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Partials 1 – Aufbruch

Partials 1 – Aufbruch

Titel: Partials 1 – Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Wir
wissen nicht, wozu du imstande bist und wie du funktionierst. Soweit wir es
sagen können, bist du eine wandelnde biologische Waffe.«
    Sie hielt inne und wartete, doch er schwieg. Mit einer Geste
forderte sie ihn auf, ihr zu antworten. Als er nicht reagierte, seufzte sie. Im
Grunde wusste sie selbst nicht genau, was sie erwartet hatte.
    Er beobachtete sie genau, und nun kam sie sich vor wie ein Käfer
unter der Lupe. Wer erforschte hier eigentlich wen?
    »Also gut«, sagte sie. »Wenn du nicht reden willst, soll es mir
recht sein. Ich glaube, in deiner Lage würde ich auch nicht viel sagen, aber
andererseits weiß ich nicht, ob ich mich beherrschen könnte. Menschen sind sehr
soziale Wesen. Wir unterhalten uns gern, um ein Gefühl von …«
    »Du redest zu viel.«
    Kira hielt inne und riss die Augen auf. Die Stimme klang rau und
heiser, nachdem er sie mehrere Tage lang nicht benutzt hatte. Soweit sie es
sagen konnte, hatte er seit der Gefangennahme kein Wort gesprochen, und seitdem
waren weit mehr als fünfzig Stunden vergangen. Im ersten Moment dachte sie, sie
habe nicht recht gehört. Der erste Mensch, der seit elf Jahren mit einer
anderen Spezies spricht, und er sagt mir, ich soll die Klappe halten, fuhr es
ihr durch den Kopf. Als der anfängliche Schock abgeklungen war, musste sie fast
lachen.
    »In Ordnung.« Sie nickte. »Aber ich will dir erklären, was ich tun
werde. Die meisten Tests hier werden mit Sensoren durchgeführt und sind nicht invasiv.
Wir betrachten deine Organe und so weiter …« Er schloss die Augen und zeigte
ihr deutlich seine Missachtung. Sie ließ den Satz unvollendet. »Na schön, also
bekommst du keine medizinischen Erklärungen.« Kira trat zu einem Schrank,
durchsuchte die Schubladen und kehrte mit einem sterilisierten Glasröhrchen und
einer Handvoll kleiner Instrumente zurück. »Ich will dich aber wenigstens
warnen. Der Fingerpikser tut ein bisschen weh. Nichts Schlimmes, es ist nur
eine zwei Millimeter lange Nadel, die mit einer Feder gespannt wird. Kann ich
jetzt deinen Finger nehmen, oder wollen wir wieder kämpfen?«
    Er öffnete die Augen, bemerkte den Pikser und erwiderte Kiras Blick,
zögerte und öffnete endlich die Faust.
    »Danke.« Sie träufelte einige Tropfen Äthanol auf einen Wattebausch,
mit dem sie ihm den Zeigefinger abrieb. Seine Hand fühlte sich fest und warm
an. Der Pikser war ungefähr so groß und so geformt wie ein Behälter mit
Zahnseide. Sie presste ihn auf die Fingerspitze. »Achtung!«
    Er zuckte fast unmerklich zusammen. Die Nadel stach in die
Fingerspitze, und sie zog das Gerät rasch weg und presste ein dünnes
Glasröhrchen gegen die kleine Wunde. Nur langsam füllte sich der Behälter mit
Blut, viel langsamer als gewöhnlich. Sie quetschte seinen Finger, um mehr
herauszubefördern. Der Blutstrom hörte auf, ehe das Röhrchen gefüllt war.
    »Vielleicht ist dein Blutdruck sehr niedrig«, überlegte sie, während
sie mit gerunzelter Stirn das Röhrchen verschloss. »Gewöhnlich kann ich zwei
Teströhrchen mit einem Finger füllen. Es sei denn …« Sie sah genauer hin und
bemerkte, dass das Blut in dem Röhrchen bereits gerann. Dann untersuchte sie
den Finger und drückte vorsichtig auf die winzige Verletzung. Sie hatte sich
bereits wieder geschlossen. »Erstaunlich«, flüsterte sie. Sie hob das
Glasröhrchen hoch. Das Blut war schon rotbraun verfärbt und gerann blitzschnell,
bis an beiden Enden ein fester kleiner Schorf entstand.
    Neugierig musterte sie den Partial, der sich jedoch ausschwieg.
    Einem ersten Impuls zufolge wollte sie ihn noch einmal stechen und
dieses Mal eine tiefere Wunde erzeugen, aber dann verwarf sie den Gedanken
ebenso schnell, wie er aufgekommen war. Sie wollte ihn nicht quälen, und ob
seine Wunden rasch verheilten oder nicht – er empfand jedenfalls Schmerzen. Das
Zusammenzucken beim Stechen war Beweis genug gewesen. Nein, sie brachte es
nicht über sich, ihm wehzutun, nur um seine Reaktionen zu testen.
    Trotzdem … wollte der Senat nicht genau das? War sie nicht genau
dazu hier? Sie würde ihn nicht unbedingt aufschneiden, aber man hatte ihr aufgetragen,
ihn zu untersuchen, und wenn die Widerstandskraft der Partials gegenüber RM auf einem starken Selbstheilungsvermögen beruhte, dann
musste sie die Grenzen seiner Selbstheilungskräfte erkunden und feststellen,
wie sie, wenn überhaupt, diese Fähigkeit für ihre eigenen Zwecke nutzen konnte.
Wenn sie die Antwort anderswo nicht fand, musste sie an dieser

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