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Party Girl - Roman

Party Girl - Roman

Titel: Party Girl - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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ablaufen?
    Säße er wieder auf einem der Blumenkübel, ganz plötz lich, wenn sie nicht mit ihm rechnete?
    Was würde sie dann spüren?
    Ein Glücksgefühl? Das berühmte Herzklopfen? Die viel zitierten Schmetterlinge im Bauch, die sie sich nie wirklich hatte vorstellen können?
    Und was würde danach passieren?
    Ohne das Licht anzuknipsen, stieg Mona aus dem Bett und ging auf nackten Füßen, die auf dem Parkett ein schmatzendes Geräusch machten, den langen Flur entlang bis zum Wohnzimmer. Die Wohnzimmertür war doppel flügelig und bestand aus geschnitztem, weiß lackiertem Holz, Mona drückte sie vorsichtig auf.
    Drinnen lagen Teppiche aus Indien, Kelims, die nicht ge knüpft waren, sondern gewebt, kühl im Sommer und warm im Winter. Wunderdinger in sonnenbleichen Farben. Charlotte liebte diese Teppiche, die sie von ihren ersten Filmgagen bezahlt hatte. Jeder neue Film war ein neuer Tep pich, sie wusste immer noch, für welchen Film sie sich wel chen Teppich gekauft hatte. »Das ist meine Karriere«, sagte sie manchmal lächelnd, »und guck mal, wie ich sie selber mit Füßen trete. Ich muss verrückt sein.«
    Ihre Mutter lag auf dem weißen Daunensofa. Sie trug graue Leggins und einen schlabberigen Pulli, der vom vielen Waschen seine Form verloren hatte. Aber es war einer von Charlottes Lieblingspullis. »Mein Wohnpulli« nannte sie ihn. Sie hielt die Fernbedienung für den CD-Player in der Hand und spielte damit herum. Sie hörte Mona nicht, bemerkte sie erst, als sie sich über die Sofalehne beugte und dabei beinahe einen Purzelbaum machte.
    Irgendwie lagen sie dann ineinander verschlungen auf dem breiten Sofa. Es war wie früher, wie in den Monaten nach dem Tod ihres Vaters, wenn Mona nicht schlafen konnte und sich in ihren Micky-Maus-Nachthemden zu ih rer Mutter schlich, um bei ihr die Ruhe und Sicherheit zu finden, die sie wieder in den Schlaf gleiten lassen würde.
    »Plagt dich irgendetwas?«, flüsterte Charlotte.
    Mona schüttelte den Kopf. Sie vergrub ihr Gesicht am Hals der Mutter. Sie kannte diesen Geruch, den Duft von Tages-und Nachtcremes, gemischt mit dem leichten Berga motte-Ton des Parfums, so lange sie denken konnte. Ihre Mutter hatte das Parfum nie gewechselt und auch nicht die Kosmetikserie.
    Mona fragte sich in diesem Augenblick, als sie sich in Charlottes Halskuhle schmiegte, wie ihre Mutter wohl rie chen würde, wenn sie keine Cremes und Wässerchen, kein Deo und kein Parfum benutzen würde.
    Die Musik setzte aus und ein neues Stück begann. Char lotte summte die Hauptmelodie leise mit, während sie mit Monas Haaren spielte.
    »Ich muss zum Friseur«, sagte Mona. »Meine Haare sind an den Enden so fisselig.«
    »Du hast schöne Haare«, antwortete ihre Mutter. »So dick und schwer.«
    Die Haare hatte Mona von ihrem Vater. Charlottes Haar war seidig fein und ließ sich schwer in eine Form bringen, weil es immer elektrisch geladen war.
    »Vielleicht lass ich sie mir abschneiden«, sagte Mona.
    Charlotte schob Mona sanft von sich weg.
    »Abschneiden?«, fragte sie fassungslos. »Aber warum?«
    Mona zuckte mit den Schultern, sie wusste selber nicht, warum sie das gesagt hatte, vielleicht einfach nur, um den Protest ihrer Mutter hervorzurufen, einfach nur, damit sie über etwas sprachen, was Mona betraf.
    Damit Charlotte sich mit ihr beschäftigte statt mit all den Dingen, die sie sonst im Kopf hatte: die schlechten und die guten Kritiken für ihren letzten Film. Die Frage, ob sie die ses Mal einen Preis bekommen würde. Die ständige Sorge, ob sie in der Öffentlichkeit irgendetwas unbedacht getan oder gesagt hätte, was die Klatschpresse wieder breittreten könnte.
    »Lange Haare stören beim Sport«, sagte Mona.
    »Aber du bindest sie doch immer zusammen!«
    »Ja, aber das nervt. Sie sind so schwer. Einmal ist das Gummi gerissen.«
    »Und deshalb willst du diesen Schmuck einfach wegwer fen?«
    Charlotte strich zärtlich eine Strähne hinter Monas Ohr. »Ich hab mir früher solche Haare gewünscht, als ich jung war. Ich hab alle Mädchen beneidet, die dicke, schwere Haare hatten. Und jetzt muss ich ständig Perücken tragen, weil die Maskenbildnerin mit meinem Fisselhaar nicht zu rechtkommt. Ich hasse Perücken. Man hat das Gefühl, man hat Flöhe oder die Krätze, immerzu juckt die Kopfhaut.«
    Mona wollte nicht, dass ihre Mutter wieder von sich an fing. Sie wollte nicht, dass ihre Kindheit und Jugend immer zu mit Charlottes Kindheit und Jugend verglichen wurden. Als ich so alt war wie du .

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