Parrish Plessis 02 - Code Noir
ich die erste Gruppe von Schamanen über den giftigen Schlammsee nach Mo-Vay hinüber; Mei und Anna Schaum blieben zurück.
Die Halle mit Ikes menschlichem Ersatzteillager stand lichterloh in Flammen, und einige andere Gebäude brannten ebenfalls. Der Rauch des Feuers hatte sich auf dem weiten Platz verteilt. Während der Fahrt brannte der Qualm in meinen Augen, aber der Brand gab mir neben dem Schein des Vollmonds zusätzliches Licht. Ich fragte mich, wie das Polycephalum wohl auf die Hitze reagieren würde.
Die Antwort erwartete mich bei Splittys Bar. Das Feuer, das ich entfacht hatte, hatte die Kellerluke zerstört, und der Durchgang war nun von einem Plasma-Netz versperrt, ähnlich dem, das Loyl und ich im Treppenhaus des Hotels gesehen hatten. Offenbar hatte in Splittys Keller Polycephalum gelagert, das mit Plasma reagiert und sich in dem Feuer verselbstständigt hatte.
Ich bedeutete Daac, zurück zu bleiben. »Vielleicht kann ich das Netz mit dem Dolch durchtrennen.«
Loyl missachtete meine Aufforderung und machte sich selbst daran, den Eingang frei zu räumen. »Parrish, du weißt, was dieser Dolch symbolisiert, oder?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Goma. Blutschuld. Und die kann man niemals begleichen.«
»Was soll das bedeuten?«, fragte ich erschrocken.
»Jemand, der den Cabal Goma schuldet, bleibt ihnen sein Leben lang verpflichtet. Du kannst dich nicht so einfach freikaufen.«
Ich musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Du lügst.«
Daac riss mit bloßen Händen ein Loch in das Plasma-Netz, das groß genug war, um einzeln hindurch zu kriechen. Doch es blieb nicht viel Zeit; der Plasmapilz begann automatisch damit, die Öffnung wieder zu verschließen.
»Schnell.« Eine polynesische Frau namens Ness kroch mit ihrem jungen Sohn zuerst durch das Loch. »Halt dir etwas vor Nase und Mund, wenn du einatmest. Dort unten könnten noch immer giftige Dämpfe von dem Feuer sein«, warnte ich sie.
»Wo soll ich hingehen?«, fragte sie.
»Am anderen Ende des Kellers befindet sich eine Treppe, die zum Ausgang der Bar führt. Draußen hältst du nach einem Mädchen mit Glatze und starker Köperbehaarung Ausschau. Ihr Name ist Glida-Jam. Sie wird euch an einen sicheren Ort bringen; und dort bleibt ihr, bis ich euch abhole.«
Sie nickte und verschwand mit ihrem Sohn im Keller.
Daac sah mich fasziniert an. »Ich weiß nicht, woran es liegt, Parrish, aber du scheinst die Menschen förmlich anzuziehen.«
»Nein«, korrigierte ich ihn. »Sie finden mich.«
Als ich das Quad wendete, hörten wir ein metallisches Klirren unter den Rädern. Daac beugte sich herab.
»Hübsch!« Er hob das Gurkha-Messer auf. Ich hatte es im Kampf mit der Söldnerin verloren.
»Das gehört mir«, sagte ich.
Daac säuberte die Klinge und schob das Messer in seinen Gürtel. »Darüber verhandeln wir später. Gib Gas!«
Verhandeln? Das sollte wohl ein Scherz sein!
Ich drehte mich um, um ihm das Messer zu entreißen, doch er beschützte es mit seiner künstlichen Hand.
Irgendwann werde ich dir diese verdammte Hand abhacken!, nahm ich mir insgeheim vor.
Wir wiederholten die Fahrt drei weitere Male und brachten zehn Schamanen durch den Keller nach Mo-Vay. Es blieben also noch die letzten acht Schamanen und die Karadji.
Die Flammen schlugen jetzt immer höher aus den brennenden Gebäuden, und einige der Häuser waren bereits eingestürzt. Aus der Halle mit den Körperteilen drang der fürchterliche Gestank verbrannten Menschenfleischs.
Als ich das Quad vor dem Haus abstellte, wo die anderen auf uns warteten, trat Mei vor der Türe ungeduldig von einem Fuß auf den anderen.
»Dort drüben in der Halle wächst irgendetwas aus dem Dach heraus«, sagte sie. Die Hitze hatte ihr feine Schweißperlen auf die Stirn getrieben.
»Das ist ein Plasma-Netz – eine Art Pilz, der sich mit rasanter Geschwindigkeit ausbreitet. So etwas nennen die Leute hier Wilde Technologie«, erklärte ich. »Wir haben leider nur ein einziges Messer, mit dem wir das Zeug durchtrennen können.«
Anna Schaum gesellte sich zu uns. Sie hatte sich sehr verändert. Von der feinen, sanften Wissenschaftlerin, die ich einmal gekannt hatte, war nur noch ein zerrissenes, teures Kleid übrig geblieben, das an ihrem verschwitzten Körper klebte. Ich fragte mich, was Ike ihr angetan hatte. War Anna vergewaltigt worden? Ihre kalten Augen zeugten deutlich von den Narben, die ihre Seele davon getragen hatte.
»Ich mache diese Fahrt. Parrish, du bleibst hier, damit
Weitere Kostenlose Bücher