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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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hingegen war kinderlos, mit einer Physiotherapeutin mit gut gebuchter Praxis liiert. Er musste seiner Partnerin immer öfter erklären, wie sehr es ihn freute, sie bei Gastspielen an seiner Seite zu wissen. Die beiden Frauen konnten einander naturgemäß nicht ausstehen, da jede ihren Mann als den ansah, dem der andere alles zu verdanken hatte.
    Es war der Morgen nach einem umjubelten Auftritt im Großen Konzerthaussaal einer französischen Großstadt. Da läutete das Telefon neben dem Bett des Pianisten. Er war nur so zu erreichen, denn die tragbaren Geräte lehnte er aus Geschmacksgründen für sich ab.
    Am Apparat war seine Frau.
    »Hast du die …« – sie nannte den Namen des bedeutendsten Wochenmagazins – »gelesen?«
    »Warum soll ich?«
    »Lies, dann weißt du’s.«
    Der Pianist rief die Rezeption an. Selbstverständlich lag das Magazin auch in Frankreich auf. Minuten später hielt er es in Händen. Er las darin eine sehr ausführliche Würdigung seines Partners, des schönen und erfolgreichen Geigers, bebildert mit einigen attraktiven Fotos, von denen nur eines auch den begleitenden Pianisten zeigte. Die Erklärung dafür fand sich auf Seite drei des rühmenden Porträts.
    »Erstaunlich und für die Fachwelt schwer begreiflich ist seine Unbeirrbarkeit in der Festlegung auf seinen Klavierpartner. Es kann nur auf großer persönlicher Sympathie oder Treue beruhen, einen weder technisch noch gestalterisch ebenbürtigen Musiker an seiner Seite zu haben. Häufig scheinen gewählte Tempi der technischen Limitiertheit des Pianisten geschuldet zu sein.«
    Der Pianist brach an dieser Stelle die Lektüre ab und schwenkte mit seinem Blick auf den Namen des Verfassers. Es war – für ihn erwartungsgemäß – der einer Verfasserin. Und er erinnerte sich sofort, sich vor Jahren über blitzartig rote Wangen einer Journalistin gewundert zu haben, als er apodiktisch der Interviewpartnerin erklärte, Musikkritiker, die nicht Noten lesen könnten, gehörten verboten.
    Als der Pianist zum Frühstück kam, hatte der Geiger das Magazin schon in der Hand. Schon auf Distanz sagte er zum Herankommenden: »Ist das eine Idiotin!«
    Der Pianist zuckte die Achseln und setzte sich.
    »Aber du hast doch mit ihr gesprochen?«
    »Natürlich. Ich habe dich und uns in den höchsten Tönen gepriesen. Sie hat notiert und leicht gelächelt. Ich habe das für Übereinstimmung gehalten.«
    Man trank seinen Kaffee.
    Auf der Fahrt im reservierten Abteil zur nur zwei Stunden entfernten Tourneestadt – der letzten für diesmal – sagte der Geiger mit einer gewissen Besorgnis in der Stimme:
    »Du bist doch nicht etwa bös?«
    »Ich kann nicht sagen, dass es mich freut«, war die Antwort. Dann wurde sehr wenig, und wenn, über Politik gesprochen.
    Die Tournee war vorbei. Der Pianist ordnete an seinem Schreibtisch – nahe den zwei prachtvollen Flügeln, einem Steinway und einem Bösendorfer – die Post. Da rief die Agentin an.
    Diese Dame, weit entfernt in einer anderen Stadt lebend, war eine überaus kultivierte Person, mit sehr viel Illustration dieser Tatsache an Fingern, Hals und Ohren. Sie war verwitwet und immerhin Erbin eines in der Branche sehr brauchbaren »von«. Sie konnte sehr genau denken und disponieren.
    Sie sagte zum Pianisten: »Er muss reagieren. Ich hab ihm das gesagt. Er ist mit einer Frage direkt angesprochen. Er muss denen einen Brief schicken.«
    »Tut er’s?«
    »Zuerst war er ziemlich ungehalten, dass ich es von ihm gefordert habe. Er wisse schließlich selbst, was er zu tun hätte. Aber dann hat er bestätigt, es sei wohl erforderlich.«
    »Ich bin gespannt.«
    Dem Pianisten selbst wäre das mit dem Leserbrief gar nicht eingefallen. Jetzt wunderte er sich darüber. Denn eine Richtigstellung – möglichst witzig und polemisch – so in der Art von »… Ihre sehr einsame Meinung …« – wäre angesichts der exklusiven Position dieses Blattes zwar nicht erforderlich, aber doch ein Akt der Hygiene.
    In der Woche darauf kaufte der Pianist sich das Magazin. Er fand unter den Leserbriefen keinen zu dem Geigerporträt, so auch keinen seines Partners.
    Seine Frau sagte, nicht aufsässig, aber doch leicht tendenziös: »Er traut sich wahrscheinlich nicht. Er will sich’s mit diesem Feuilleton nicht verscherzen.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte der Pianist.
    Er rief seinen Partner an. Unter dem Vorwand, Umstellungen im Repertoire der nächsten Konzertreise diskutieren zu wollen. Beiläufig brachte er auch die

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