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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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kamen immer noch Fahrzeuge, die in den Seitenalleen parkten.
    Ich wählte einen Pfad, der an der Felsküste entlangführte und sanft zu dem riesigen Gebäude der Collins abfiel. Ich ging um den Swimmingpool herum, dessen lagunenblaues Wasser nach Chlor stank und die Jüngeren anzog, bahnte mir einen Weg durch die plappernde, im Garten hoch über dem Strand verstreute Menge, dann durch die ungeduldig wartenden Menschen in den Salons, wies einige Champagnerkelche zurück, drückte irgendwelche Hände und zwang mich mehrmals zu einem perfekten Lächeln, ehe ich die Bar erreichte. Dort bekam ich ein Gespräch mit, in dem von einem Feuerwerk und einer Jacht die Rede war, die weiß der Himmel wem gehörte – ich hatte den mit leiser Stimme und kugelrunden Augen ausgesprochenen Namen nicht ganz verstanden –, jemand, der erwartet wurde und auf offener See vor Anker gehen wollte, um dem Spektakel beizuwohnen.
    Ich nahm meinen Bourbon. Als ich hinausging, rief mich ein Typ, dem ich vor fünfzehn Jahren einmal begegnet war, beim Namen und drückte mich in seine Arme. Ich ging zur Felskante und rauchte eine Zigarette. Das Meer war ruhig und dunkel. Ungefähr zwei Kabellängen entfernt manövrierte eine Art Frachtkahn, begleitet von einem Schnellboot, das von Zeit zu Zeit mit einem mächtigen Scheinwerfer über die Wellen strich, und auf der Brücke gingen Gestalten auf und ab. Ich wußte nicht, ob der Richter die Absicht hatte, alle Welt betrunken zu machen, jedenfalls stürzte sich eine ganze Armee von Livrierten auf jedes leere Glas – für den Bourbon bedurfte es einer Sondereinheit. Die Gespräche wurden lebhafter, die Leute waren zwar noch ein wenig hölzern, aber die Köpfe begannen sich zu bewegen, und man blickte bereitwilliger in die Runde und winkte einander zu. Alles in allem war das ziemlich steif. Smoking, Taft und Juwelen über einer Arie von Leoncavallo und Kristallschalen und den Rücken zum Schwimmbad gekehrt, wo ich sie sehen konnte, die Aufgekratzten, wie sie die Zähne bleckten, die, die mit offenem Verdeck gekommen waren und sich in Italien einkleideten. Solche hatten wir in Frankreich auch, Eltern und Kinder, und auch die gleiche Sorte von Festivität, nur daß man bei uns den Käse nicht als Vorspeise reichte.
    Mary, die ältere Tochter des Richters, packte mich plötzlich am Arm, als ich gerade in meinen Gedanken versunken war. Ich hatte sie mehrere Jahre nicht gesehen, und das überaus häßliche Entlein, als das sie mir in Erinnerung geblieben war, hatte sich auch mit der Zeit nicht unbedingt rausgemacht. Wir wechselten ein paar Worte, dann führte sie mich zu ihrem Vater. Der alte Mann empfing mich mit offenen Armen. Seine Frau küßte mich zur Begrüßung und flüsterte mir zu, ich sei ein böser Junge. Ich kapierte nicht, was sie damit meinte, und begnügte mich mit einem Lächeln. Der Richter stellte mich vor. Ich fing an, Hände zu drücken, während er Witze riß und seine Gäste um besondere Rücksicht mir gegenüber ersuchte.
    »Ah, Jack!« gluckste er und fuchtelte mit dem Zeigefinger (besagter Jack maß mindestens zwei Meter).»Jack, Sie ganz besonders! Man behandelt einen Pianisten nicht wie einen Straßenräuber, lassen Sie sich das gesagt sein, Sie Kleiderschrank!«
    Jack war der Verlobte der jüngeren Schwester. Er schloß seine Hände um meine Finger, als habe er das Herz Jesu vor sich.
    »Spielen Sie uns vielleicht etwas vor?« fragte er mich.
    »Nein, ich glaube nicht, Jack …«
    »Und ob, lieber Freund!« unterbrach mich William S. Collins, seines Zeichens Richter, und drückte mich kernig gegen seine Schulter. »Zieren Sie sich nicht, Sie alter Tunichtgut!«
    Ich gab keine Antwort, denn ich sah ein, so schnell würden sie nicht lockerlassen, und lang und breit zu diskutieren führte zu nichts. Ich hoffte, mich verdrücken zu können, bevor sie einen neuen Angriff starteten, oder daß sie mich in der Zwischenzeit vergaßen, und so leerte ich mein Glas Bourbon und faßte mich in Geduld, während der Richter an meinem Ellbogen hing und weitere Leute begrüßte.
    Meine Hände waren in einem jämmerlichen Zustand. Die Gelenke waren geschwollen, und so manchen Abend hatte ich nach zehn Minuten aufgehört zu spielen und mir ohne großen Erfolg die Finger einzeln massiert. Aber William S. Collins hatte um Ruhe gebeten, dann hatte er mich zum Klavier geführt.
    Ich hatte mich gefügt. Ich hatte ein paar farbenfrohe Stücke ausgewählt, ohne mir wirkliche Schwierigkeiten aufzuhalsen –

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