Partials 1 – Aufbruch
garantiert
zur Räson.«
»Das macht mich nun aber erst richtig an«, sagte Isolde.
»Hör auf!«, schimpfte Jayden, worauf Xochi lachte.
»Aber warum soll ich die Untersuchung
leiten?«, wunderte sich Kira. »Es gibt Forscher mit größerer Erfahrung und
geschicktere Labortechniker …«
»Ich weiß«, sagte Xochi. »Jeder andere im Krankenhaus wäre besser
geeignet als du. Ist nicht persönlich gemeint.«
»Schon gut«, antwortete Kira. »Genau das meine ich doch.«
»Also«, fuhr Xochi fort, »denk mal darüber nach: Warum setzen sie
eine unerfahrene Studentin auf etwas so Wichtiges an? Entweder wollen sie, dass
nichts herauskommt, oder sie benutzen Kira als Sündenbock, wenn’s in die Hose
geht.«
»Es muss doch bessere Gründe als diese geben.« Kira war jedoch
selbst nicht recht davon überzeugt. Wieder blickte sie aus dem Fenster zur dunklen
Straße hinaus. Nichts.
»Ich glaube nicht, dass er kommt«, sagte Xochi.
Kira wandte sich rasch um. »Was? Nein, ich wollte nur … ich habe nur
die Bäume angesehen. Die offene Straße, die nicht von Panthern wimmelt und von
Giftefeu überquillt.«
»Die Welt auf der anderen Seite war ganz anders.« Jayden nickte.
»Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll.«
»Es liegt daran, dass dort niemand wohnt«, warf Isolde ein.
»Manhattan ist urtümlicher als Long Island, weil dort niemand die Tiere
verscheucht und die Pflanzen zertrampelt.«
Jayden lachte freudlos. »Auf Long Island leben vierzigtausend
Menschen«, wandte er ein. »Früher waren es Millionen. Manchmal glaube ich, die
Insel weiß nicht einmal, dass wir da sind.«
»Es ist nicht nur in Manhattan so«, fügte Kira hinzu. »In Brooklyn
haben wir einen Panther und eine kleine Antilope gesehen. Ein Kitz, höchstens
zwei Monate alt. Eines Tages werden überall dort Tiere herumstreunen, wo es
sonst von verrückten Zweibeinern wimmelte. Sie werden aus einem Fluss trinken,
zu den Wolken aufblicken und vergessen, dass sie uns überhaupt je begegnet
sind. Das Leben geht weiter. Es ist sinnlos, irgendwelche Dokumente zu
hinterlassen, weil niemand sie lesen wird.«
»Da ist aber jemand deprimiert«, sagte Jayden.
Xochi knuffte ihn. »Will noch jemand Fritten?«
»Oh, ich.« Isolde richtete sich auf. »Vergiss die Ausrottung. Ich
werde an dem Tag sterben, an dem uns das Frittieröl ausgeht.«
Xochi reichte ihr den Teller und stand auf. »Ich kann Für Antonio zu seiner Bar Mitzwa nicht mehr hören. Hat jemand einen Musikwunsch?«
»Phineas«, sagte Kira. »Nein – Nissyen. Der muntert mich immer auf.«
Xochi kramte im Korb mit den Playern herum und vergewisserte sich,
dass die Anlage noch mit Strom versorgt wurde. Isolde biss von einer Fritte ab,
deutete mit der verbliebenen Hälfte auf Kira und sprach mit vollem Mund.
»Ich glaube, du siehst Gespenster«, sagte sie. »Aber mal im Ernst,
das Ding hätte dich da draußen fast umgebracht, und jetzt musst du mit ihm
zusammenarbeiten.«
»Zusammenarbeiten würde ich das nicht nennen.«
»Jedenfalls hält es sich im gleichen Raum auf wie du«, schaltete
sich Xochi ein. Sie schob einen Player in den Verstärker – Für
Nissyen von Lisa –, und die rhythmische Technomusik setzte ein. »Du bist
die Eleganteste von uns.« Xochi setzte sich neben Isolde. »Aber du verschüttest
dein Essen wie ein besoffener Straßenhändler.«
»Vielleicht bin ich ein wenig beschwipst«, erklärte Isolde mit
ernster Miene und zielte mit der Fritte auf Xochi. Sie zog die Augenbrauen
hoch. »Senator Hobb hat mir Champagner angeboten.«
»Oh, lala«, warf Xochi ein.
»Vielleicht zur Feier des Tages, weil die Anhörung besser verlief
als erwartet?« Isolde hob die Schultern. »Jedenfalls wollte ich nicht ablehnen.«
»Aber sie haben nicht bekommen, was sie wollten.« Kira richtete sich
auf. »Vier dumme Gören haben sie gezwungen …« Sie hielt inne. »Es sei denn, sie
wollten von Anfang an genau das.«
»Einen lebenden Partial, den sie untersuchen können?«, fragte
Jayden.
»Ich weiß nicht«, erwiderte Kira. »Irgendwie passt das alles nicht
zusammen.« Sie blickte aus dem Fenster. Immer noch nichts.
»Werdet ihr eigentlich gar nicht misstrauisch?«, fragte Xochi. »Wenn
der Senat wirklich einen geheimen Plan verfolgt – was passiert dann noch alles,
wovon wir nichts wissen?«
»Du leidest an Verfolgungswahn«, wehrte Jayden ab. »Welche schrecklichen
Verschwörungen hecken die Leute deiner Meinung nach denn aus?«
»Sie verstecken einen Partial in der
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