Party Girl - Roman
klarzukommen, dass sie nicht zusammen alt werden würden), großartige Marmelade kochen. Ihre Himbeermar melade und ihr Brombeergelee waren unschlagbar. Sie lieb te es, Kochbücher über exotische Gerichte zu lesen, und versuchte, sich dabei vorzustellen, wie die Sachen schmeck ten. Sie interessierte sich für aussterbende Tiere und Pflan zen und hatte in ihrem Computer zahlreiche Ordner ange legt, die sie einmal in der Woche auf den neuesten Stand brachte. Zu wissen, welche Versuche unternommen wur den, um bedrohte Tiere zu retten, fand sie wichtig.
Mona war fünfzehn Jahre alt. In zwei Monaten würde sie sechzehn werden und sie hatte es kategorisch abgelehnt, ei ne Party zu geben, auch wenn ihre Mutter alles versuchte, um sie dazu zu überreden.
Mona stellte sich ihren Geburtstag ganz anders vor: Nur zwei, drei Freundinnen einladen, vielleicht Tabea und Julie, schön essen gehen, am liebsten zu dem Japaner, bei dem man an einer niedrigen Bar saß, auf der Tellerchen mit rohem Thunfisch, mit Lachs-Negiri und Avocado-Sushi auf einem Fließband vorbeizogen. Kleine Suppentassen und aufgespießte Tempura-Shrimps. Man benutzte Löffelchen aus bemaltem Porzellan und rot lackierte Stäbchen und spülte das köstliche Essen mit Mengen von duftendem Jas-min-Tee herunter. Das war für Mona Glück.
Mona wusste, dass viele in ihrer neuen Klasse ganz wild da rauf waren, zu ihr nach Hause zu kommen, um zu sehen, wie man so lebte, wenn man eine berühmte Mutter hatte. Und sie verstand das.
Aber deshalb gleich eine Party für alle organisieren?
Mona reichte schon der Gedanke an die Vorbereitungen, die mit so einer Feier verbunden waren: Gästeliste aufstel len, Einladungen schreiben (natürlich möglichst originell), überhaupt musste man ja erst mal das richtige Motto für die Party finden! Als Kind war Mona zu Harry-Potter-Partys eingeladen worden, bei denen die Mädchen alle wie Hermi ne aussehen wollten und die Jungen kleine runde Drahtbril len mit Fensterglas trugen. Und zu unsäglichen Faschings festen, wo man wahlweise als Prinzessin oder als Hexe auf trat. Jetzt waren Beach-Partys oder Pool-Partys am angesag testen, als Alibi dafür, möglichst wenig anzuziehen und schön sexy auszusehen.
Dann das Einkaufen. Wie viel Zeit, Geld und Energie das kostete, endlose Kisten mit Getränken zu schleppen, danach Häppchen zuzubereiten oder riesige Bleche mit Pizza zu backen, eine anständige Musikanlage aufzubauen (denn mit der richtigen Musik steigt und fällt die Party), schummrige Ecken zu schaffen, jede Menge Kissen auf dem Fußbo den auszubreiten, Lampions aufzuhängen oder Lichterketten. Und wenn man dann völlig erledigt von den Vorbereitungen war, musste man auch noch während der Party für gute Stimmung sorgen, die Tanzmuffel in Schwung bringen, Getränke anbieten, das Buffet immer wieder auffrischen und lächeln, lächeln, lächeln.
Das alles nur, um spät in der Nacht die Zigarettenstum mel vom Fußboden aufzuheben, zerknautschte Kissen aus zuschütteln, volle Müllsäcke nach unten zu schleppen, die Küche zu wischen, Cracker-Krümel aus den Sofaritzen zu klauben, und wenn man Pech hatte und ein paar Typen zu viel Zeug durcheinandergetrunken hatten, auch noch die Kotze von den Badezimmerkacheln zu wischen. Nein, dan ke.
»Erklär es mir«, hatte ihre Mutter gesagt. »Ich will verste hen, warum du keine Lust hast, deinen Geburtstag groß zu feiern.«
Mona hatte nur den Kopf geschüttelt. Es war einfach so.
»Was bist du nur für ein merkwürdiges Mädchen!«, seufzte Charlotte in solchen Momenten theatralisch. »Als ich in deinem Alter war, da hab ich nur von einer Party zur anderen gelebt! Da hatte etwas anderes als Spaß überhaupt keinen Platz in meinen Kopf.«
»Tut mir leid«, schnappte Mona dann regelmäßig zurück, »dass ich nicht so bin wie du.«
»Darum geht es doch gar nicht, Darling.« Monas Mutter seufzte wieder. Immer wenn sie »Darling« sagte, war das von einem tiefen Seufzer begleitet. »Wir haben diese wunderba re Wohnung, die für Teenie-Partys zwar eigentlich zu edel ist, aber du dürftest das alles hier benutzen, weil ich dich liebe und dir wünsche, dass du Spaß hast . . .«
Das war die Stelle, an der Mona jedes Mal am liebsten ge seufzt hätte. Ihre Mutter lebte in einer künstlichen Welt, in der Filmwelt, der Theaterwelt. Von echten Teenie-Partys hatte sie einfach keine Ahnung. Was Charlotte kannte, wa ren die Feten, die Jugendliche im Film feierten, und die wa ren nicht so versifft,
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