Party Girl - Roman
. .
»Irgendetwas muss einfach mal passieren«, sagte Mona.
Ihre Mutter lachte überrascht. »Es passiert doch immerzu etwas. Also ich . . .«
»In deinem Leben vielleicht«, sagte Mona, »aber nicht in meinem Leben.«
»Ich dachte immer, es gefällt dir so, wie es ist. Du wolltest nie, dass wir etwas unternehmen. Du wolltest immer, dass wir beide zu Hause bleiben. Wenn ich dir vorgeschlagen ha be, wir könnten . . .«
»Vergiss es«, sagte Mona.
Sie befreite sich aus den Armen ihrer Mutter und stand auf.
Charlotte richtete sich auch auf. Sie musterte Mona. »Und was soll deiner Meinung nach passieren?«
Mona seufzte tief. Warf ihre Haare mit Schwung nach hinten und drehte sie geschickt zu einem Knoten. Als sie die Hände fallen ließ, fielen auch die Haare wieder ausei nander.
»Keine Ahnung«, sagte Mona. Sie schaute sich um und auf einmal gefiel ihr nichts mehr in dem Wohnzimmer, das ihre Mutter mithilfe einer Innenarchitektin und teuren Möbeln eingerichtet hatte. Weder die softeisfarbenen Seiden gardinen, die so lang waren, dass sie sich auf den Kelims bauschten, noch der gläserne Couchtisch auf den goldenen Füßen und schon gar nicht die Bar mit ihren blinkenden Kristallkaraffen.
Sie seufzte. »Ach, ich wünschte, wir würden in einer Jurte leben«, sagte sie.
Charlotte lachte. »In einer Jurte! Wie die Pfadfinder meinst du? Und über dem offenen Feuer tiefgefrorene Hähnchen braten?«
Mona schüttelte den Kopf. »So wie die Nomaden in der Mongolei sie haben«, sagte sie. »Die sind richtig gemütlich. Aber ganz schlicht. Da gibt es nur die wirklich nötigen Din ge. Alles in schönen Kisten mit Silberbeschlägen. Und wenn die Herden das Gras abgeweidet haben, wird alles ein gepackt, die Jurten werden zusammengerollt und auf die Rücken der Kamele geschnallt, dann zieht die Sippe weiter zu neuen Weidegründen.«
»Was ist denn nur passiert, Darling?«, fragte ihre Mutter.
Mona blickte auf den Boden. »Keine Ahnung«, murmelte sie. »Wahrscheinlich gar nichts. Ich geh jetzt wieder ins Bett.«
»Komm noch einmal zu mir!« Charlotte streckte, als Mo-na schon auf dem Weg in den Flur war, die Arme nach ihr aus. Aber Mona drehte sich nicht mehr um.
Sie ging in ihr Zimmer, legte sich ins Bett, deckte sich zu und war in der gleichen Sekunde eingeschlafen.
4. Kapitel
Mirko wartete an der Bushaltestelle auf der anderen Stra ßenseite, gegenüber dem Haupteingang ihrer Schule.
Sie entdeckte ihn nicht sofort, weil sie mit Julia, Marcia, Verena und ein paar anderen Mädchen aus ihrer Klasse he rauskam. Sie redeten aufgeregt miteinander und achteten nicht auf die Umgebung. An den Tagen zuvor hatte Mona es immer so eingerichtet, dass sie alleine aus der Schule kam, weil sie insgeheim gehofft hatte, Mirko würde daste hen und auf sie warten. Jedes Mal hatte ihr Herzschlag dann für eine Sekunde ausgesetzt, wenn sie aus der Ferne einen Typen in einer Kapuzenjacke sah, mit breiten Schultern und dunklen Haaren, die Hände in den Hosentaschen.
Er war es nie.
An diesem Tag hatte sie nicht an ihn gedacht. Die letzte Doppelstunde hatten sie im Biologieraum verbracht und über Vererbungslehre gesprochen. Über X-und Y-Chromosomen, dominante und rezessive Gene, mendelsche Gesetze.
Mirko saß breitbeinig auf der Bank in dem Wartehäus chen, dessen Wände aus beschmiertem und beklebtem Glas bestanden.
Er saß ein bisschen vorgebeugt, in den Händen hielt er et was und spielte damit herum, vielleicht sein Feuerzeug. Oder nein. Sein Handy.
Er gab sich nicht zu erkennen. Er lächelte nicht, er hob nicht die Hand, er stand auch nicht auf, als Mona ihn ent deckte. Er hielt sein Handy ans Ohr und sprach mit jeman dem, während sein Blick sie fixierte. Oder er tat nur so, als telefoniere er. Um nicht so untätig zu wirken. Damit es den Eindruck machte, als hätte er was zu tun. Und wäre nicht nur einfach hergekommen, um Mona Preuss zu treffen. Die Typen wollen alle immer so cool sein , dachte Mona.
Sie spürte, dass ihr Herzschlag einen schnelleren Takt wählte, und Hitze stieg ihr ins Gesicht. Sie hoffte, dass sie nicht rot geworden war, aber das passierte ihr eigentlich sel ten, ihr war nur heiß und das heftige Herzklopfen machte sie unruhig.
»Was ist?«, fragte Verena. »Du bist ja ganz rot. Hast du ir gendwas?«
»Das sind die Gene«, Julie zwinkerte Mona zu und hob die Hände. »Leute, alles liegt in den Genen. Wir können nichts dafür!«
»Dann müsste Mona ja auch Schauspieler-Gene haben«, frotzelte
Weitere Kostenlose Bücher