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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Und vor mir waren die Sanitäter drin…»
    «Es war ein Witz, Robert. Was ich sagen will: Wahrscheinlich hat er zuerst den Dicken umgebracht, dessenLeiche wir im Gang gefunden haben. Möglicherweise hat es zwischen den beiden eineAuseinandersetzung gegeben. Der erste Schuss hat ihm die Halsschlagader aufgerissen, der zweite hat ihn ins Herz getroffen. Es sieht so aus, als sei der Täter dann Richtung Ausgang gelaufen, habe sich noch einmal umgedreht, um dann die vier anderen zu töten. Wann es Erkan Önal erwischt hat, kann ich dir nicht sagen.»
    «Aber der, den du den Dicken nennst, war offensichtlich nicht alleine», sagte Marthaler. «Bei ihm am Tisch hat noch jemand gesessen. Es war noch eine weitere unbekannte Person auf dem Schiff.»
    Schilling verdrehte die Augen. Marthaler sah ihn fragend an: «Habe ich was Falsches gesagt?»
    «Allerdings. Wir haben es nichtmit einem Schiff zu tun, sondern mit einer wunderschönen, alten Pénichette.»
    «Mit was?»
    «Einer Pénichette. Ein französisches Hausboot, das sich Önal zu einem Restaurant umgebaut hat. Meine Frau und ich sind auf solchen Booten schon häufig durch die Picardie, durch das Loiretal und durch Burgund gefahren. Vielleicht solltest du irgendwann mal mit Tereza…»
    «Walter, bitte», unterbrach ihn Marthaler, «was ist mit der Person, die mit dem Dicken zusammen war?»
    «Nichts. Ich weiß es nicht.Auch an diesem Platz haben wir Spuren gesichert und müssen sehen, was dabei herauskommt. Vielleicht war die unbekannte Person zum Zeitpunkt der Tat schon nicht mehr auf dem Boot. Vielleicht war es der Täter selbst, der dort gesessen hat. KeineAhnung. Übrigens haben wir hinter dem Tisch etwas gefunden.»
    «Nämlich?»
    «Ein kleines Beutelchen mit einer farblosen, kristallinen Substanz.»
    «Heroin?»
    «Sieht so aus. Der Beutel war zwischen Sitzbank und Bordwand versteckt. Könnte allerdings sein, dass der Stoff dort schon länger lagerte. Vielleicht hat ihn jemand da gebunkert.»
    Marthaler dachte nach. «Heroin wird aus Opium gemacht, stimmt’s?»
    «Unter anderem», sagte Schilling.
    «Opium wird aus Schlafmohn gewonnen. Und Schlafmohn wächst, soviel ich weiß, in der Türkei.»
    «Genau. Und Erkan Önal ist Türke», ergänzte Schilling. «Aber mach dir mal keine vorschnellen Hoffnungen. Wegen so einem Tütchen Stoff werden nicht fünf Leute umgebracht. Jedenfalls nicht auf diese Weise.»
    Marthaler überlegte. Plötzlich schlug er sich mit der flachen Hand an die Stirn. «Verdammt, ich glaub, jetzt hab ich’s. Wieso bin ich da nicht früher drauf gekommen?»
    «Was hast du?», fragte Schilling. «Den Täter?»
    «Nein.Der Dicke, er kam mir gleich bekannt vor. Ich glaub, jetzt weiß ich, wer er ist.»
    «Aber du willst es lieber für dich behalten?»
    «Nein.Aber mir fällt sein Name nicht ein. Und ich will erst sicher sein.»
    Plötzlich hatte es Marthaler eilig. «Walter, ich muss los. Ich muss das überprüfen.»
    Er drehte sich um und ließ den Chef der Spurensicherung kopfschüttelnd stehen.
    «Und wann?», rief Schilling ihmnach. «Was wann?» «Wann du mich zum Essen einlädst, will ich wissen.» Marthaler machte eine vage Handbewegung. Dann küsste er seine Fingerspitzen und pustete den Kuss in Schillings Richtung.
     

Elf
    Er fuhr die Tucholskystraße hinauf und hatte schon den Blinker gesetzt, um in den Großen Hasenpfad abzubiegen, als er fünfzig Meter vor sich den Mann auf demBürgersteig entdeckte. Der Mann hatte lange, ungepflegte Haare und trug trotz der hohen Temperaturen einen grünen Trenchcoat, der mit Flecken übersät war. In jeder Hand hielt er zwei prallgefüllte Plastiktüten. Mit schwerfälligen Schritten bewegte er sich vorwärts. Es sah aus, als sei er krank oder betrunken.
    Marthaler drosselte die Geschwindigkeit seines Wagens.Als er den Mann erreicht hatte, fuhr er im Schritttempo neben ihm her. Dann ließ er die Scheibe auf der Beifahrerseite herunter. Der Mann schien das Auto nicht zu bemerken. Doch dann blieb er schwankend stehen und beugte sich zu Marthaler hinab.
    Es warderselbe Obdachlose, der gestern Abend auf demRasen vor seinem Haus gelegen hatte.
    «Brauchen Sie Hilfe?», fragte Marthaler.
    Schweigend schaute ihn der Bärtige aus feuchtenAugen an. Wieder ging ein fastunerträglicher Gestank von ihm aus, diesmal aber vermischt mit dem aufdringlichen Duft eines billigenParfüms. Dann öffnete er den Mund, sodass Marthaler sein kaputtes Gebiss sehen konnte. Lautlos bewegte der Mann die Lippen und formte

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