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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Schläfen tropften vor Lust und Befriedigung. In dem ganzen Zimmer war kein Luftpartikelchen mehr, das wir nicht mit unseren Körpersäften getränkt hatten, und jeder Atemzug machte mich benommen. Ich war im siebten Himmel und wälzte mich in den Flammen der Hölle. Ich klammerte mich an die Laken, wippte mit den Federn. Mußte unwillkürlich glucksen, während ich mit unbändiger Lust mein Schwert polierte, und war so stolz auf mich, daß ich mich hätte knutschen können.
    »Ah! Verdammt, Henri-John! Ah! Alter Junge!«
    Sie schloß mich in ihre Arme.
    Sie hatte gesagt, das sei unvernünftig, aber schließlich war sie als erste eingeschlafen. Gegen zwei Uhr morgens weckte ich sie halb und bumste sie erneut.
    Eine Stunde später legte ich noch einmal nach.
    Und im ersten Morgengrauen wieder. Diesmal seufzte sie regelrecht, klagte, ich brächte sie um. Ich sagte: »Bitte!«
    Danach ging ich auf mein Zimmer.
     
    Der Tag hatte kaum begonnen, als Finn vorbeikam, um mich zu wecken. Da die Tür offenstand, trat er ein und rüttelte mich an der Schulter.
    »Sie sind zu Tisch …« erklärte er mir.
    Ich zog mich schleunigst an. Dann rannte ich ihm nach bis zur Kante der Steilküste.
    »Wie kommt’s, daß du schon auf bist?« fragte ich ihn.
    »Ich spüre sie.«
    »Wie denn das? Riechst du sie?«
    »Nein, riechen tu ich sie nicht.«
    Die Möwen versammelten sich am Strand und kreisten am Himmel. Wenn man genau hinsah, konnte man rund fünfzig Meter vom Ufer einen breiten, öligen, bunt schillernden Fleck erkennen: Die kleinen Fische verbrachten eine lausige Viertelstunde, die bluefish saßen ihnen im Nacken.
    Wir gingen zum Haus zurück, um unsere Ausrüstung zu holen. Die Luft war noch frisch, Nebel kroch über den Boden und wickelte sich um die Bäume. Während ich einen Kaffee trank, suchte Finn die Köder aus, einen broken back und einen pencil popper, aber ich wußte, daß er mir damit nur eine Freude machen wollte, weil ich sie nagelneu gekauft hatte, und daß er sich auch mit einem alten, stinknormalen popper zufriedengegeben hätte. So wie er auch nichts sagte, als ich meine Spezialhandschuhe aus Stahlmaschen anzog, aber ich wußte, was er dachte.
    Das Wasser war unbestreitbar kalt. Noch war die Sonne nur ein Lichtschimmer am Horizont, und von einem lauen Lüftchen konnte einstweilen nicht die Rede sein. Wir wateten bis Gürtelhöhe ins Wasser. Bei dem Wellengang hieß das bis über den Bauch, selbst wenn wir, die Angelruten mit ausgestreckten Armen haltend, in die Höhe hüpften. Dort, wo wir standen, waren sie ziemlich stark, und mir stieg der Kaffee in den Hals.
    »Sie kommen!« teilte er mir mit. »Bald haben wir sie zwischen den Beinen!«
    Ich zeigte ihm lächelnd meine Handschuhe. Wenn er die Wahrheit gesprochen hatte, würde ich nicht bedauern, sie angezogen zu haben. Die Möwen flogen kreischend um uns herum. Ich sah, wie er seine Angel auswarf. Ich wartete die nächste Welle ab, dann folgte ich seinem Beispiel.
    Fünfmal fiel ich im Laufe des Vormittags auf die Schnauze, und Finn fast genauso oft. Eine Schnur von zehn Kilo. Es waren ein paar unglaublich große Exemplare darunter. Finn sagte, so dicke fange man selten, da müßte man schon mit dem Boot rausfahren. Kaum kam die Sonne hervor, verfinsterte sich im Norden der Himmel, und die Wolken schossen in dichten Reihen über uns hinweg. Elektrizität lag in der Luft, der Ozean war grau und hart wie Stein. Trotz der Anstrengung fröstelte ich eine Zeitlang mit meinem nassen T-Shirt auf den Schultern, aber das ging vorbei, ich geriet an einen, der mich in ein paar Minuten wieder aufwärmte und mich zu guter Letzt ins Wasser riß, um sich mit meiner Schnur davonzumachen. Das war gar nicht so einfach bei dem Wellengang. Manchmal klatschten sie einem voll ins Gesicht, wenn man gerade einen an der Angel hatte, der alle Kraft und ein gewisses Gleichgewicht erforderte, und blitzschnell waren sie, diese Wellen, und heftig, manchmal dröhnte einem richtig die Birne.
    Später zogen wir uns ans Ufer zurück. Finn hatte recht. Die kleinen Fische sausten auf der Flucht vor den bluefish an den Strand, sie huschten uns durch die Beine, hüpften aus dem Wasser und fielen neben die zerfetzten Reste ihrer kleinen Kameraden, von denen bereits ein starker Geruch ausging. Die bluefish schlitzten sie in Stücke, zerhackten sie, zermalmten sie, sie waren kräftig und schnell und mit einem mächtigen Kiefer bewaffnet, was einen dazu zwang, das Ende der Leine mit einem Stück

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