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Partnerschaft und Babykrise

Partnerschaft und Babykrise

Titel: Partnerschaft und Babykrise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schmidbauer
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Schwangeren, als Rücksicht auf die Schmerzen der Mutter im Kindbett, als Verständnis für Stress und Überlastung der stillenden Frau, als Reaktion auf die Störungen, die vom Kind ausgehen können.
    Der zurückgezogene Partner weckt nur selten Bemühungen, ihn aufzutauen, ihn zu verführen, ihn mit seinem Schicksal als Opfer eines Verlustes an symbiotischer Aufwertung zu versöhnen. Im Gegenteil. Er erntet, was er sät: Rückzug, Ablehnung, Kritik.
    In einem der ältesten bekannten Liebesgedichte in deutscher Sprache wird von dem Schlüssel gesprochen, der das Herz aufschließt. 22 Liebende, die als Kinder an der Aufgabe scheitern mussten, den Ödipuskomplex zu bewältigen und die
Fähigkeit zu gewinnen, sich selbst auch ohne dauernde narzisstische Versorgung von außen als genügend gute Frauen und Männer zu fühlen, erinnern an dieses Lied insofern, als auch für sie das Schlüssel-Motiv gilt.
    Der Partner, mit dem Ehe und Schwangerschaft gewagt werden, hat den Schlüssel gefunden, das Herz aufzuschließen. Aber daraus ist nicht die feste Bindung entstanden, von der das Lied spricht. Sondern der Schlüssel würde immer wieder gebraucht. Ohne ihn erlebten sich die Partner nicht als fähig, ihr Gegenüber zu lieben.
    Wenn dieser Schlüssel verloren geht, bleiben die Partner füreinander verschlossen. Sie finden nicht mehr zueinander und laufen so Gefahr, das Muster zu wiederholen, das ihre eigene Kindheit belastet hat: die übermäßig enge Bindung an ein Kind und die Entwertung des enttäuschenden Partners.
    Steigende Scheidungszahlen
    Zwei liebevoll verbundene Eltern sind zweifellos das Beste für ein Kind. So gesehen ist es beklagenswert, wenn sich Eltern trennen. Kleine Kinder sind erschüttert, können nicht mehr einschlafen, betteln, dass Papa und Mama doch zusammenbleiben. Größere Kinder und Jugendliche fürchten sich eher vor den praktischen Nachteilen; es gibt weniger Geld und Komfort im Haushalt, streitende oder unglückliche Eltern sind lästig, verlangen Zuwendung, wo es doch viele Dinge gibt, die für die Heranwachsenden interessanter und wichtiger sind.

    Aber eine Trennung hat auch Vorteile. Sie zerreißt Tarnnetze, in denen sich Kinder oft hilflos verfangen. Sie verleiht Eltern Kontur, die sie verloren haben. Dadurch reifen Möglichkeiten, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Daran können Kinder ihre eigene Beziehungsfähigkeit entwickeln und eine Autonomie gewinnen, die ihnen verloren geht, wenn sie einen Elternteil stützen müssen, der nicht nur zu ängstlich ist, sich zu trennen, sondern auch zu schwach, die Verantwortung für eine unglückliche Ehe zu tragen.

    Die Familienanalyse widerspricht der Vorstellung, dass es immer besser für die Kinder ist, wenn Ehen bestehen bleiben. Nicht die Beständigkeit einer Ehe festigt die seelische Gesundheit der Kinder, sondern die Fähigkeit der Eltern, ihre Konflikte unter sich auszumachen und sie nicht Dritten aufzubürden. Wenn diese Fähigkeit gegeben ist, schadet es den Kindern nicht, wenn Eltern zusammenbleiben, obwohl ihre Liebe erloschen ist.
    Sobald aber eine Mutter oder ein Vater vertraulich einem Kind erklärt, nur ihm zuliebe bleibe es bei einem bösen, minderwertigen Partner, der die eigenen Lebensträume zerstört hat, wäre die Trennung gesünder. Das sagen die betroffenen Kinder, wenn sie später psychologische Hilfe benötigen. »Ich habe jede Nacht gebetet, dass sich die Mama endlich trennt!« »Wenn der Vater doch einmal Manns genug gewesen wäre, zu sagen, nicht mit mir, ich gehe!«
    Es belastet ein Kind, wenn Mutter oder Vater die Verantwortung leugnen, welche sie bewogen haben, gerade mit diesem
Partner die Elternschaft zu wagen. Der narzisstische Dämon betritt mit dem Wort »Eigentlich« die Bühne. »Eigentlich war ich auf dem Weg, eine große Künstlerin zu werden, ich hatte schon eine erste Ausstellung. Dann aber habe ich Vater geheiratet, bekam euch. Mein Leben war vorbei. Er denkt ja nur an sich!«
    Wer zum Bundesgenossen eines gekränkten Elternteils wurde, hat es schwer, die Basis für einen Austausch zwischen Menschen zu gewinnen, in dem jeder zu seinem Recht kommt. Einerseits verwöhnt, hat er die Größenphantasie nicht abbauen können, als Kind einen Erwachsenen derart schwach zu erleben. Ein ödipaler Sieger ist wichtiger als der entwertete Elternteil. Aber die Kehrseite der Omnipotenz ist die Ohnmacht: das zum Partnerersatz gewordene Kind stürzt jäh in Erfahrungen, zu versagen, überlastet von Aufgaben, die nicht

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