der Menschenmasse verschwunden waren. Dann drehte er sich wieder zu mir um. Er griff in die Tasche seiner zerschlissenen Jacke und holte eine weitere Atemmaske hervor. »Wir werden bei dir bleiben. Wir sind Oyas Wächter«, versprach er.
    Ich wollte die Atemmaske nicht annehmen, doch Link hatte sie mir bereits in die Hand gedrückt.
    »Du wirst nicht bemerken, dass wir in deiner Nähe sind. Ich verspreche es. Halte diese Maske immer griffbereit.«
    Resigniert atmete ich tief durch und fand mich mit meinen neuen Leibwächtern ab.
     
    Ich setzte meinen Weg nach Torley ohne weitere Unterbrechungen fort. Die ständige Angst vor einer erneuten Halluzination und das Wissen, dass jede meiner Bewegungen von einer Gruppe Kinder beobachtet wurde, hatten mir den Spaß an meiner Einsamkeit genommen.
    Ich rannte so schnell ich konnte über den aufgeplatzten Asphalt der Straßen und zwischen den Schutz bietenden Villenblöcken hindurch. Einige Male benutzte ich auch die verwinkelten Treppenhäuser der Gebäude als Abkürzung. Es dauerte nicht lange, bis meine Lungen brannten und mir der Schweiß den Rücken hinunter lief. Die längere Ruhepause bei Teece war mir nicht gut bekommen; ich hatte mich über einen Monat lang kaum bewegt, und nun war ich schwach und außer Form. Die Weisheit, Sex alleine reiche, um sich fit zu halten, stimmte also nicht ganz.
    Ich erreichte Torley am späten Nachmittag. Am Himmel über der Stadt kreisten unzählige Raubvögel, und das Heulen ihrer Turbinen sorgte für ein ständiges Hintergrundgeräusch.
    Ich sah zu ihnen hinauf.
    Wonach suchten sie? Nach wem suchten sie? Was machte den Tert für diese Aasgeier so interessant?
    Bald wurde der Lärm der Maschinen durch den Straßenlärm und das Stimmengewirr der Menschen überlagert – die typische Geräuschskulisse des Tert. Obwohl die Bars in Torley rund um die Uhr geöffnet hatten, füllten sie sich gewöhnlich erst nach Sonnenuntergang. Ich hatte Link und seine Bande nun schon eine Weile nicht mehr gesehen, doch ich hegte keinerlei Zweifel daran, dass sie sofort zur Stelle sein würden, sollte ich in Schwierigkeiten geraten oder wieder in Ohnmacht fallen. Allerdings beruhigte es mich nicht wirklich, von mit Viren bewaffneten Straßenkindern beschützt zu werden. Mit jedem Tag stand ich tiefer in der Schuld der Menschen, die mich umgaben.
    Obwohl jeder Muskel meines Körpers vor Aufregung gespannt war, versuchte ich, einen gelassenen Eindruck zu erwecken. Würde Larry Hein mir helfen?
    Ich befand mich in einer schwierigen Situation: Zwar hatte ich die Kontrolle über Jamons ehemaliges Territorium an mich gerissen, doch ich hätte meinem Anspruch darauf umgehend mit Taten Nachdruck verleihen müssen. Stattdessen hatte ich mich mit Teece zurückgezogen, um meine Wunden zu heilen. Einige Leute würden mein Verhalten als Schwäche auslegen – vielleicht gehörte auch Larry zu ihnen. Nun musste ich mich wieder mit

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