Pas de deux
Stahldraht zu verstärken. Und Handschuhe zu tragen, wenn man Henri-John hieß und meinte, daß man sich nie ganz sicher sein kann.
Sie hätten einem die Finger wie Würstchen abgetrennt. Von Zeit zu Zeit ein paar zu fischen oder in einen ausgehungerten Schwarm zu geraten war ein himmelweiter Unterschied. Nach einer Stunde werden einem die Arme lahm, und die Aufmerksamkeit läßt nach, und ohne die metalldurchwirkten Harryburst wird man nie wieder die Zehn Gebote an seinen eigenen Fingern abzählen. Es war auch praktischer, sie mit Handschuhen als mit bloßen Händen zu packen. Ich hatte sie schneller vom Haken als Finn. Als er es merkte, lieh ich sie ihm eine Weile. Er fand das gar nicht so übel. Ich sagte, wenn er wolle, im Haus liege noch ein Paar, aber er tat so, als hätte er mich nicht gehört.
Je weiter die bluefish ihre Beute gen Ufer trieben, um so wilder wüteten sie. Man konnte sie kaum sehen, höchstens erahnen, an bestimmten Strudeln, bestimmten Spritzern an der Oberfläche, die das Wasser kräuselten und nichts mit den Wellen zu tun hatten. Zu Tode erschrocken, warfen sich die kleinen Fische auf den Sand und wanden sich vor unseren Füßen. Finn hielt seine Angelrute immer noch mit ausgestrecktem Arm, während ich gezwungen war, sie gegen meine Hüfte zu stemmen, und es waren über zwei Stunden vergangen, seit wir angefangen hatten. Es tröstete mich ein wenig, wenn ich ihn mitunter Fratzen schneiden oder vor sich hin fluchen sah. Richtig beobachten konnte ich ihn nicht, ein paar Seitenblicke hin und wieder warf ich ihm aber zu. Er schaute stur geradeaus, und es schien ihn nicht sonderlich zu interessieren, was er da trieb. Ich hatte das Gefühl, daß er sich nichts Konkretes ansah und daß er genausogut hätte blind sein können. Zuerst dachte ich, er langweile sich, fische wahrscheinlich schon, seit er laufen konnte, doch dann, als ich daran dachte, was er mir am frühen Morgen gesagt hatte, begriff ich, daß es das nicht war.
Schließlich setzten wir uns dabei hin. Wir hätten sie mit den Händen schnappen können, wenn wir gewollt hätten. Einige von ihnen waren halb aus dem Wasser gesprungen und hüpften nun kreuz und quer. Ohne von ihrer Jagd abzulassen, suchten sie einen Weg aus der Falle, in die sie sich gestürzt hatten. Sie kämpften sich in eine Art Becken vor, das sich am Rand gebildet hatte, und das mit dem Rückweg stand auf einem anderen Blatt. Ich hatte mein Lebtag noch nicht so viele gesehen, sie waren überall, von den kleinen Fischen ganz zu schweigen, und morgen würde sich ein ganzer Gürtel faulender Rümpfe über den Strand ziehen, das kannte ich schon. Wir schauten sie uns eine Weile an, dann schnitten wir all die auf, die wir gefangen hatten, nahmen sie aus und reinigten sie. Wir rauchten dabei und fragten uns, ob es regnen würde. Am Tag zuvor hatte man mir das Holz für die Treppe geliefert, und Finn meinte, ich sollte es besser abdecken. Mein rechter Arm schmerzte. Ich hatte das Pfeifen der Angelrollen noch im Ohr, als wir über den Brettern und Bohlen, die sich vor dem Haus stapelten, Planen ausbreiteten, und der Fischgeruch verfolgte mich noch tagelang.
Ich behielt ein paar für mich zurück, ich legte sie in die Tiefkühltruhe, doch drei Viertel überließ ich Finn, der wußte, wem er sie geben konnte. Das Gewitter brach los, als er gerade gehen wollte. Und so heftig, daß jeder andere den Rückzug angetreten hätte, er hingegen begnügte sich damit, sein Hemd zuzuknöpfen. Wenn man sich die Spannweite seiner Schultern ansah, fragte man sich, ob er überhaupt durch die Tür paßte.
»Und wenn du dich fünf Minuten hinsetzt?«
Ich verlor ein wenig das Zeitgefühl, aber sagen wir, es war gut eine Woche vergangen, seit wir uns kennengelernt hatten, vielleicht ein wenig mehr. Wir hatten uns täglich gesehen, aber jedesmal zu einem bestimmten Anlaß. Mal waren es die Hummer, dann die Kirmes der hiesigen Bauern, eine hilflose Schildkröte, die er auf der Straße gefunden hatte und die zum Teich zurückgebracht werden mußte, ein Problem mit seinem Wagen, Venusmuscheln sammeln, Feuerwehrmann spielen – das hieß: fragen, ob die Feuerwehrleute Hilfe brauchten wegen der Scheune, die jenseits der Landstraße brannte –, aufs Meer hinausfahren, das Holz für die Treppe bestellen, einen Zaun wieder aufbauen – wenn ich recht verstanden hatte, war er sheriff’s deputy, was nicht viel hieß, lediglich, daß er eine Art Gelegenheitsfeldhüter war, das heißt, wenn er Lust
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