Partitur des Todes
helfen.
«Aber dir ist klar, dass du damit…»
«Ich habe eine Urkunde gefälscht. Ich habe dich und Elvira betrogen. Und ich kann euch nur um Verzeihung bitten.»
«Ja», sagte Marthaler zögernd. «Du wolltest etwas Richtiges und hast deshalb etwas Falsches getan.»
«Und was machen wir jetzt?»
Marthaler überlegte. «Nichts», sagte er schließlich. «Manfred wird entlassen, dasist damit klar.Aber sonstmachen wir nichts. Wir vergessen das Ganze. Ich hoffe nur, dass Elvira die Krankmeldung noch nicht weitergegeben hat.»
Kerstin atmete hörbar auf. «Danke. Und jetzt lass uns ins Konferenzzimmer gehen. Die anderen warten schon.» Als sie Marthalers Büro verließen, kam ihnen Charlotte von Wangenheim entgegen. Sie hatte eben erst das Weiße Haus betreten. Sie hieltden City-Express in die Höhe und schaute ihre Kollegen an: «Was ist das für eine Geschichte? Kann mir das irgendwer erklären? Wer ist diese Eva Helberger?»
Marthaler hob beide Hände: «Deswegen sind wir hier. Ich weiß so viel wie du. Oder noch weniger. Ich bin gerade erst gekommen.»
Sie hielt ihm die Zeitung entgegen. «Dann lies das bitte! Ich fürchte, es gibt Klärungsbedarf.»
«Nein», sagte er, «lass uns reingehen. Ich will, dass wir alle gemeinsam darüber reden.»
Sie setzten sich an den Konferenztisch, wo Döring und Liebmann bereits auf der einen, Delius und Becker auf der anderen Seite Platz genommen hatten. Jeder schaute den anderen an.Alle schienen darauf zu warten, dass irgendwer das Wort ergriff.
«Also», sagte Marthaler, «ich denke, es ist dringend. Irgendjemand muss anfangen.»
Schließlich war es Kai Döring, der sich in der Pflicht sah. «Heute Morgen ist eine weitere Sondernummer des City-Express erschienen», sagte er. «Sie machen einen Riesenaufstand. Sie haben Eva Helberger ausfindig gemacht. Sie haben mit ihr gesprochen und ein Foto von ihr veröffentlicht.Außerdem haben sie mit ihr zusammen ein Phantombild des Täters erstellt. Sie sagt, dass sie den Mann auf jeden Fall wiedererkennen würde. Damit sind die Zeitungsleute weiter als wir. Jetzt werfen sie uns schlampige Arbeit vor, weil wir den Hinweis einer Zeugin ignoriert haben.»
«Entschuldigt, aber ich verstehe gar nichts», sagte Charlotte von Wangenheim. «Ich habe die Zeitung gelesen.Aber die Geschichte mit dieser Helberger kann doch nur eine Ente sein. Ich höre den Namen zum ersten Mal.»
Alle sahen, wie sich Dörings Gesicht rötete und seine Sommersprossen zu glühen begannen.
Marthaler beschloss, ihm aus der Klemme zu helfen. «Leider nein. Es ist keine Ente. Eva Helberger hat sich am Donnerstag gemeldetund von einem verdächtigen Mann berichtet. Jetzt wissen wir, dass sie einige Stunden vor den Morden wahrscheinlich den Täter gesehen hat. Wir sind dem Hinweis nicht nachgegangen, weil die Frau drogenabhängig ist und ständig auf den Revieren anruft und unsere Leute von derArbeit abhält. Diesmal war es anders. Diesmal hat sie offensichtlich einen Volltreffer gelandet. Wir versuchen seit Freitagmorgen, sie zu erreichen; sie ist verschwunden.»
Marthaler fürchtete, dass Charlotte von Wangenheim einen Wutanfall bekäme. Stattdessen reagierte sie gelassen. «Verstehe», sagte sie. «So etwas passiert, wenn man sich auf das Wesentliche konzentrieren muss. Dass es ein Fehler war, weiß man erst hinterher. Und dass sie das jetzt versuchen auszuschlachten, darf uns nicht kümmern. Wir machen die Arbeit, nicht die Zeitungsredakteure.»
Alle atmeten durch. Dass ihre neue Chefin anders reagiert hatte als angenommen, war ein weiterer Beweis dafür, dass sie nicht bereit war, die Ermittlungsarbeit unter der Politik leiden zu lassen.
«Dass wir jetzt ein Phantombildhaben und dass es bereits veröffentlicht ist, kann uns helfen», sagte Marthaler. «Vorausgesetzt, das Bild taugt etwas. Trotzdem müssen wir so schnell wie möglich mit der Frau sprechen.»
«Dazu müssten wir wissen, wo sie ist», sagte Döring. «Wir waren vorhin nochmalbei ihrer Wohnung. Weder öffnet sie, noch geht sie ans Telefon. Sieht ganz so aus, als sei sie noch immer verreist.»
«Wenn der City-Express weiß, wo sie sich aufhält, werden wir es ja wohl auch in Erfahrung bringen können», erwiderte Charlotte von Wangenheim und schaute in die Runde.
Sven Liebmann schüttelte den Kopf. «In demArtikel steht, dass sie es war, die sich an die Zeitung gewandt hat. Bei uns wird sie sich allerdings bestimmt nicht mehr melden. »
«Dann werden uns eben die Leute in der Redaktion
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