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Pas de deux

Pas de deux

Titel: Pas de deux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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Ausflug aufs Land organisiert hatte, war Flo, mit der ich vor ein paar Jahren ein paarmal ausgegangen war und die mir fast das Knutschen verleidet hatte. Ich glaube, danach hatte Bob sein Glück bei ihr versucht, aber auch ohne großen Erfolg. Wir fuhren zu dem Ferienhaus ihrer Eltern in der Nähe von Avallon, und wir gedachten eine ganze Clique vorzufinden, ohne irgendwelche Zeugen.
    Ich saß mit Oli auf der Rückbank, aber das machte ihm nichts aus. Er schwebte seit zwei Monaten im siebten Himmel, fand alles wunderbar. Sie hieß Sylvie. Wenn man ihren Namen vor ihm erwähnte, kam es einem vor, als hätte man ihn auf den Kopf gehauen, einen Moment lang war er wie benommen. Die meiste Zeit saßen sie Hand in Hand nebeneinander, und sie schauten sich an, als trauten sie ihren Augen nicht. Meiner Meinung nach mußte das auf die Dauer ziemlich ermüdend sein. Da ich eine solche Erfahrung nie gemacht hatte, versuchte ich mich bei ihm kundig zu machen, aber er weigerte sich, mich aufzuklären, und er nahm meine Fragerei recht übel auf.
    Da die Stunde ihres Tête-à-tête nahte, strahlte sein Gesicht vor Glückseligkeit, und er war zerstreut, scherte sich nicht um meine Gesellschaft. David hatte seinen Arm um Ediths Schultern gelegt. Und da sie sich an ihn schmiegte, sah ich nichts von der Straße. Perfekt. Und weil es zudem dunkel geworden war, brauchte ich bloß noch die Arme zu verschränken.
    Schließlich bat ich um ein wenig Musik, wenn es niemanden störe. Edith fummelte an den Knöpfen herum, bis sie an Léo Ferré geriet, und drehte sich mit verschmitztem Lächeln zu mir um. Wir verbrachten Stunden damit, ihn gemeinsam zu hören, deshalb lächelte sie. Und im Grunde war das alles, was ich wollte, ich wollte ein privilegiertes Verhältnis zu ihr haben, sie konnte ruhig mit Peter und Paul ausgehen, solange das zwischen uns nichts änderte, solange ich derjenige war, der anders war als die anderen, derjenige, der immer da war, der all diese Trottel vorüberziehen sah, solange ich derjenige war, mit dem sie sich immer verstand und an den sie sich stets wenden konnte, derjenige, dem sie alles sagen, alles erzählen konnte, kein Liebhaber, auch kein Bruder, ich wußte es nicht so recht. Aber das klappte nicht immer. Manchmal hätte ich sie in Stücke reißen können. Dann wieder verstanden wir uns so intensiv, daß ich das Gefühl hatte, da sei etwas zu hoch für mich. Das war nicht einfach. Es hing davon ab, wie ich gelaunt war, und sie hatte ihrerseits einen fiesen Charakter. Wir waren uns häufiger spinnefeind als offen zueinander. Eines Tages, und so schnell würde ich ihr das nicht verzeihen, hatte sie mich gefragt, ob ich in sie verliebt sei. Hielt sie mich für einen dieser Schwachköpfe, die um sie herumschwirrten? Hatte sie mal genau hingeschaut? Ich hatte das als eine Art Beleidigung aufgenommen, sogar als das Schlimmste, was sie mir an den Kopf werfen konnte, und es wollte mir nicht aus dem Kopf.
    Wir hatten Schwierigkeiten, das Haus zu finden, das irgendwo auf dem Land stand. Erst gegen neun Uhr abends schienen seine Lichter zu uns herüber, am Rande eines Waldes, der es zu erdrücken schien, eine dunkle Brandung, die über dem Dach erstarrt war. Es war Zeit, denn Oli wurde langsam nervös und deutete an, wir machten das mit Absicht.
    Er raste mit gesenktem Kopf los, noch bevor David die Zündung ausgeschaltet hatte, und ohne sich die Mühe zu machen, die Tür zuzuwerfen. Ich musterte, während ich die Taschen auspackte, ein wenig die Gegend, die hügeligen Schatten der Landschaft, die den Himmel zerteilten und sich mehrere hundert Meter lang um den Horizont wickelten. Ich hoffte, drinnen war es lustiger.
    Wir waren die letzten. Sie hatten nicht auf uns gewartet, um mit Trinken und Tanzen loszulegen, doch zum Glück standen die kalten Platten noch in der Küche, sie waren gerade erst fertig geworden. Wir hatten Rum, Whisky und für die Mädchen Cinzano mitgebracht. Ich sah, an Flaschen würde es uns zumindest nicht fehlen. Die Musik war laut, die Stimmung gut, und es war einiges los. Ich packte unsere Vorräte aus, während sie David umringten und ihm auf die Schulter klopften und ihm ein Glas reichten. Wenn man irgendwo mit ihm aufkreuzte, hatte man immer Zeit, sich mit dem Kamm durch die Haare zu gehen oder sich eine Weile hinzusetzen, bevor die anderen von einem Notiz nahmen. Ich nahm die Gelegenheit wahr, mich nach jemand umzuschauen, nach einem Gesicht, das mir seit vierzehn Tagen durch den Kopf ging

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