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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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scheußlicher machen. Sie kriegt ihre Scheidung, das weißt du so gut wie ich, so blöd bist du auch nicht.«
    »Aber du kannst Zeit gewinnen!«
    »Gerade hast du noch gesagt, die Zeit drängt …«
    »Sapperlot! Ich rede von deiner Entscheidung! Man muß ihr Zeit geben, über ihren Schritt nachzudenken, sie muß einsehen, daß sie für immer verloren ist, wenn sie diesen Frevel begeht! Ich finde, das kannst du doch tun, oder nicht?! Ich brauche dich ja nicht daran zu erinnern, wer dieses ganze Desaster angerichtet hat?! Ah, was ist nur in dich gefahren, du Unglücksrabe!«
    »Langsam, Georges … Du redest mit jemand, der dich in jüngeren Jahren gekannt hat. Läßt dich jetzt auch noch dein Gedächtnis im Stich?«
    »Ich weiß, wie ich war. Und glaub mir, eigentlich bleibt mir nicht Zeit genug, meine Fehler zu büßen. Aber laß dir gesagt sein, Henri-John: Es ist nie zu spät!«
    »Sehr gut. Nett, daß du mich angerufen hast.«
    »Ich flehe dich an, mein Junge! Hier, hör meine Knochen knacken, ich falle vor dir auf die Knie …«
    »Georges, steh wieder auf, bitte.«
    »Nein, ich knie vor dir, und ich bleibe knien! Henri-John, wenn du jemals etwas für mich empfunden hast, wenn dich dieser Greis dauert, der sich dir zu Füßen wirft und dem die Rührung den Atem nimmt … Ich beschwöre dich …«
    »Ja, was denn, verdammt noch mal!«
    »Unterschreibe nicht! Verweigere dein Einverständnis! Daß man mir die Zunge herausschneide, wenn ich dich in diesem Leben je um etwas anderes bitte! Ihr seid meine Kinder … Werdet nicht meine Schande, mein Unglück und meine Qual. Du kennst sie, mein Junge, sie ist ein richtiger Dickkopf! Oh, Henri-John! Du bist meine letzte Hoffnung!«
    »Na schön, hör zu. Verlang nichts Unmögliches von mir. Trotzdem, wenn es dich beruhigt, ich habe, seit ich hier bin, nichts mehr von Edith gehört, und ich habe auch nichts unterschrieben, bevor ich abgeflogen bin. Wenn du meinst, daß sie nur mehr Zeit braucht, die hat sie. Eine Scheidung dauert länger als einen Tag … Nur würde ich mich an deiner Stelle nicht allzusehr darauf verlassen. Ich glaube, sie wird es sich nicht anders überlegen.«
    »Ah, schweig! Warum bin ich nicht den Winter über gestorben?! Ah, mein Gott, weshalb diese Prüfung? Henri-John, um Himmels willen, denk gut nach, bevor du Nichtwiedergutzumachendes geschehen läßt!«
    Als ich auflegte, war das Unwetter immer noch da. Der Wind hatte sich ebenfalls eingemischt, und die Bude ächzte in allen Fugen. Finn hatte die Nase in sein Glas gesteckt.
    »Mmm …« erklärte ich, während ich mich des Telefons entledigte. »Ich habe in der Tat ein paar Probleme zurückgelassen.«
    Wir schauten uns an.
    »Das war mein Schwiegervater«, fügte ich hinzu.
    Ich nahm mein Glas, stand auf und stellte mich ans Fenster. Der Wind fetzte den Regen über den Boden, aber es schüttete weniger stark, man konnte das Meer und den Himmel erahnen.
    »Eine Scheidung wird bei den Katholiken nicht gern gesehen, und Georges ist in diesem Punkt besonders pingelig. Na ja, weißt du, er ist sehr religiös. Angefangen hat das damit, daß er nur noch lateinische Messen gehört hat, aber das reichte ihm nicht. Anfangs war er bloß ein wenig verschroben …«
    »Ja, so was gibt’s hier auch …«
    »Vor ein paar Jahren noch, wenn er mir da schrieb, hat er neben die Unterschrift noch ein ›Friede auf Erden‹ oder ›Lobet den Herrn für seine Gnade‹ gesetzt. Inzwischen schreibt er mir nicht mehr, aber ich nehme an, wenn er es noch täte, würde er mir mit ›Tod den Ketzern‹, ›Tötet sie alle, und Gott wird die Seinen erkennen‹ oder sonstwas in der Art kommen. Mmm! Sieht ganz so aus, als war das der Zeitgeist … ›Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, jenen, der alle heidnischen Länder unter seine goldene Fuchtel nehmen soll.‹ Das ist der Stil von heute, und den trifft man auf der ganzen Welt. ›Schlachtet einander!‹ Wo sind sie hin, die Typen, die guten Willens sind?«
     
    Das Gespräch, das ich mit Finn führte, während wir auf das Ende des Unwetters warteten, ließ meine persönlichen Probleme links liegen. Aber wir entdeckten, daß wir miteinander reden konnten, ohne uns anzuöden. Der Lauf der Welt oder die Unverwüstlichkeit der menschlichen Verrücktheit waren keine allzu heiklen Themen. Es verstand sich von selbst, daß sich die Fanatiker aller Konfessionen genüßlich und mit Leib und Seele an dem Blut berauschten, das sie bespritzte. Daß sie sich damit ernährten und das

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