Partials 1 – Aufbruch
Stadt«, beharrte Xochi. »Und
wenn sie das tun, wozu sind sie dann sonst noch fähig?«
Es wurde still im Raum.
»Angriffe auf die Farmen«, fuhr Xochi fort. »Angeklagte Stimmen verschwinden mitten in der Nacht. Wir nehmen das
alles hin, weil es offenbar gute Gründe dafür gibt. Aber wenn das gar nicht
zutrifft? Wenn die Gründe, die wir zu kennen glauben, auf Lügen beruhen?«
»Ich arbeite seit fast einem Jahr als Assistentin für Senator Hobb«,
erklärte Isolde. »Ich versichere dir, dass ich keine gefährlichen Staatsgeheimnisse
hüte.«
»Du verteidigst Leute und weißt, dass sie die Bewohner von East
Meadow belügen«, sagte Xochi. »Und sie tun es viel zu erfolgreich, um Ersttäter
zu sein. Erstaunlich daran ist nur die Tatsache, dass ihr so überrascht seid.«
»Ich glaube, Xochi hat recht.« Kira spürte auf einmal ein Loch im
Bauch, das tiefer und dunkler wurde, je länger sie über Xochis Logik
nachdachte.
»Warum brennt ihr so darauf, diese Leute zu beschuldigen?«, fragte
Jayden. »Xochi, hör mal – es tut mir leid, dass deine Mutter ein solches
Miststück ist, aber der Senat besteht nicht nur aus ihr. Was ist mit der
Abwehr? Du redest auch über Leute, die uns verteidigen und unsere Sicherheit
garantieren. Sie sterben in der Wildnis, damit du mit beschrifteten Musikplayern
und leckerem Essen herumsitzen und jammern kannst, wie sehr du unterdrückt
wirst.«
»Mal abgesehen von unserem eigenen Fiasko«, gab Xochi hitzig zurück,
»wann ist das letzte Mal ein Soldat im Gefecht gefallen?«
»Im letzten Jahr beim Überfall der Stimme auf die Farmen in Hampton.«
»Woher weißt du, dass es tatsächlich die Stimme war?«, fragte Xochi.
»Warum sollte man uns anlügen?«
»Woher weißt du, dass es nicht nur ein unzufriedener Farmer war?«,
bohrte Xochi weiter. »Ein Mann, der sich weigerte, seinen Anteil zu schicken, worauf
die verdammte Abwehr von Long Island auszog, um ihm den Kopf zurechtzurücken.«
»Warum sollte man uns anlügen?«, wiederholte Jayden.
»Damit wir bei der Stange bleiben!«, rief Xochi. »Überleg doch mal,
was wir ertragen müssen – bewaffnete Soldaten auf der Straße, peinliche
Untersuchungen aller, die den Markt betreten und verlassen. Sogar einige Häuser
hat man schon durchsucht. Der Senat sagt Hopp , und
wir fragen, wie hoch wir springen müssen, weil man uns davon überzeugt hat,
dass die Stimme uns umbringt, wenn wir nicht
parieren. Unsere Jungs ziehen in den Krieg, unsere Mädchen werden schwanger.
Wir tun brav, was man von uns verlangt, und es ändert sich überhaupt nichts. Es
wird und wird nicht besser. Wisst ihr warum? Wenn es besser würde, müssten wir
nicht mehr auf diese Leute hören.«
Kiras Blick wanderte durch den Raum. Xochis Ausbruch hatte sie
schockiert, und die anderen empfanden ähnlich.
Jayden grollte ein wenig und stand auf. »Du bist doch verrückt«,
sagte er und ging zur Tür. »Ich habe Besseres zu tun, als meine Zeit mit
solchem Zeug zu verschwenden.«
»Blödmann«, murmelte Xochi und stürmte in die Küche.
Kira wandte sich an Isolde, die mit weit aufgerissenen Augen den
Blick erwiderte.
»Sie sind nicht böse«, sagte Isolde. »Ich arbeite jeden Tag mit
ihnen zusammen. Es sind ganz gewöhnliche Leute. Hobb bemüht sich wirklich, sein
Bestes zu geben.« Sie hielt inne.
»Du solltest morgen eine Waffe mitnehmen. Wir haben keine Ahnung,
wie stark die Partials sind oder wozu sie fähig sind. Hast du eine Handfeuerwaffe?«
Kira schüttelte den Kopf. »Ich bevorzuge Gewehre, aber ich lasse die
Waffen zu Hause. Im Labor nutzen sie mir sowieso nicht viel.«
»Ich gebe dir meine«, sagte Isolde. »Das Rathaus wimmelt von
Soldaten, und du bist gerade zur Wärterin eines hochintelligenten Killers
ernannt worden. Du brauchst sie eher als ich.«
Kira blickte aus dem Fenster auf die leere Straße. »Dann holen wir
sie am besten gleich«, schlug sie leise vor. »Die Party ist sowieso vorbei.«
Sie ging mit Isolde hinaus, blieb noch einmal auf der Veranda stehen und
wartete eine kleine Weile, ehe sie hinunterstieg und weiterging.
Marcus kam nicht.
Dr. Skousen führte Kira einen langen Flur entlang. »Dies war früher
die Quarantäneabteilung.« Er deutete auf die schwere Stahltür am Ende des
Gangs. »Wir haben sie seit Jahren nicht mehr benutzt. Die Hausmeister haben die
ganze Nacht geputzt. Ich fürchte, die Siegel sind nicht mehr so dicht wie
früher, aber die Bergungsteams machen Überstunden, um weitere medizinische
Lager,
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