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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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eher noch später. Sie müssen nochmal mit ihr reden… Sie muss sich doch erinnern.»
    «Und wo waren Sie danach?»
    «Ich bin nach Hause gefahren.»
    «Nach Hause, natürlich.Alleine, nehme ich an. Besitzen Sie eine Waffe?»
    Werner Heubach zögerte mit seinerAntwort eine Sekunde zu lange.
    Marthaler war aufgestanden: «Gut, Herr Heubach, ich glaube, das reicht. Ich denke, es ist besser, wir unterhalten uns auf dem Präsidium weiter…»
    Der kleine Mann gab einen Laut von sich, der sich anhörte wie das Fiepen seiner Hunde. «Ja… ich besitze eine Waffe. In der Nachbarschaft ist schon mehrmals eingebrochen worden. Ich habe mir eine Pistole gekauft.Aber ich habe noch nie mit ihr geschossen. Ich weiß nicht einmal, wie sie funktioniert.»
    Heubachs Hände flatterten. Der Mann war nur noch ein Nervenbündel. Und Marthaler hatte ihn dort, wo er ihn haben wollte.
    «Verstehen Sie doch… ich war niemals auf diesem Boot. Ich habe nichts getan.»
    Marthaler tat, als würde er ernsthaft über Heubachs Beteuerung nachdenken.
    «Immerhin sind Sie geflohen, als ich mit Ihnen reden wollte. Immerhin haben Sie mich fast überfahren.»
    Er wartete auf eine Reaktion des kleinen Mannes, aber es kam nichts. «Gut», sagte er schließlich, «tun wir so, als würde ich Ihnen glauben. Tun wir, als würde ich Sie für unschuldig halten. Dann erzählen Sie mir jetzt bitte, was Sie und Joachim Morlang vorhatten, was war das für ein Deal, den Siebeide durchziehen wollten?»
    Heubach schien fast dankbar zu sein über die Wendung, die das Gespräch jetzt nahm.
    «Es ging um die Noten. Wir wollten sie von der Französin kaufen.»
    «Wollen Sie mir erzählen, dass Sie alte Handschriften sammeln?»
    Heubach schaute Marthaler an, als habe er einen Idioten vor sich. Dann ließ er wieder sein nervöses Lachen hören.
    «Was reden Sie denn da? Es geht nicht um Handschriften; es geht um dieAufführungsrechte.»
    «Dann erklären Sie es mir so, dass ich es verstehe.»
    «Ich arbeite als Justiziar für Scholz & Beckstein, einen Musikverlag mit Sitz in Wiesbaden. Was meinen Sie, was bei uns los war, als wir Mitte der Woche erfuhren, dass diese Offenbach-Partitur gefunden wurde. Unser Haus glich einemAmeisenhaufen. Und so hat es wahrscheinlich in den meisten Musikverlagen ausgesehen. Die Nachricht hat bei allen Kollegen Goldgräberstimmung ausgelöst. Sofort begann ein fröhliches Rattenrennen um die Rechte.Alle wollten Kontakt zu dieser Französin aufnehmen. Das Geheimnis einer Sommernacht wird auf der ganzen Welt gespielt werden,so viel ist sicher. Wer auch immer die Rechte am Ende kaufen wird, es wird ihn reich machen.»
    «Was heißt das in Zahlen?», fragte Marthaler. «Um wie viel Geld geht es dabei?»
    HeubachsAugen leuchteten, seine Begeisterung wirkte echt. Es schien ihm Spaß zu machen, an diesem Rattenrennen teilzunehmen.
    «Um Millionen», sagte er. «Sicher um einige Millionen. Je nachdem, wie gut die Operette ist und wie oft sie zurAufführung kommt.»
    «Und welche Rolle sollte Morlang spielen?»
    «Ich wusste, dass die Geschäftsführer von Scholz & Beckstein einen Termin mit der Französin hatten.Aberwir wollten schneller sein; wir wollten auf eigene Rechnung arbeiten. Morlang sollte der Französin einen riesigen Betrag als Kaufsumme in Aussicht stellen. Einen Betrag, der alle Konkurrenten ausgestochen hätte, den wir aber niemals hätten aufbringen können. Wichtig war nur, dass Morlang ihr eine Kopie der Noten hätte abschwatzen können. Eine Kopie, die wir angeblich zu Prüfzwecken gebraucht hätten.»
    Marthaler sah den kleinen Mann ratlos an. «Aber was hätte Ihnen das genutzt? Was hätten Sie mit einer solchen Kopie anfangen können?»
    Heubach war aufgesprungen. Er lief jetzt in dem riesigen leeren Zimmer auf und ab.
    «Alles!», rief er. «Eine Kopie war alles, was wir brauchten. Sehen Sie: Jacques Offenbach ist 1880 gestorben. Das Urheberrecht auf seine Arbeiten ist längst erloschen. Wenn aber nun ein bislang unbekanntes, altes Werk entdeckt wird, kann derjenige, der es gefunden hat, die Rechte erneut für fünfundzwanzig Jahre beanspruchen. Der Trick dabei ist allerdings, dass man das Werk auch öffentlich zugänglich macht, dass man die Noten druckt oder die Operette aufführt. Nur dann gilt man als der Entdecker.»
    «Ziemlich kompliziert», sagte Marthaler.
    Heubach baute sich vor ihm aufund fuchtelte mit den Armen. Offensichtlich bereitete es ihm Freude, seineGewitztheit unter Beweis zu stellen. «Ja, und weil es

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