Parrish Plessis 02 - Code Noir
berührten auf der anderen Seite etwas, das sich wie ein kleiner Vorsprung anfühlte.
»Ich glaub, ich hab’s gefunden!«
Mit beiden Armen zog ich mich durch das Loch und fiel auf der anderen Seite hart auf den Asphalt.
Ich setzte mich auf und suchte die Gegend in der Dunkelheit nach Söldnern ab.
Nichts. Erstjetzt bemerkte ich, dass ich mich nicht im Freien befand, sondern offenbar in einem Haus gelandet war, das direkt an die Mauer grenzte. Auf dem Boden lagen Tische und Stühle herum.
Lauf, Parrish. Es war ein natürlicher Impuls, der mich dazu verleiten wollte, die anderen zurückzulassen. Wenn ich das täte, würden mich Mei und Daac bis an mein Lebensende verfolgen – wenn sie denn ohne meine Hilfe lebend hier herauskommen sollten.
Aber ich wollte mir nicht bis in alle Ewigkeit vorwerfen lassen, ein Opportunist zu sein.
Ich griff nach einem Stuhl und schob ihn durch die Öffnung.
»Stellt euch auf die Lehne. Ich ziehe euch dann einen nach dem anderen durch das Loch«, rief ich, obwohl ich auf der anderen Seite niemanden sehen konnte.
Meis Gesicht erschien unmittelbar vor mir.
»Loyl sagt, wir müssen uns beeilen.«
Uns beeilen? Zum Teufel, denkt der Kerl etwa, ich würde hier ein Picknick machen?
Ich zog so kräftig an Meis Armen, dass sie wie ein Korken durch die Öffnung schoss. Das gleiche wiederholte ich mit Anna, die anschließend erschöpft in Meis Arme sank.
Während sich Mei um sie kümmerte, begann ich erneut, das Plasma zu zertrennen; doch das Netz war mittlerweile so dicht geworden, dass es in das Haus hineinwucherte um mich nach hinten drängte. Ich versuchte es noch einmal, aber der Dolch blieb stecken und verschwand in der Masse.
Nein! Ich schob meine Hände blitzschnell in das Plasma, um den Dolch noch zu greifen. Ich konnte das Heft nicht spüren, doch meine Finger berührten die Klinge. Mir blieb keine andere Wahl: Ich holte tief Luft und packte zu. Das Metall schnitt bis auf die Knochen in meine Hand und mein Kopf füllte sich mit einem weißen, grellen Schmerz.
In meinem Inneren jubilierte der Eskaalim bei dem Gedanken an frisches Blut. Ich wusste, dass ich Daac verlieren würde, sollte ich ohnmächtig werden. Also ließ ich die Blutlust des Parasiten gewähren, anstatt sie zu bekämpfen. Das war ein Risiko, aber ich war bereits so viele Wagnisse eingegangen. Die Lüsternheit des Eskaalim erfüllte mich. Sie verlieh mir Stärke und dämpfte den Schmerz. Ich spürte, wie die Energie des Wesens durch meine Venen schoss und langsam meinen Geist betäubte.
Ich zog den Dolch aus dem Plasma und schnitt ein neues Loch in das Netz. Dann kroch ich wie ein Maulwurf in die Öffnung hinein. Mitten in der erstickendem Umarmung des dichten Gewebes bekam ich Daacs Hand zu fassen. Ich zog ihn mit ganzer Kraft zu mir herüber. Mei sah, dass ich Hilfe brauchte. Sie schlang die Arme um meine Hüfte und stieß sich mit den Füßen an der Wand ab.
Doch das alles registrierte ich nur im Unterbewusstsein.
Ich konnte nur noch an Blut denken, an seinen metallischen Geschmack und seine wohlige Wärme.
Mei und Daac fielen mit mir auf den Boden.
Beseelt von dem Blutrausch kroch ich unter ihnen hervor, den Dolch fest in der Hand. Loyls Hals wirkte so verletzlich. Ein kleiner Schnitt, und das Blut würde in einer hohen Fontäne aus ihm herausspritzen.
Dem Eskaalim gefiel dieser Gedanke.
Töte ihn! Das wird dich stärken!
Anna Schaum stieß einen entsetzten Schrei aus.
Daacs Schlag kam aus dem Nichts und traf mich mit voller Wucht.
Ich kam erst wieder zu mir, als ich benommen auf der Erde saß und den Kopf schüttelte. Meine Nase und mein Kiefer fühlten sich an, als wäre ich gegen eine Betonwand gelaufen. Der Eskaalim war wieder aus meinem Bewusstsein verschwunden, doch mein Kopf dröhnte noch vor Schmerz. Ich hielt mir mit einer Hand die geschwollene Nase. Zu meiner Überraschung war sie nicht mehr schief. Wenn Daac mir mit seinem Schlag eine kostenlose Schönheitsoperation spendiert hatte, würde ich ihn umbringen. Mit der anderen Hand betastete ich meinen Schritt, der brannte wie Feuer.
»Das war ich«, erhob Mei die Stimme. »Ein fester Tritt zwischen die Beine macht jeden kampfunfähig. Sogar eine Frau.«
»Würde wetten, du hast zwei Mal zugetreten«, brummte ich.
Daac hielt den Dolch in die Höhe. »Du wolltest mich tatsächlich töten, Parrish«, brachte er zu seiner Entschuldigung hervor.
Da hat er Recht. Irgendwann werde ich ihn tatsächlich aus dem einen oder anderen Grund
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