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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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rund wie eine Glocke. Ich erwartete kein Wunder. Nach dem, was ich ihr gesagt hatte, durfte ich nicht hoffen, daß sie auf einen Plausch ans Fenster trat, bevor sie ins Schlafzimmer ging. Ich schaute auf das Licht im Erdgeschoß. Es hätte ihr sicher nicht viel genutzt, wenn ich bei ihr gewesen wäre, aber ich hätte die Welt von ihr ferngehalten, und besonders Robert Lafitte. Ich hätte sie in der Hütte eingeschlossen, um sie vor diesem Schwachkopf und allem, was er in puncto Literatur zu wissen glaubte, zu schützen.
    Kümmere dich nicht darum, was man über dich schreibt, ob gut oder schlecht. Meide die Orte, an denen über Bücher gesprochen wird. Hör auf niemanden. Wenn sich jemand über deine Schulter beugt, spring auf, und schlag ihn ins Gesicht. Schwing keine Reden über deine Arbeit, es gibt darüber nichts zu sagen. Frag dich nicht, wozu oder für wen du schreibst, aber bedenke, daß jeder Satz dein letzter sein könnte. Und überlaß mir Robert Lafitte.
    Während ich ihr diesen Vortrag im Schatten eines Weißdornstrauches hielt, rauchte ich ein Zigarillo, dessen Glut von Zeit zu Zeit mein Gesicht rötete. Plötzlich spiegelte ich mich im Wohnzimmerfenster, rot erleuchtet, triumphierend, reglos, so als hätte sie mich gehört. Aber ich sah sie nicht, ich wußte nicht, wo sie war. All diese Lampen im Erdgeschoß brannten umsonst.
    Ein Wagen hielt vor der Einfahrt. Ich hörte eine Tür schlagen, dann knarrte das Gartentörchen. Edith ging zur Tür. Ich bückte mich und schlich zum Flurfenster. Er küßte sie auf den Mund, faßte sie dabei am Arm. Dann gingen sie ins Wohnzimmer. Ich folgte ihnen, postierte mich vor eine andere Fensterscheibe. Deine ganze Arbeit hat er versaut, er hat von nichts ’ne Ahnung. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber deshalb ging es mir weder besser noch schlechter. Dann mußte ich erneut den Standort wechseln und unter einem Vorhang hindurch linsen. Ich wußte nicht, ob sie ihn dazu aufgefordert hatte, in meinem Sessel Platz zu nehmen, jedenfalls hatte er es sich schamlos darin bequem gemacht. Er verkörpert alles, was du meiden mußt, er ist derjenige, der dich erstickt. Sie reichte ihm ein Glas. Meine Hose hatte sich in den Dornen eines Rosenstrauchs verfangen, und ich versuchte mich zu befreien, ohne jedoch meinen Blick abzuwenden. Edith hatte sich feingemacht, sie schienen ausgehen zu wollen. Ich schlich von Fenster zu Fenster die Wand entlang, während sie wieder durchs Zimmer in den Flur gingen. Er half ihr in ihre Jacke, ein perfekter Gentleman. Er hat deine Eitelkeit wachgerufen, dann hat er sie benutzt, um dich zu zerstören. Ich duckte mich hinter ein Gestrüpp. Er hatte sich in meine Richtung gewandt und lächelte, als er die Tür zuzog. Die Nacht war mild, und der Anblick vermochte sich meinem Geist nicht einzuprägen. Er faßte sie um die Taille und führte sie zum Wagen. Du willst wissen, was dein Buch taugt? Er ist die Antwort auf deine Frage, er ist der, der beim Essen über Literatur redet, der das Leben in den Salons gelernt hat, der die Welt unerträglich macht und dich obendrein bumst. Edith, überlaß mir Robert Lafitte.
     
    20. Juni 1965
    Meryl hatte ihnen eine Überraschung versprochen, wenn sie mit uns zum Konzert gingen. Natürlich haben sich die beiden Blödmänner bitten lassen. Seitdem sie im Fernsehen die Gören in Scharen haben umkippen sehen, glauben sie, sie hätten Grund zum Feixen und den Beweis, daß die Beatles was für Mädchen sind. Das macht ihnen Spaß. Sie selbst hören seit Anfang des Monats mit offenem Mund Satisfaction , aber sagen wir etwas dazu? Meryl hat sie gewarnt: »Kein Konzert, keine Überraschung!« Ich selbst hatte nicht einmal die Kraft, etwas hinzuzufügen, so glücklich war ich. Ich hatte den Brief gelesen, den ihr Vater ihr geschrieben hatte. Ich war bereits auf der anderen Seite des Atlantiks.
    Als wir aus dem Palais des Sports kamen, hat Henri-John seinen Arm um meine Schultern gelegt und mir ins Ohr geflüstert, daß Oli und er über einen kleinen London-Aufenthalt mit uns nachdächten, Anfang Juli, bevor wir nach Schottland zu dem Ballett führen. »Die schießen zur Zeit wie Pilze aus dem Boden …« meinte er zu mir. »Müßte man sich näher ansehen. Hab ich dir schon von den Yardbirds erzählt?« Ich sagte ihm, im Sommer hätte ich etwas anderes vor. Er stand da wie ein Ölgötze. »He … Was soll das denn wieder heißen?!« knurrte er.
    Meryl wartete, bis wir im Wagen saßen, ehe sie die Neuigkeit

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