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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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dass
sie den Atem angehalten hatte. Allerdings wusste sie nicht genau, ob sie sich
unter Mkeles Beobachtung sicherer oder unsicherer fühlen sollte. Sie trat an
dem gefesselten Partial vorbei ans Fenster.
    Sie befand sich im ersten Stock und blickte über breite Baumreihen
hinweg auf einen großen Parkplatz voller defekter Autos. Die meisten Parkplätze
der Stadt waren leer. Wenn ringsum die ganze Zivilisation zusammenbrach, gab es
kaum mehr Gründe, mit dem Auto herumzufahren. Das Krankenhaus war elf Jahre
zuvor jedoch überfüllt gewesen, und die Autos waren als gespenstische
Erinnerungen stehen geblieben.
    Ich muss eine Blutprobe nehmen, dachte Kira. Es gilt, mich auf die
anstehenden Aufgaben zu konzentrieren. Ich braucheBlut-
und Gewebeproben. Ich bin in ein Kriegsgebiet vorgestoßen, um einem feindlichen
Soldaten die Hand abzuschneiden. Also kann ich auch eine Probe von dem Wesen
nehmen, das drei Meter entfernt auf dem Tisch liegt.
    Sie kehrte zu den Reagenzgläsern zurück, die sie mitgebracht hatte.
Marcus’ Blutproben waren dabei. Erinnerungen an ihren ersten Versuch vor dem
Ausflug nach Manhattan, RM zu erforschen. Bevor sie
den Partial aufgegriffen hatten. Bevor Marcus sich rar gemacht hatte. Sie besaß
noch alle Daten, die sie aus der Blutprobe gewonnen hatte, die Zählungen der
Blutplättchen und der weißen Blutkörperchen, Glukose- und Elektrolytwerte,
Kalziumsättigung und die riesigen, beängstigenden Darstellungen der Viren.
Jeder Mensch war ein Überträger und vergiftete die eigenen Kinder, obwohl sich
die Partials längst zurückgezogen hatten. Waren auch die Partials Überträger?
War wirklich alles sinnlos gewesen?
    Sie holte tief Luft, wischte sich über das Gesicht und wandte sich
zu dem Partial um. Er war kein gesichtsloses Wesen hinter einem schwarzen
Visier, sondern ein Mann oder ein Bursche, kaum älter als sie selbst. Er war an
einen Tisch gefesselt. Da das Uniformhemd geöffnet war, konnte sie den
wohlgeformten, muskulösen Oberkörper sehen. Er hatte nicht die schwellenden
Muskeln eines Bodybuilders, sondern war einfach gut trainiert. Kräftig, schlank
und beweglich. Genetische Perfektion, wie Isolde es ausgedrückt hatte. Kira versuchte,
den Eifer wiederzufinden, der sie in Manhattan angetrieben hatte, und malte
sich aus, wie sie ihm zwecks näherer Untersuchung die Hand abhackte. Er hatte
braune Augen, genau wie sie selbst. Ruhig erwiderte er ihren Blick.
    Dr.   Skousen hatte gesagt, sie hätten den Partial gewaschen. Als Kira
genauer hinsah, entdeckte sie Flecken auf dem Gesicht und dem Kopf. Sie trat
vor, um alles näher zu betrachten, und beugte sich schließlich dicht über ihn,
um die Haut zu untersuchen. Es waren getrocknete schwarze Blutflecken, die den
Mund, ein Auge und das Ohr auf der anderen Seite umgaben. Sie strich das Haar
beiseite, hielt mitten in der Bewegung inne und ließ die Hand sinken.
    »Ich nehme an, sie haben dich geschlagen.«
    Der Partial schwieg und musterte sie nur mit seinen dunklen Augen.
Sein Zorn schien wie die Hitze eines Kanonenofens in Wellen von ihm auszustrahlen.
Sie riss sich zusammen und streckte die Hand aus. Dieses Mal wandte er sich ihr
zu, riss jäh den Kopf herum und kämpfte gegen die Fesseln an. Kira fuhr
unwillkürlich mit rasendem Herzen zurück und griff nach der Waffe. Doch sie zog
sie nicht, sondern legte nur die Hand darauf, um sich zu beruhigen. Schließlich
überwand sie sich, hielt sich betont aufrecht und trat wieder vor. Nach einer
Weile zog sie die Waffe doch noch und zeigte sie dem Partial.
    »Ich war in der Gruppe, die dich aufgegriffen hat«, sagte sie. »Ich
will dir nicht drohen. Ich sage dir nur, dass ich es ernst meine. Wir haben
fünf Tage, und wenn du die Zeit mit Kämpfen verbringen willst, bin ich bereit.«
    Er beobachtete sie mit kalten, harten Augen, als suchte er nach
einem Schwachpunkt, auf den er losgehen, nach einer Lücke in ihrer Verteidigung,
durch die er schlüpfen könnte …
    … aber hinter den kalten Augen hatte er Angst. Das erkannte sie
deutlich, wenn sie ihn ansah. Er hatte noch nie so große Angst gehabt. Sie wich
einen Schritt zurück und begutachtete die Situation aus seiner Sicht. Er war
allein, ein Kriegsgefangener. Man hatte ihn geschlagen, angekettet und auf
einen Operationstisch gelegt, und jetzt zielte eine junge Frau mit einer Waffe
auf ihn.
    Kira betrachtete die Pistole und steckte sie weg. »Falls du es nicht
schon gemerkt hast, die meisten Leute hier haben große Angst vor dir.

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