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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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schmaler, langer Schlauch…»
    «Ich kenne den Laden», unterbrach ihn Marthaler. «Ich weiß, wie es dort aussieht.»
    «Ein schmaler, langer Schlauch», fuhr Liebmann unbeirrtfort, als wolle er sich den Ort des Geschehens selbst vergegenwärtigen, «in dem mehrere lange Regalreihen dicht nebeneinanderstehen. Das Ganze ist ziemlich unübersichtlich, jedenfalls von hier aus. Ob es Hinterräume, Toiletten, Büros oder Ähnliches gibt, weiß ich noch nicht. Wir sind erst seit zehn…», er senkte den Blick und schaute kurz auf seine Armbanduhr, «…seit noch nicht einmal zehn Minuten hier.»
    «Und ihr seid euch sicher, dass es sich bei dem Mann um Stipe Pavelic handelt?»
    «Darüber weiß ich nichts», erwiderte Liebmann. «Jedenfalls sagt das Charlotte. KeineAhnung, wo sie die Information her hat. Seit deinem letztenAnruf hatten wir keine Zeit für Konferenzen.Aber ich denke, sie wird gleich hier sein.»
    «Habt ihr eine Vorstellung, was er hier will?»
    «Verdammt, Robert, was willst du noch alles wissen? Mein Informationsvorsprung beträgt knappe zehn Minuten.Aber freiwillig ist der Typ hier sicher nicht.Als du gesagt hast, dass er auf derA 661 in Richtung Frankfurt fährt, haben wir sofort einen Ringalarmausgelöst. Wir haben sämtliche Einsatzkräfte aus der gesamten Umgebung mobilisiert. Eine größere Sofortfahndung dürfte es in Frankfurt noch nie gegeben haben. Etwa in Höhe des Unfallkrankenhauses hatte ihn einer unserer Hubschrauber geortet. Er ist bis zum Kaiserlei gekommen, dort hat ihn ein Streifenwagen abgedrängt und gezwungen, die Autobahn zu verlassen. Dann ging die Jagd über Sachsenhausen kreuz und quer durch die Innenstadt. Wir haben die Schlinge immer enger gezogen. Wie er es überhaupt bis hierher geschafft hat, ist mir ein Rätsel.Aber vor demYuan Fa war dann Schluss. Drei unserer Wagen waren direkt hinter ihm. Hier hat er sein Wohnmobil verlassen, hat sich hinter seiner Geisel verschanzt und ist in den Laden geflüchtet.»
    «Was machen wir jetzt?»
    Liebmann zuckte mit den Achseln. «Es ist wie immer: Wenn das Wild in der Falle sitzt, gibt es eine kurze Verschnaufpause.Auch Pavelic wird nicht sofort etwas unternehmen. Jetzt können wir überlegen, was zu tun ist. Wie lange wir dazu Zeit haben, weiß niemand.»
    «Meinst du, er wird Forderungen stellen?»
    «Darauf kannst du dich verlassen. Und er hat so viele Trümpfe in der Hand, wie er Geiseln hat.»
    Marthaler schaute an Liebmann vorbei auf den Eingang des Nachbarhauses. Eine junge Frau war aus der Tür getreten und schaute sich um. Dann begann sie zu rennen. Zwei Schutzpolizisten sahen ihr nach. Niemand reagierte.
    «Was macht ihr denn?», rief Marthaler. «Wieso hält niemand das Mädchen auf?»
    Dann spurtete er los. Die Frau hatte die Fahrbahn überquert und war in die Weserstraße gelaufen. Sie hatte mehr als fünfzig Meter Vorsprung.
    Marthaler schnaufte. Schon jetzt war er außerAtem. Wieder merkte er, dass seine Kondition unzureichend war. Jetzt rächte es sich, dass er in letzter Zeit zu wenig Sport getrieben hatte.
    DerAbstand zwischen ihnen vergrößerte sich.Als sie die Niddastraße erreicht hatte, drehte sie sich kurz nach ihm um. Dann stieß sie mit einem Mann zusammen, der gerade auf dem Bürgersteig um die Ecke kam.Sie geriet ins Straucheln,knickte um und fiel hin.
    Bevor Marthaler sie erreicht hatte, war sie schon wieder auf den Beinen.Aber sie konnte nicht mehr rennen. Humpelnd ging sie noch ein paar Meter weiter, dann gab sie auf. Sie bückte sich und rieb mit schmerzverzerrtem Gesicht ihren Knöchel.
    Fünf Meter vor ihr blieb Marthaler stehen. «Ihnen passiert nichts», sagte er. «Ich bin Polizist. Ich will nur mit Ihnen reden. Sprechen Sie deutsch? Verstehen Sie mich?»
    Das Mädchen begann zu weinen.
    «Brauchen Sie Hilfe?», fragte Marthaler. «Soll ich einen Krankenwagen anfordern?»
    Die junge Frau schüttelte heftig den Kopf. «Nein», sagte sie unter Schluchzen. «Ich hatte nur solcheAngst.»
    Marthaler ging auf sie zu. Er legte ihr eine Hand auf den Oberarm. «Sie waren in dem Laden, nicht wahr?»
    Sie nickte.
    «Ich heiße Robert Marthaler. Wollen Sie mir Ihren Namen sagen?»
    «Ich bin Kim aus Gwangju.»
    «Das liegt in Korea?»
    «Ja», sagte sie. «Eine Stadt im Südwesten. Sie ist fast dreimal so groß wie Frankfurt.»
    «Heißen nicht alle Koreaner Kim?»
    Obwohl ihr immer noch Tränen über die Wangen liefen, lachte sie. Dann schlug sie rasch die Hand vor den Mund. «Ja», sagte sie,«fast alle. Ich

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