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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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nicht so ganz einfach ist, weiß kaum jemand etwas davon. Man spricht von der ‹editio princeps›,geregelt in Paragraph 71 des Urheberrechtsgesetzes. Selbst die meisten Verlage sind ahnungslos. Sie glauben, in langwierige Verhandlungen eintreten zu müssen, dabei…»
    «…dabei reicht es, sich die Noten unter den Nagel zu reißen und das Werk auf irgendeine Weise öffentlich zu machen, schon wirdman zum Inhaber der Rechte.»
    Heubach schenkte Marthaler ein dankbares Lächeln. «So ähnlich… Sie haben es verstanden.»
    «Trotzdem hätten Sie erklären müssen, wie Sie an die Noten gekommen sind.»
    Fast genüsslich wiegte der kleine Mann seinen Kopf hin und her und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. «Morlang hätte mir die Kopie übergeben und wäre wieder in der Versenkung verschwunden. Ich hätte die Noten drucken lassen und rasch eine kleineAufführung organisiert.Auf Nachfragen hätte ich behauptet, vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt eine zweite Handschrift gekauft zu haben, die aber bedauerlicherweise bei einem Wasserschaden oder einem Zimmerbrand vernichtet worden sei.»
    «Und Sie meinen, das hätte man Ihnen abgenommen?», fragte Marthaler.
    «Ich weiß von einem Fall, wo es genauso gelaufen ist. Die Richter mussten es abnicken, weil man etwas anderes nicht beweisen konnte.»
    Marthaler war ans Fenster getreten und schaute hinaus auf die braune Dreckwüste, die sich hinter dem Haus erstreckte. Noch einmal ging er im Kopf alles durch, was Werner Heubach ihm erzählt hatte. Dann drehte er sich zu ihm um. «Ja», sagte er. «Hört sich an, als ob es so hätte funktionieren können.»
    Werner Heubach grunzte zufrieden. Er stand nun ebenfalls am Fenster und schaute nach draußen. «Es wargenial. Es war nahezu genial.»
    «Was man so genial nennt», sagte Marthaler. «Wenn Siemir jetzt noch erklären können, warum Joachim Morlang und die vier anderen Leute sterben mussten?»
    Heubachs Hochstimmung der letzten Minuten verflog von einer Sekunde zur anderen. Wieder duckte er sich unter Marthalers Blicken weg, wieder verlor er die Kontrolle über seinen Körper und begann zu zucken.
    Allerdings wuchs in Marthaler mehr und mehr der Verdacht, dass es sich dabei um eine Taktik handelte, mit der Heubach versuchte, sich vor seiner Umgebung zu schützen. Wahrscheinlich war es ein Training, das er seit seiner Kindheit absolvierte. Weil er klein war, fühlte er sich unterlegen. Weil er sich unterlegen fühlte, machte er sich noch kleiner, in der Hoffnung, dass man ihn schon in Ruhe lassen werde, wenn er bloß schwach genug wirkte.
    «Nein… Herr Hauptkommissar. Ich… ich… weiß es nicht. Ich habe darüber nachgedacht. Es ergibt keinen Sinn. Niemand, der ein Interesse an den Noten hat, würde so etwas tun. Es wäre sinnlos. Wer die Operette auf diese Weise in seinen Besitz bringen würde, könnte sie niemals aufführen lassen. Es wäre genauso, als würde er ein Schuldgeständnis unterschreiben.»
    «Also?»
    Heubach schaute Marthaler aus seinen kleinen Augen von unten herauf an. Immer wieder zwinkerten seineLider: «Ich… ich… weißnicht. Ich glaube, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Partitur und die Morde, das gehört nicht zusammen. Vielleicht war es einfach ein Zufall.»
    «Mein Gott, was reden Sie denn da?», herrschte Marthaler ihn an. «Was reden Sie für einen unglaublichen Müll?»
    Dann ließ er den anderen stehen und ging zur Tür.
    «He, wo wollen Sie hin? Was wird jetzt mit mir?», rief Heubach ihm nach.
    Marthaler wandte sich noch einmal um. «Jedenfalls werden Sie fürs Erste nicht verreisen», sagte er. «Vielleicht hören Sie wieder von mir. Vielleicht aber auch nicht. Damit müssen Sie leben. Mit sich selber müssen Sie ganz alleine fertig werden.»
     

Achtundzwanzig
    Er kam an Hotschis Haus vorbei und schaute hoch zu den Fenstern im zweiten Stock, hinter denen der junge Vietnamese mit seinergroßen Familie wohnte. Zwei der älteren Kinder saßen auf der Fensterbank, hatten ihre Köpfe an die Scheibe gelehnt und schauten hinunter. Obwohl er wusste, dass sie ihn nicht erkennen würden, winkte Marthaler ihnen von seinem Fahrrad aus zu.
    Hinter dem Preungesheimer Gefängnis bog er ab in eine kleine Stichstraße, die den Namen Auf der Platte trug. Erst kürzlich hatte er in der Zeitung gelesen, dass es hier schon seit langer Zeit eine Gedenkstätte gab für die Widerstandskämpfer, die in dem alten Zuchthaus von den Nazis ermordet worden waren.
    Er stieg vom Rad und begann

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