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Parrish Plessis 02 - Code Noir

Parrish Plessis 02 - Code Noir

Titel: Parrish Plessis 02 - Code Noir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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durch die Tür.
    Das Labor war größer geworden. Man hatte noch weitere Zwischenwände eingerissen, und die medizinische Ausrüstung nahm nun beinahe das gesamte Stockwerk ein. Noch bevor ich auch nur einen Blick auf die diversen Apparaturen werfen konnte, platzte Daac herein.
    »Parrish!« Seine Warnung war so klar wie das Wasser in Vivacity. »Untersteh dich, etwas anzurühren!«
    »Du hast es dir hier wirklich gemütlich gemacht«, sagte ich in unschuldigem Ton.
    »Raus mit dir!«
    Ich zog die Schulter hoch und ging in den Korridor hinaus. Daac folgte mir auf dem Fuß; ich spürte seinen heißen Atem in meinem Nacken.
    »Was auch immer du zu sagen hast: Mach es kurz! Ich habe Gäste«, sagte Daac knapp.
    Gäste? Ich hörte leise Stimmen am Ende des Korridors und wollte bereits dorthin gehen.
    »Du kannst da nicht reingehen«, versuchte Daac, mich zurückzuhalten.
    Ich konnte nicht da hinein? Daac hatte die falschen Worte gewählt – ›etwas-nicht-können‹, diesen Ausdruck gab es in meinem Sprachgebrauch nicht.
    Daac war vielleicht kräftiger und schöner als ich, doch dafür hatte er bei einem kurzen Sprint keine Chance gegen mich. Wie ein Wirbelwind schoss ich den schmalen Flur hinunter. Ich riss die Türe weit auf und inhalierte den Geruch von starkem Pilz-Tee, noch bevor Daac auch nur mit der Wimper zucken konnte.
    Mei Sheong saß in einen Mantel aus Federn gehüllt auf dem Boden und hielt eine Session ab.
    Zunächst hielt ich diese Verkleidung – im Vergleich zu ihren neohippen Kleidern – für sehr gelungen, doch dann ließ sie den Mantel von ihren Schultern fallen: Ihr gesamter Körper war mit bunten Farben und Ölen bemalt.
    Sie starrte mich überrascht an und sagte dann in frechem Tonfall: »Was ist, Parrish? Hast du noch nie eine nackte Frau gesehen?«
    Ich sah mich in dem Raum um. Stolowski hockte neben ihr. An seiner Seite saßen zwei abgemagerte Frauen in Meis Alter und ein langer Mann, der mit Perlen und Knochen bestückte Zöpfe trug.
    Neben dem einzigen Fenster im Raum stand eine weitere Frau in einem ausgeblichenen Zigeunerhemd, abgenutzten Kampfstiefel und einem karmesinroten Kopftuch. An ihrer Hüfte trug sie einen kleinen Beutel, der mit Voodoo-Symbolen bestickt war; teure Gesichtstätowierungen und eine Unmenge von Juwelen um ihren Hals komplettierten diese ungewöhnliche Erscheinung. Aufmerksam musterte ich ihren Körperbau: Wenn es darauf ankam, konnte sie sicherlich sehr schnell sein.
    Die Frau sah mit konzentriertem Blick zum Fenster hinaus und ließ dabei die Schultern hängen, als ruhe die gesamte Last ihrer Gedanken auf ihnen. Ich konnte ihr Gesicht nicht deutlich erkennen und ging ein paar Schritte auf sie zu. Mei hielt mich mit einem warnenden Blick zurück. Sie, Sto und die anderen Frauen sahen einander über einen tragbaren Kocher mit einer schwarz verbrannten Pfanne hinweg an. Der Mann rauchte etwas, das wie Unkrautvertilger roch.
    »Hallo, Parrish. Schön dich zu sehen.« Sto schenkte mir ein aufrichtiges Lächeln. Ich erwiderte es; tief in meinem Inneren hatte ich eine Schwäche für ihn.
    Die Frau am Fenster erstarrte, als sie meinen Namen hörte und drehte sich um.
    »Haben dich diese Visionen noch nicht in den Wahnsinn getrieben?«, wollte Mei von mir wissen.
    »Glaub mir, Mei, es gibt noch andere Dinge, die mindestens ebenso sehr an meinem Verstand nagen«, sagte ich mit finsterem Blick. Ich bemerkte, wie sich der Parasit in mir regte – vielleicht erinnerte er sich daran, wie Mei ihn angegriffen hatte. »Wie ich sehe, hast du dir neue Freunde zugelegt, Mei?«
    Daac erschien außer Atem in den Türöffnung.
    »Das sind Jenn, Lila und Crow-Call.« Mei stellte mir ihre neuen Kumpane mit einem kleinen Knicks vor.
    Crow-Call begrüßte mich mit einem einseitigen Grinsen und drohte mir mit dem Finger. »Ich habe alles über dich gehört, du böses Mädchen. Hast eine schlechte Re-pu-ta-tion.« Das Wort fand nur mühsam den Weg über seine Lippen. Offenbar war er genauso ein harmloser Weichkopf wie Sto, was ihn irgendwie sympathisch machte und mich davon abhielt, ihm eine Ohrfeige zu verpassen.
    »Hast du nicht vergessen, mir jemanden vorzustellen?«, sagte ich zu Mei und deutete mit dem Kopf auf die Frau am Fenster. Sie hatte sich nun zu mir herumgedreht und blickte mir offen in die Augen. Ihre Körpersprache, ihre Haltung, ja, ihr ganzes Äußeres alarmierte mich. Leg dich nicht mit mir an, schien ihre Aura zu sagen. Auf eigenartige Weise hatte diese Frau sehr viel

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