Parrish Plessis 02 - Code Noir
Knöpfe sie bei mir drücken musste.
Wenige Meter vor dem festen Betonsockel der Mauer kam das Quad scheppernd zum Stehen. Für einen langen Moment starrten wir ungläubig auf die Rauchwolken, die aus dem Motorraum stiegen.
»Was ist los?«, brach ich schließlich das Schweigen. Die Mauer vor uns war vollkommen von dem Plasma-Netz bedeckt und ein Durchgang nirgends zu sehen.
Daac wies auf eine Stelle in der Nähe. »Dort drüben, wo sich die Mauer ein wenig senkt, befindet sich eine kleine Öffnung.«
»Und da soll jemand durchpassen? Haben die Karadji es geschafft?«
»Sie hatten zwar einige Schwierigkeiten, aber, ja, sie sind sicher auf der anderen Seite. Du hast wohl gedacht, ich würde dich im Stich lassen«, sagte Daac.
»Das wäre mir nie in den Sinn gekommen.« Ich schmunzelte.
Loyl erwiderte das Lächeln; es war das erste Mal seit geraumer Zeit, dass er mich mit einer vertrauten, warmen Herzlichkeit anblickte.
Ich verbarg meine Freude und klopfte auf die Tür. »Meinst du, wir könnten das Blech abnehmen und darauf laufen?«
»Ja, das könnte klappen«, meinte Daac.
Er kletterte auf das Trittbrett und zerrte am Blech der Motorhaube. »Verdammt heiß. Parrish, gibt mir dein Hemd.«
Ich trug noch etwas darunter, also zögerte ich nicht lange. Daac riss das Hemd in zwei Hälften und band es sich um die Hände, um sie sich nicht noch einmal zu verbrennen. Dann montierte er auf seiner Seite zwei Schutzbleche ab, die gerade groß genug waren, um darauf zu stehen. Ich tat es ihm gleich.
Ein Glück, dass Teece diese Demontage nicht miterleben musste. Er hätte ein Fahrzeug niemals so rücksichtslos auseinander bauen können, selbst, wenn das sein Leben gerettet hätte.
Teece. Wie gerne wäre ich jetzt bei ihm in Torley gewesen. Ein guter Tequila in Heins Bar, dabei dem Geplapper von Ibis lauschen und anschließend eine große Schüssel Nudeln von Lu Chow…
Das Scheppern der Motorhaube holte mich wieder in die Realität zurück. Daac hatte zwei weitere große Stücke abgenommen, die man als Bodyboard verwenden konnte.
»Parrish, du ziehst Anna, und ich ziehe Mei«, rief Loyl mir zu.
Wir brachen auf, um das letzte kurze Stück zur Mauer hinüber zu laufen. Daac und ich sahen dabei aus wie Vater und Mutter, die ihre Kinder auf dem Schlitten hinter sich herzogen. Es wäre sicherlich ein großer Spaß gewesen, wenn wir nicht über giftigen Schlamm gelaufen wären. Außerdem mussten wir uns beeilen; das Plasma-Netz wurde mit jeder Sekunde dichter. Das letzte Mal, als Daac mich zu solch einem Himmelfahrtskommando überredet hatte, wäre ich beinahe in einer unterirdischen Leitung mit eiskaltem Wasser ertrunken. Dagegen war dies Unternehmen buchstäblich ein Spaziergang.
Ich erreichte den festen Beton zuerst. Daac kam nicht so schnell voran. Offenbar war Mei, die auf allen Vieren auf dem Blech hockte, eine schwerere Last. Als die beiden schließlich unbeschadet die Mauer erreichten, stellte sich Loyl sofort mit dem Rücken an die Mauer.
»Mei, klettere auf meine Schultern!«, befahl er ihr.
Sie stieg behände auf ihn, als wäre sie solche Kunststücke gewohnt. »Und was nun?«, fragte sie, als sie oben stand.
Daac reichte ihr den Dolch.
»Schneid ein Loch in das Netz. Aber sei vorsichtig. Die Klinge ist schärfer als alles, was du kennst.«
Er stand fest auf beiden Füßen und bewegte sich keinen Zentimeter, während Mei auf das Netz einhieb.
»Es verschließt sich sofort wieder«, sagte sie bald verzweifelt.
Ich stieß ein ungeduldiges Grunzen aus.
Daac blickte kurz zu Anna hinüber, die weinend das Gesicht in den Händen verbarg. Die Wirkung der Glukose-Tabletten hatte nachgelassen, und sie zitterte am ganzen Leib.
»Parrish?«
»Kannst du mein Gewicht halten?«, fragte ich.
Er ließ Mei herunter.
»Mir bleibt wohl keine andere Wahl«, antwortete er mit schmerzverzerrtem Gesicht und presste eine Hand auf die Wunde an seiner Seite.
Ich brauchte zwei Versuche, um auf seine Schultern zu klettern. Loyl schwankte unter meinem Gewicht; er würde mich nicht lange halten können. Beim Gedanken daran, wie wir beide stolperten und in den giftigen Schlamm fielen, begann ich schneller auf das Plasma einzuhacken; doch ich stellte rasch fest, dass ich mehr Erfolg hatte, wenn ich die Klinge flach in das Netz trieb und dann einen langen Schnitt machte.
Auf diese Weise hatte ich rasch ein Loch frei geschnitten, das groß genug für meine Schultern war. Ich lehnte mich durch die Öffnung. Meine Hände
Weitere Kostenlose Bücher