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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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angekommen war, begann er zu rufen. «Stopp, warten Sie, ich muss mit dem Mann reden.»
    Ein Sanitäter drehte sich zu ihm um, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ab. Sonst nahm niemand Notiz von ihm.
    «Lassen Sie mich bitte durch!»
    «Verdammt nochmal, was soll das Geschrei?» Eine Ärztin hockte neben dem am Boden liegenden jungen Türken, der künstlich beatmet und durch Infusionsschläuche mit Medikamenten versorgt wurde. Sie schaute kurz zu Marthaler hoch. «Geben Sie Ruhe, Mann!», sagte sie. Eine Sekunde später schien sie ihn bereits vergessen zu haben.
    Marthaler unternahm einen letzten Versuch: «Hören Sie, Erkan Önal ist unser einziger Zeuge. Wenn es eineChance gibt, ihm ein paar Fragen zu stellen…»
    Weiterkam er nicht. Jemand packte ihn amArm. Er sah in dieAugen einer jungen Sanitäterin. «Der Mann kann nicht reden. Er ist nicht bei Bewusstsein. Kapieren Sie das endlich?» Ihre Stimme war leise, aber scharf. «Dass er überhaupt noch lebt, ist ein Wunder. Und jetzt halten Sie gefälligst Ihren Mund.»
    Marthaler wollte gegen den Ton der Frau protestieren, aber sie kam ihm zuvor.
    «Gibt es für Sie hier noch etwas zu tun?»
    Marthaler schüttelte den Kopf. Beschämt sah er zu Boden. Er merkte, dass er zu weit gegangen war.
    Die Frau setzte noch einmal nach. «Dann weg hier, verdammt nochmal. Verschwinden Sie! Was haben Sie dann noch hier zu suchen? Der Mann kann nicht reden.»
    Erschrocken schaute Marthaler die Sanitäterin an. Erst jetzt erkannte er, dass es dieselbe war, die er ein paar Stunden zuvor mit ähnlichen Worten von Erkan Önals Restaurantboot vertrieben hatte.
    «Entschuldigen Sie», sagte er. «Ich wollte mich nicht in IhreArbeit einmischen.»
    Die Frau zog die Stirn in Falten. Immerhin schien sie seine Entschuldigung anzunehmen.
    «Haben Sie einen Moment Zeit?», fragte er. «Können wir reden?»
    Die Sanitäterin lächelte. «Das hört sich schon anders an.Aber, bitte! Wir reden ja bereits.»
    Sie entfernten sich ein paar Meter von der Gruppe; dann stellte Marthaler seine Fragen: «Was ist mit dem Mann geschehen? Lässt sich absehen, wann er wieder zu Bewusstsein kommen wird? Wann kann ich mit ihm reden?»
    «Ich weiß es nicht. Ich bin keine Ärztin. Trotzdem werde ich versuchen, Ihnen zu antworten. Wir haben ihm ein Narkosemittel gegeben. Es ist wichtig, dass er nicht zu Bewusstsein kommt. Er hat eine Schussverletzung im Oberkörper; außerdem hat er viel Blut verloren.»
    «Das heißt, Sie haben ihn in ein künstliches Koma versetzt?»
    «Ja. Man tut das, um Panikreaktionen nach einer schweren Verletzung zu vermeiden. Der Körper des Patienten muss entlastet werden. Erst einmal wird man den Mann jetzt operieren müssen. Erst dann kann man weitersehen.»
    «Das heißt?», fragte Marthaler.
    «Das heißt, dass es für eine Prognose zu früh ist. Je nachdem, wie der Heilungsprozess verläuft, wird man ihn danach versuchsweise und für kurze Zeit aus dem Koma aufwachen lassen.Aber selbst dann werden Sie noch nicht mit ihm sprechen können. Viele Patienten haben nach einer solchen Langzeitnarkose Halluzinationen, eine Folge der zugeführten Medikamente.»
    Marthaler nickte. «Es wird sich also um mehrere Tage handeln?»
    «Oder um Wochen. Je nachdem. Wenn er überlebt.»
    «Haben Sie eine Vorstellung, wie Erkan Önal auf diese Insel gekommen ist?»
    In den Augen der Frau blitzte Spott auf. «Der Polizist sind Sie, nicht ich.»
    «Aber Sie haben eine Idee?»
    «Ich nehme an, dass er versucht hat zu fliehen. Dass er über Bord gesprungen ist. Ich habe die Schusswunden der anderen gesehen; die Opfer sind aus nächster Nähe getroffen worden. Bei ihm hier…» – sie machte eine Kopfbewegung in Richtung der Trage – «…sieht es so aus, als habe die Kugel nicht mehr eine so große Kraft gehabt. Er war vielleicht schon im Wasser, als man vom Boot aus auf ihn geschossen hat.»
    «Und dann hat er sich auf die Insel retten können, meinen Sie?»
    Die Sanitäterin zuckte mit den Achseln. «Jedenfalls könnte es so gewesen sein.»
    Marthaler stimmte zu. Die Frau hatte recht. Eine andere Erklärung gab es nicht.
    «Darf ich Ihnen jetzt auch eine Frage stellen?»
    «Natürlich, bitte, fragen Sie», sagte Marthaler.
    «Warum tut jemand so etwas? Warum erschießt jemand fünf Menschen, die friedlich beim Essen sitzen?»
    Nun war es Marthaler, der die Mundwinkel verzog. «Hören Sie, wenn ich es wüsste, dürfte ich es Ihnen nicht sagen.Aber ich weiß es nicht. Ich habe nicht die

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