Partials 1 – Aufbruch
die
Gegner wirklich genug Mitglieder hatten, um einen ernsthaften Angriff vorzutragen
und einen echten Krieg vom Zaun zu brechen, dann waren sie eine größere
Bedrohung, als Kira es sich jemals ausgemalt hatte.
Das RM -Virus erwürgte die Menschen
langsam, immer einen nach dem anderen, und es gab keine nachfolgenden
Generationen. Ein Krieg konnte den kümmerlichen Rest der Menschheit binnen weniger
Wochen auslöschen.
Kira kuschelte sich tiefer in die Couch, überwand sich und schlief
endlich ein.
Am nächsten Morgen war sie müde und hatte steife Knochen.
Tovar führte sie zur Hintertür hinaus durch einen Irrgarten von Sicherungen:
über eine Behelfsbrücke, über die verwitterte Veranda eines anderen Hauses und
einen Kilometer weiter endlich auf die Straße. Der Regen hatte aufgehört, und
Dolly zog munter den Karren. Sie kamen gut voran. Kira beherrschte sich, wandte
sich nicht um und verdrängte die Vorstellung, hinter jedem Baum und jedem
Autowrack könnten hundert Stimmen lauern. Sie mussten
offen auf der Straße entlanggehen, um von den Suchtrupps der Abwehr bemerkt zu
werden, aber dabei fühlte Kira sich verletzlich und ungeschützt. Sogar Jayden
schien beunruhigt. Als die Sonne hoch am Himmel stand, legten sie eine
Mittagspause ein, und Kira trank ihren Wasservorrat aus, während sie die
zerstörten Häuser in der Nähe betrachtete. Nichts rührte sich. Sie massierte
sich die schmerzenden Füße und sah nach Lanier auf seiner Trage. Er war
bewusstlos und hatte hohes Fieber.
»Wie geht es ihm?«, fragte Gianna.
»Nicht so gut.« Kira seufzte. »Uns geht das Nalox aus, und er
bekommt wohl auch eine Infektion.« Sie suchte in der Sanitätstasche nach
Antibiotika und zog eine kleine Spritze auf.
»Ist es gut, dass er so tief schläft?«
»Berauschend ist es nicht«, erklärte Kira, »aber schlecht ist es
auch nicht. Unsere Schmerzmittel sind für Kampfeinsätze gedacht. Man kann ihm
eine Überdosis geben, ohne befürchten zu müssen, dass er stirbt. Die
Entzündungshemmer dagegen wirken wohl nicht richtig.« Sie verpasste ihm eine
volle Dosis des Antibiotikums. »Wenn uns die Verstärkungskräfte nicht bald
finden, wird es kritisch für ihn.«
Als Kira in der Ferne einen Pfiff hörte, blickte sie überrascht auf.
Jayden hatte es ebenfalls bemerkt. »Die Späher«, sagte er. »Sie haben jemanden
entdeckt.« Sie zogen sich in ein nahe gelegenes Haus zurück. Die Fenster waren
zerbrochen, und der Wind hatte genügend Erde hereingeweht, um neuen Pflanzen
zum Wachstum zu verhelfen. Der Kudzu hatte sogar schon das Sofa erobert. Kira
hockte sich hinter ein angeschlagenes Klavier, Lanier lag zitternd neben ihr.
Marcus fing ihren Blick ein und rang sich ein Lächeln ab.
Sie hörten einen zweiten Pfiff, dann eine Serie kurzer Pfiffe mit
der Bedeutung: Die Warnung bezog sich auf freundlich gesinnte Leute. Kira wollte aufstehen, doch Jayden winkte
ihr, unten zu bleiben.
»Wir vergewissern uns besser«, flüsterte er.
Gleich darauf rollte ein Wagen vorbei. Es war ein langer,
gepanzerter Anhänger, den sechs stampfende Pferde zogen. Jayden pfiff laut – Freunde nähern sich, nicht schießen! – und trat ins Freie.
Kira und Marcus trugen Lanier auf die Terrasse, wo ihnen ein zweites
Sanitäterteam zu Hilfe eilte. Kira informierte die Neuankömmlinge über den
Zustand des Verletzten, dann verteilten diese Wasser und Proteinriegel und
halfen dem Trupp zum Wagen.
Tovar führte Dolly hinter dem Haus hervor und schnitt eine
unglückliche Grimasse. »Erschießen die mich jetzt gleich oder erst nach der
Rückkehr?«
»Wenn Sie Glück haben, werden Sie überhaupt nicht erschossen«,
antwortete Kira.
Jayden salutierte vor dem Anführer des Rettungsteams. Die
Rangabzeichen konnte Kira nicht erkennen. »Danke, dass ihr uns abholt.«
Der andere Soldat salutierte ebenfalls. »Wir haben erst in ein paar
Stunden mit euch gerechnet. Ihr seid gut vorangekommen.«
»Der Händler dort hat uns sehr geholfen.« Jayden nickte in Tovars
Richtung. »Er hat den größten Teil unserer Ausrüstung in seinem Karren transportiert.«
Er trank einen Schluck Wasser und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
»Sonst haben wir niemanden gesehen. Falls uns jemand gefolgt ist, hat er sich
lieber nicht mit einer bewaffneten Streife der Abwehr angelegt.«
»Die verdammte Stimme !«, schimpfte der
Soldat. »Wir haben Späher ausgeschickt, die sich gründlich umsehen sollen. Eure
Explosion hat daheim für eine Menge Wirbel gesorgt. Wir
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