Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
Vom Netzwerk:
gerne Näheres gewusst oder auch gesehen, aber es lag ohnehin alles auf der Hand. Hatte sie es von jemandem erfahren? Er stand da mit, soweit nötig, eingezogenem Bauch. Da war ein begonnener Sommer, die Sonne, ein See, und da draußen schwamm ein schönes junges Mädchen vor ihm hin und her. Er holte sich den Wein. Ein Zuprosten wollte er riskieren. Das müsste selbst auf die Distanz noch wahrnehmbar sein.
    Als er mit der Flasche kam, hatte sie abgedreht, schwamm weg und blickte nicht mehr zurück. War sie enttäuscht über sein zu passives Verhalten?, hätte er gerne gewusst.
    Kurz vor dem Anlegen, das bei diesen Wellen und dem vielen Angelzeug im Boot nicht einfach werden würde, kam seine Frau, von oben bis unten im Ölzeug, aus dem Haus, half ihm und behauptete, er sei blau gefroren. Überdies wollte sie ihn daran erinnern, dass sein Sohn dieses Gewitter schon vor Beginn des Fischzuges angekündigt hätte. Er fand beide Bemerkungen unnütz und stellte sich unter die heiße Dusche.
    Der Abend war wunderschön. Er hatte ein paar Schnäpse getrunken, um eine etwaige Verkühlung abzutöten, und saß absichtslos in seinem Zimmer. Der Sturm hatte sich ziemlich beruhigt, der Regen nicht. Er war so laut, dass die CD-Anlage seines Sohnes ein Stockwerk über ihm keine Chance mehr hatte, ihm auf die Nerven zu gehen.
    Er dachte an das Mädchen. Heute hat sie, falls sie es war, und sie war’s natürlich, gewunken. Nun gut, ein Mädchen hat gewunken. Warum denke ich daran? Bin ich verrückt?
    Warum höre ich das Klopfen an der Haustüre überhaupt? Bei diesem Regengeprassel? Habe ich auf jemanden gewartet? Bestehe ich nur mehr aus Bereitschaft zu hören, wenn jemand klopft?
    Er knipste das Licht im Flur an, dann von innen das Licht vor dem Hauseingang und öffnete.
    Da stand ein Mädchen. Es war das Mädchen.
    Wie alt, war wieder einmal nicht genau festzustellen, nur dieses: zu jung. Sie stand da, wie man in Filmen bei Regen vor dem Haus steht, bis auf die letzte der dünnen Fasern durchnässt, die Haare schwarz und triefend. Und da war noch eine Nässe, die in den Augen, und die war nicht vom Regen. Das Mädchen hatte geweint.
    Sie hat mit sich gerungen, hat aufgegeben und ist gekommen. Einfach gekommen. Quer durch den Regen.
    Was sollte er jetzt tun?
    Aber sie hatte was gesagt.
    »Ist er zu Hause?«
    Er versuchte sein schnapsdurchweichtes Gehirn zu ordnen. Nach wem fragte sie denn? Ich steh ja vor ihr!
    »Ist er nicht zu Hause, der …?« und sprach ihn aus, den Namen seines Sohnes.
    Mechanisch brüllte er den Namen in den oberen Stock hinauf, bat das Mädchen herein und rettete sich in sein Zimmer.
    Das plattenspielende Kind über ihm war also ein getarnter Mann. Alles, was er bei ihm übersehen hatte, musste er bei sich übersehen haben. Verringert konnte sich der Abstand der Jahre ja nicht haben.
    Er bekam Kopfschmerzen. War das die beginnende Grippe?
    Der Junge musste dem Mädchen von einem mutmaßlichen Tennisspiel gegen seinen Vater erzählt haben. Sie wollte ihn spielen sehen. Doch sie war ihm kein Grund gewesen, es nicht zu heiß zu finden.
    Sie hatte ihn auf und ab schwimmend gesucht, um den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Während er dem Gewitter zusah, hatten sie ihn hergestellt. Und dann hatten sie einem auf den Wellen treibenden Vater tröstend zugewinkt.
    Irgendwann hatte es wohl Zank gegeben, und irgendwann, während er Schnaps soff, unter Tränen einen hingebungsvollen Entschluss zur Versöhnung.
    Realität ist abgeschmackt, unpoetisch und männerfeindlich, dachte er.
    Das Beste an der Geschichte muss mein blödes Gesicht gewesen sein, als ich sie im Türrahmen sah, sagte er zu sich. Aber das hatte ja keiner gefilmt. Auch die Komik war in die Nacht verschossen.
    Seine Zukunft lag klar vor ihm.
    Den ganzen Sommer würden auf allen Tennisplätzen Mädchen hinter Maschengittern auftauchen und nicht wegen ihm zusehen wollen, Wasserballette würden sich vor dem Bootssteg abspielen und nicht einmal auf seinen Applaus warten.
    Bei Gewitter würde es vor der Haustür zu Staus kommen.
    Die Musik von oben ging ihm auf die Nerven.
    Der Sommer dauerte ihm schon zu lang.
    Herbst ist meine Jahreszeit, der frühe Herbst, erkannte er.
    Und zu allem noch dieses unsägliche Scheißwetter!
    Er rettete sich zu seiner Frau.
    »Du bist wehleidig«, sagte sie.

Die Löwendressur
    »WO WARST DU GESTERN?«
    Die Frau, die diesen Satz sagte, hatte normalerweise eine angenehme Stimme. Diesmal aber von verzweifelter Schärfe.
    Der

Weitere Kostenlose Bücher